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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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des von dem Drucke oder der Unterbindung eines
Nerven, von gehindertem Umlaufe der Säfte, sind
ebenfalls Beyspiele einer sinnlichen Unterdrückung der
Kräfte in einzelnen Theilen.

Mit dieser Art von Unterdrückung der Kräfte
hat jene, welche von Ueberfüllung herkömmt, die
nächste Aehnlichkeit. Diese Ueberfüllung möge nun
in gutem oder verdorbenem Blute, oder in andern rei-
nen und unreinen Flüßigkeiten bestehen, so ist der
Arzt bey ihrer richtigen Beurtheilung sehr gefährlichen
Täuschungen unterworfen, wovon ich einige der wich-
tigsten hier anzeigen will.

§. 71.

Die wahre Vollblütigkeit (Plethora vera, ad
molem
) hat ihre Stufen, wovon gerade die höchste
ganz von allem Ueberfluße an Blut entfernt zu seyn
scheint. Begiebt sich ein sonst sehr thätiger, gesun-
der Mann, der in den besten Jahren ist, zur Ruhe,
nährt er sich mit guten Speisen u. s. w. so werden
alle seine Theile einigermaßen gespannt und roth, be-
sonders an hautlosen Stellen, als: in den Winkeln der
Augen, an den Lippen, dem Munde, dem Gaumen,
dem Zahnfleisch; die ganze Oberfläche bekömmt einen
röthlichten Glanz, so daß sie durchscheinend zu seyn
scheint. Weiche Körper sehen wohlgenährt roth, und
dick aus, der Bauch ist glatt, voll, fett; in gespann-
ten aber sind die größern Gefäße mehr ausgedehnt,
die Blutadern schlaffer, als die Schlagadern, äußer-
lich mehr sichtbar, übermäßig, strozend voll, besonders

in

des von dem Drucke oder der Unterbindung eines
Nerven, von gehindertem Umlaufe der Saͤfte, ſind
ebenfalls Beyſpiele einer ſinnlichen Unterdruͤckung der
Kraͤfte in einzelnen Theilen.

Mit dieſer Art von Unterdruͤckung der Kraͤfte
hat jene, welche von Ueberfuͤllung herkoͤmmt, die
naͤchſte Aehnlichkeit. Dieſe Ueberfuͤllung moͤge nun
in gutem oder verdorbenem Blute, oder in andern rei-
nen und unreinen Fluͤßigkeiten beſtehen, ſo iſt der
Arzt bey ihrer richtigen Beurtheilung ſehr gefaͤhrlichen
Taͤuſchungen unterworfen, wovon ich einige der wich-
tigſten hier anzeigen will.

§. 71.

Die wahre Vollbluͤtigkeit (Plethora vera, ad
molem
) hat ihre Stufen, wovon gerade die hoͤchſte
ganz von allem Ueberfluße an Blut entfernt zu ſeyn
ſcheint. Begiebt ſich ein ſonſt ſehr thaͤtiger, geſun-
der Mann, der in den beſten Jahren iſt, zur Ruhe,
naͤhrt er ſich mit guten Speiſen u. ſ. w. ſo werden
alle ſeine Theile einigermaßen geſpannt und roth, be-
ſonders an hautloſen Stellen, als: in den Winkeln der
Augen, an den Lippen, dem Munde, dem Gaumen,
dem Zahnfleiſch; die ganze Oberflaͤche bekoͤmmt einen
roͤthlichten Glanz, ſo daß ſie durchſcheinend zu ſeyn
ſcheint. Weiche Koͤrper ſehen wohlgenaͤhrt roth, und
dick aus, der Bauch iſt glatt, voll, fett; in geſpann-
ten aber ſind die groͤßern Gefaͤße mehr ausgedehnt,
die Blutadern ſchlaffer, als die Schlagadern, aͤußer-
lich mehr ſichtbar, uͤbermaͤßig, ſtrozend voll, beſonders

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[473/0492] des von dem Drucke oder der Unterbindung eines Nerven, von gehindertem Umlaufe der Saͤfte, ſind ebenfalls Beyſpiele einer ſinnlichen Unterdruͤckung der Kraͤfte in einzelnen Theilen. Mit dieſer Art von Unterdruͤckung der Kraͤfte hat jene, welche von Ueberfuͤllung herkoͤmmt, die naͤchſte Aehnlichkeit. Dieſe Ueberfuͤllung moͤge nun in gutem oder verdorbenem Blute, oder in andern rei- nen und unreinen Fluͤßigkeiten beſtehen, ſo iſt der Arzt bey ihrer richtigen Beurtheilung ſehr gefaͤhrlichen Taͤuſchungen unterworfen, wovon ich einige der wich- tigſten hier anzeigen will. §. 71. Die wahre Vollbluͤtigkeit (Plethora vera, ad molem) hat ihre Stufen, wovon gerade die hoͤchſte ganz von allem Ueberfluße an Blut entfernt zu ſeyn ſcheint. Begiebt ſich ein ſonſt ſehr thaͤtiger, geſun- der Mann, der in den beſten Jahren iſt, zur Ruhe, naͤhrt er ſich mit guten Speiſen u. ſ. w. ſo werden alle ſeine Theile einigermaßen geſpannt und roth, be- ſonders an hautloſen Stellen, als: in den Winkeln der Augen, an den Lippen, dem Munde, dem Gaumen, dem Zahnfleiſch; die ganze Oberflaͤche bekoͤmmt einen roͤthlichten Glanz, ſo daß ſie durchſcheinend zu ſeyn ſcheint. Weiche Koͤrper ſehen wohlgenaͤhrt roth, und dick aus, der Bauch iſt glatt, voll, fett; in geſpann- ten aber ſind die groͤßern Gefaͤße mehr ausgedehnt, die Blutadern ſchlaffer, als die Schlagadern, aͤußer- lich mehr ſichtbar, uͤbermaͤßig, ſtrozend voll, beſonders in

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/492>, abgerufen am 24.04.2024.