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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Laub und der Fruchtstiel auf diese Art mit dem Zwei-
ge, das Mark der Frucht mit dem Fruchtstiel verbun-
den, und diese wird durch Gefäße mit der Hülse und
dem Keime in Gemeinschaft gesetzt. Ist der Keim
ausgebildet, das Mark reif, wird der Umlauf der
Säfte schwächer, so trennt sich Laub und Fruchtstiel,
ohne zu zerreißen vom Zweige; der im Marke enthal-
tene Stein geht los, und in diesen liegt jetzt der Kern
ohne alle Verbindung. Eben so sind die Jungen und
Eyer der Thiere bey ihren ersten Ursprung, gleich den
auswachsenden Polypen, die sich nachmals vom Mut-
terstamm trennen, und ein unabhängiges Leben anfan-
gen, Aussprößlinge von Nerven und Gefäßen, u. s.
w. So hängt der Fischrogen mit den Ingeweiden des
Fisches, und die Eyerchen unter sich, jedes durch ei-
nen sichtbaren aus mehreren Gefäßen zusammengesetzten
Faden zusammen. Dieses wird durch die nämlichen
Gründe bestättigt, welche die Meinung von den vorgebil-
deten Keimen
und derselben Entwicklung widerlegen,
nämlich: durch die Fortpflanzung der erkünstelten und
ausgearteten Gattungen vermittelst der Zweige und Au-
gen, durchdie Erkünstlung selbst, die Bastarde, die Na-
tionalbilder und Familienzüge, durch die Wiedererzeu-
gung verlorner Theile, die von mehrern beobachteten Ver-
setzungen der Eingeweide, die Mißgeburten, durch die An-
erbung der Krankheiten, Anlagen und Besonderhei-
ten; u. s. w. Man darf nur die Natur der Pflan-
zen und Pflanzenthiere beobachten, so wird sich jedem
diese Wahrheit von selbst aufdringen. *)


§. 36.
*) Man sehe Heinrich Reimarus von den Eigenschaften der
Pflanzenthiere S. 164 bis 172, 1773. wo er den Bil-

Laub und der Fruchtſtiel auf dieſe Art mit dem Zwei-
ge, das Mark der Frucht mit dem Fruchtſtiel verbun-
den, und dieſe wird durch Gefaͤße mit der Huͤlſe und
dem Keime in Gemeinſchaft geſetzt. Iſt der Keim
ausgebildet, das Mark reif, wird der Umlauf der
Saͤfte ſchwaͤcher, ſo trennt ſich Laub und Fruchtſtiel,
ohne zu zerreißen vom Zweige; der im Marke enthal-
tene Stein geht los, und in dieſen liegt jetzt der Kern
ohne alle Verbindung. Eben ſo ſind die Jungen und
Eyer der Thiere bey ihren erſten Urſprung, gleich den
auswachſenden Polypen, die ſich nachmals vom Mut-
terſtamm trennen, und ein unabhaͤngiges Leben anfan-
gen, Ausſproͤßlinge von Nerven und Gefaͤßen, u. ſ.
w. So haͤngt der Fiſchrogen mit den Ingeweiden des
Fiſches, und die Eyerchen unter ſich, jedes durch ei-
nen ſichtbaren aus mehreren Gefaͤßen zuſammengeſetzten
Faden zuſammen. Dieſes wird durch die naͤmlichen
Gruͤnde beſtaͤttigt, welche die Meinung von den vorgebil-
deten Keimen
und derſelben Entwicklung widerlegen,
naͤmlich: durch die Fortpflanzung der erkuͤnſtelten und
ausgearteten Gattungen vermittelſt der Zweige und Au-
gen, durchdie Erkuͤnſtlung ſelbſt, die Baſtarde, die Na-
tionalbilder und Familienzuͤge, durch die Wiedererzeu-
gung verlorner Theile, die von mehrern beobachteten Ver-
ſetzungen der Eingeweide, die Mißgeburten, durch die An-
erbung der Krankheiten, Anlagen und Beſonderhei-
ten; u. ſ. w. Man darf nur die Natur der Pflan-
zen und Pflanzenthiere beobachten, ſo wird ſich jedem
dieſe Wahrheit von ſelbſt aufdringen. *)


§. 36.
*) Man ſehe Heinrich Reimarus von den Eigenſchaften der
Pflanzenthiere S. 164 bis 172, 1773. wo er den Bil-
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[148/0167] Laub und der Fruchtſtiel auf dieſe Art mit dem Zwei- ge, das Mark der Frucht mit dem Fruchtſtiel verbun- den, und dieſe wird durch Gefaͤße mit der Huͤlſe und dem Keime in Gemeinſchaft geſetzt. Iſt der Keim ausgebildet, das Mark reif, wird der Umlauf der Saͤfte ſchwaͤcher, ſo trennt ſich Laub und Fruchtſtiel, ohne zu zerreißen vom Zweige; der im Marke enthal- tene Stein geht los, und in dieſen liegt jetzt der Kern ohne alle Verbindung. Eben ſo ſind die Jungen und Eyer der Thiere bey ihren erſten Urſprung, gleich den auswachſenden Polypen, die ſich nachmals vom Mut- terſtamm trennen, und ein unabhaͤngiges Leben anfan- gen, Ausſproͤßlinge von Nerven und Gefaͤßen, u. ſ. w. So haͤngt der Fiſchrogen mit den Ingeweiden des Fiſches, und die Eyerchen unter ſich, jedes durch ei- nen ſichtbaren aus mehreren Gefaͤßen zuſammengeſetzten Faden zuſammen. Dieſes wird durch die naͤmlichen Gruͤnde beſtaͤttigt, welche die Meinung von den vorgebil- deten Keimen und derſelben Entwicklung widerlegen, naͤmlich: durch die Fortpflanzung der erkuͤnſtelten und ausgearteten Gattungen vermittelſt der Zweige und Au- gen, durchdie Erkuͤnſtlung ſelbſt, die Baſtarde, die Na- tionalbilder und Familienzuͤge, durch die Wiedererzeu- gung verlorner Theile, die von mehrern beobachteten Ver- ſetzungen der Eingeweide, die Mißgeburten, durch die An- erbung der Krankheiten, Anlagen und Beſonderhei- ten; u. ſ. w. Man darf nur die Natur der Pflan- zen und Pflanzenthiere beobachten, ſo wird ſich jedem dieſe Wahrheit von ſelbſt aufdringen. *) §. 36. *) Man ſehe Heinrich Reimarus von den Eigenſchaften der Pflanzenthiere S. 164 bis 172, 1773. wo er den Bil-

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/167>, abgerufen am 25.04.2024.