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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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sitzende Stellung den Zufluß der Säfte nach den obern
Theilen schwächet, und also theils als Ermüdung
theils als Erschöpfung wirket, so nahm er überall,
wo er Verminderung des Fiebers, Ableitung der Säf-
te von den obern Theilen, und Abkühlung des Körpers
zur Absicht hatte, seine Zuflucht zu derselben. Da-
her musten seine Kranken in dem ersten Zeitpunkt der
Pocken, Masern, des Scharlaches, der Hirnentzündung,
der entzündlichen Bräune, des entzündlichen Hustens,
des Seitenstiches, der Nieren- und Gedärmentzündung,
und vorzüglich derjenigen fieberhaften Krankheiten,
in welchen der Trieb der Säfte nach dem Kopfe hef-
tig war, wie in den Fiebern von 1673--74--75;--
im Nasenbluten und Blutharnen von Vollblütigkeit
oder Aufwallung der Säfte, in gewissen Arten von
Schlafsucht u. s. w. mehr oder weniger ausser Bette
bleiben, und erst dann, wenn er von gehinderter Aus-
dünstung oder von der Kraftlosigkeit etwas zu besor-
gen hatte, ließ er sie entweder entkleidet unter die
Decke, oder nur leicht angekleidet auf dieselbe liegen.

Wie die Ermüdung zu behandeln seye, läßt sich
aus dem Gesagten abnehmen. Nur muß man jeder-
zeit darauf sehen, ob an dem gegenwärtigen Zustande
der Kraftlosigkeit die Ermüdung oder die wahre Er-
schöpfung mehr Antheil habe; von was für Ursachen
z. B. ob von Schmerz oder nur vom Aufrechtsitzen,
und in welchem Zeitpunkt einer Krankheit, die Er-
müdung verursacht worden seye. Nach Verschieden-
heit dieser Umstände muß man ihr bald gar nicht,
bald durch Ruhe, durch eine anpaßende Lage, bald

durch

ſitzende Stellung den Zufluß der Saͤfte nach den obern
Theilen ſchwaͤchet, und alſo theils als Ermuͤdung
theils als Erſchoͤpfung wirket, ſo nahm er uͤberall,
wo er Verminderung des Fiebers, Ableitung der Saͤf-
te von den obern Theilen, und Abkuͤhlung des Koͤrpers
zur Abſicht hatte, ſeine Zuflucht zu derſelben. Da-
her muſten ſeine Kranken in dem erſten Zeitpunkt der
Pocken, Maſern, des Scharlaches, der Hirnentzuͤndung,
der entzuͤndlichen Braͤune, des entzuͤndlichen Huſtens,
des Seitenſtiches, der Nieren- und Gedaͤrmentzuͤndung,
und vorzuͤglich derjenigen fieberhaften Krankheiten,
in welchen der Trieb der Saͤfte nach dem Kopfe hef-
tig war, wie in den Fiebern von 1673—74—75;—
im Naſenbluten und Blutharnen von Vollbluͤtigkeit
oder Aufwallung der Saͤfte, in gewiſſen Arten von
Schlafſucht u. ſ. w. mehr oder weniger auſſer Bette
bleiben, und erſt dann, wenn er von gehinderter Aus-
duͤnſtung oder von der Kraftloſigkeit etwas zu beſor-
gen hatte, ließ er ſie entweder entkleidet unter die
Decke, oder nur leicht angekleidet auf dieſelbe liegen.

Wie die Ermuͤdung zu behandeln ſeye, laͤßt ſich
aus dem Geſagten abnehmen. Nur muß man jeder-
zeit darauf ſehen, ob an dem gegenwaͤrtigen Zuſtande
der Kraftloſigkeit die Ermuͤdung oder die wahre Er-
ſchoͤpfung mehr Antheil habe; von was fuͤr Urſachen
z. B. ob von Schmerz oder nur vom Aufrechtſitzen,
und in welchem Zeitpunkt einer Krankheit, die Er-
muͤdung verurſacht worden ſeye. Nach Verſchieden-
heit dieſer Umſtaͤnde muß man ihr bald gar nicht,
bald durch Ruhe, durch eine anpaßende Lage, bald

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[471/0490] ſitzende Stellung den Zufluß der Saͤfte nach den obern Theilen ſchwaͤchet, und alſo theils als Ermuͤdung theils als Erſchoͤpfung wirket, ſo nahm er uͤberall, wo er Verminderung des Fiebers, Ableitung der Saͤf- te von den obern Theilen, und Abkuͤhlung des Koͤrpers zur Abſicht hatte, ſeine Zuflucht zu derſelben. Da- her muſten ſeine Kranken in dem erſten Zeitpunkt der Pocken, Maſern, des Scharlaches, der Hirnentzuͤndung, der entzuͤndlichen Braͤune, des entzuͤndlichen Huſtens, des Seitenſtiches, der Nieren- und Gedaͤrmentzuͤndung, und vorzuͤglich derjenigen fieberhaften Krankheiten, in welchen der Trieb der Saͤfte nach dem Kopfe hef- tig war, wie in den Fiebern von 1673—74—75;— im Naſenbluten und Blutharnen von Vollbluͤtigkeit oder Aufwallung der Saͤfte, in gewiſſen Arten von Schlafſucht u. ſ. w. mehr oder weniger auſſer Bette bleiben, und erſt dann, wenn er von gehinderter Aus- duͤnſtung oder von der Kraftloſigkeit etwas zu beſor- gen hatte, ließ er ſie entweder entkleidet unter die Decke, oder nur leicht angekleidet auf dieſelbe liegen. Wie die Ermuͤdung zu behandeln ſeye, laͤßt ſich aus dem Geſagten abnehmen. Nur muß man jeder- zeit darauf ſehen, ob an dem gegenwaͤrtigen Zuſtande der Kraftloſigkeit die Ermuͤdung oder die wahre Er- ſchoͤpfung mehr Antheil habe; von was fuͤr Urſachen z. B. ob von Schmerz oder nur vom Aufrechtſitzen, und in welchem Zeitpunkt einer Krankheit, die Er- muͤdung verurſacht worden ſeye. Nach Verſchieden- heit dieſer Umſtaͤnde muß man ihr bald gar nicht, bald durch Ruhe, durch eine anpaßende Lage, bald durch

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/490>, abgerufen am 28.03.2024.