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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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deren Zufälle und Folgen anfänglich viel Schrecken
verursachten. Alle, die davon befallen wurden, fielen
nach Verlauf von einigen Stunden in eine heftige Ra-
serey; ihr Kopf schwoll außerordentlich; sie verloren
den Gebrauch ihrer Sinne, und ein heftiges Fieber
tödete sie bald: Endlich badete man den Kopf mit kal-
tem Wasser, und es starb keiner mehr. Floyer er-
zählt, daß eine Mütze mit Schnee angefüllt einem
Menschen, der lange wahnsinnig war, den ruhigsten
Schlaf verschaffte; er erwachte viel stiller, und ward
bald durch dieses Verfahren geheilt. Es ist nach
Swieten besonders bey solchen Wahnsinn zuträglich,
welcher von allzugrosser Hitze und von Ausschweifun-
gen in hitzigen Getränken verursacht wird. Deidier
ließ einen Kranken, der im Sommer von einem hi-
tzigen Fieber mit heftigem Wahnsinn befallen wurde,
in ein sehr kaltes Bad setzen. Dieses Mittel stillte
und heilte die Zufälle gänzlich, welche seit vielen Ta-
gen angehalten, und den reichlichsten Aderlassen wi-
derstanden hatten. Noguez erzählt, daß der Herzog
de la Force in einem außerordentlich heißen Sommer
einen Mann, der lange in der Sonnenhitze geritten,
und endlich scheintod vom Pferde stürzte, alsogleich
in einen fließenden Bach werfen ließ; von da ließ er
ihn in ein Bett bringen, ohne ihn zu sehr mit De-
cken zu beschweren, goß ihm ein wenig Wein ein.
Der Kranke erholte sich, und nachdem er die Nacht
gut geschlafen hatte, befand er sich den andern Mor-
gen wohl. Ein zweyter Reitender, dem diese Hilfe
nicht geleistet werden konnte, blieb tod. Ludwig dem

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deren Zufaͤlle und Folgen anfaͤnglich viel Schrecken
verurſachten. Alle, die davon befallen wurden, fielen
nach Verlauf von einigen Stunden in eine heftige Ra-
ſerey; ihr Kopf ſchwoll außerordentlich; ſie verloren
den Gebrauch ihrer Sinne, und ein heftiges Fieber
toͤdete ſie bald: Endlich badete man den Kopf mit kal-
tem Waſſer, und es ſtarb keiner mehr. Floyer er-
zaͤhlt, daß eine Muͤtze mit Schnee angefuͤllt einem
Menſchen, der lange wahnſinnig war, den ruhigſten
Schlaf verſchaffte; er erwachte viel ſtiller, und ward
bald durch dieſes Verfahren geheilt. Es iſt nach
Swieten beſonders bey ſolchen Wahnſinn zutraͤglich,
welcher von allzugroſſer Hitze und von Ausſchweifun-
gen in hitzigen Getraͤnken verurſacht wird. Deidier
ließ einen Kranken, der im Sommer von einem hi-
tzigen Fieber mit heftigem Wahnſinn befallen wurde,
in ein ſehr kaltes Bad ſetzen. Dieſes Mittel ſtillte
und heilte die Zufaͤlle gaͤnzlich, welche ſeit vielen Ta-
gen angehalten, und den reichlichſten Aderlaſſen wi-
derſtanden hatten. Noguez erzaͤhlt, daß der Herzog
de la Force in einem außerordentlich heißen Sommer
einen Mann, der lange in der Sonnenhitze geritten,
und endlich ſcheintod vom Pferde ſtuͤrzte, alſogleich
in einen fließenden Bach werfen ließ; von da ließ er
ihn in ein Bett bringen, ohne ihn zu ſehr mit De-
cken zu beſchweren, goß ihm ein wenig Wein ein.
Der Kranke erholte ſich, und nachdem er die Nacht
gut geſchlafen hatte, befand er ſich den andern Mor-
gen wohl. Ein zweyter Reitender, dem dieſe Hilfe
nicht geleiſtet werden konnte, blieb tod. Ludwig dem

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[483/0502] deren Zufaͤlle und Folgen anfaͤnglich viel Schrecken verurſachten. Alle, die davon befallen wurden, fielen nach Verlauf von einigen Stunden in eine heftige Ra- ſerey; ihr Kopf ſchwoll außerordentlich; ſie verloren den Gebrauch ihrer Sinne, und ein heftiges Fieber toͤdete ſie bald: Endlich badete man den Kopf mit kal- tem Waſſer, und es ſtarb keiner mehr. Floyer er- zaͤhlt, daß eine Muͤtze mit Schnee angefuͤllt einem Menſchen, der lange wahnſinnig war, den ruhigſten Schlaf verſchaffte; er erwachte viel ſtiller, und ward bald durch dieſes Verfahren geheilt. Es iſt nach Swieten beſonders bey ſolchen Wahnſinn zutraͤglich, welcher von allzugroſſer Hitze und von Ausſchweifun- gen in hitzigen Getraͤnken verurſacht wird. Deidier ließ einen Kranken, der im Sommer von einem hi- tzigen Fieber mit heftigem Wahnſinn befallen wurde, in ein ſehr kaltes Bad ſetzen. Dieſes Mittel ſtillte und heilte die Zufaͤlle gaͤnzlich, welche ſeit vielen Ta- gen angehalten, und den reichlichſten Aderlaſſen wi- derſtanden hatten. Noguez erzaͤhlt, daß der Herzog de la Force in einem außerordentlich heißen Sommer einen Mann, der lange in der Sonnenhitze geritten, und endlich ſcheintod vom Pferde ſtuͤrzte, alſogleich in einen fließenden Bach werfen ließ; von da ließ er ihn in ein Bett bringen, ohne ihn zu ſehr mit De- cken zu beſchweren, goß ihm ein wenig Wein ein. Der Kranke erholte ſich, und nachdem er die Nacht gut geſchlafen hatte, befand er ſich den andern Mor- gen wohl. Ein zweyter Reitender, dem dieſe Hilfe nicht geleiſtet werden konnte, blieb tod. Ludwig dem Vier- H h 2

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/502>, abgerufen am 24.04.2024.