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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Sehen wir zu erst, wie in ähnlichen Fällen die
Natur zu Werke gehe; vielleicht läst sich dann das
Verfahren der Kunst mit mehr Ueberzeugung bestim-
men. "Die Art, einen beträchtlichen Theil der Gicht-
materie auf die Gelenke abzusetzen, bis das übrige
auf eine gute Weise aus dem Körper weggeschafft wer-
den kann, ist ein ganz gewöhnliches Mittel, dessen sich
die Natnr sehr oft in vielen Fällen zu bedienen pflegt,
wo sie durch die allzugroße Menge der Krankheitsma-
terie beynahe ganz unterdrückt wird. So z. B. ge-
schieht bey den zusammenfließenden Blattern, wenn
der Ausbruch völlig erfolgt ist, die erste Versetzung
nach dem Kopfe, rings um das Gesicht, den Hals
und Nacken, welche Theile dadurch beträchtlich an-
schwellen. So wie sich aber die Schwulst allmählich
setzt, so fängt sie bey den Händen und Armen an;
und vermindert sie sich da, so entsteht sie an den Fü-
ßen und Beinen, oder soll doch entstehen. So lang
diese Geschwülste sehr stark sind, ist auch das Fieber
ganz gelind und regelmäßig, und es geht alles ganz
gut von statten. Wofern aber ein plötzlicher Schweiß
oder eine andere heftige Ausleerung diese Geschwulst
ehe vermindert, ehe die Natur die noch im Körper
übrige Krankheitsmaterie durchgearbeitet und ausge-
führt hat, so zeigen sich bald gefährliche Zufälle;
halten hingegen diese Geschwülste, sonderlich an den
Füßen so lange an, bis das zweyte Blatternfieber
sich vermindert und verloren hat, so wird der Patient
mit wenig Beschwerden, und ohne üble Folgen wie-
der hergestellt, und es geht dabey allemal desto besser,

je

Sehen wir zu erſt, wie in aͤhnlichen Faͤllen die
Natur zu Werke gehe; vielleicht laͤſt ſich dann das
Verfahren der Kunſt mit mehr Ueberzeugung beſtim-
men. “Die Art, einen betraͤchtlichen Theil der Gicht-
materie auf die Gelenke abzuſetzen, bis das uͤbrige
auf eine gute Weiſe aus dem Koͤrper weggeſchafft wer-
den kann, iſt ein ganz gewoͤhnliches Mittel, deſſen ſich
die Natnr ſehr oft in vielen Faͤllen zu bedienen pflegt,
wo ſie durch die allzugroße Menge der Krankheitsma-
terie beynahe ganz unterdruͤckt wird. So z. B. ge-
ſchieht bey den zuſammenfließenden Blattern, wenn
der Ausbruch voͤllig erfolgt iſt, die erſte Verſetzung
nach dem Kopfe, rings um das Geſicht, den Hals
und Nacken, welche Theile dadurch betraͤchtlich an-
ſchwellen. So wie ſich aber die Schwulſt allmaͤhlich
ſetzt, ſo faͤngt ſie bey den Haͤnden und Armen an;
und vermindert ſie ſich da, ſo entſteht ſie an den Fuͤ-
ßen und Beinen, oder ſoll doch entſtehen. So lang
dieſe Geſchwuͤlſte ſehr ſtark ſind, iſt auch das Fieber
ganz gelind und regelmaͤßig, und es geht alles ganz
gut von ſtatten. Wofern aber ein ploͤtzlicher Schweiß
oder eine andere heftige Ausleerung dieſe Geſchwulſt
ehe vermindert, ehe die Natur die noch im Koͤrper
uͤbrige Krankheitsmaterie durchgearbeitet und ausge-
fuͤhrt hat, ſo zeigen ſich bald gefaͤhrliche Zufaͤlle;
halten hingegen dieſe Geſchwuͤlſte, ſonderlich an den
Fuͤßen ſo lange an, bis das zweyte Blatternfieber
ſich vermindert und verloren hat, ſo wird der Patient
mit wenig Beſchwerden, und ohne uͤble Folgen wie-
der hergeſtellt, und es geht dabey allemal deſto beſſer,

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[509/0528] Sehen wir zu erſt, wie in aͤhnlichen Faͤllen die Natur zu Werke gehe; vielleicht laͤſt ſich dann das Verfahren der Kunſt mit mehr Ueberzeugung beſtim- men. “Die Art, einen betraͤchtlichen Theil der Gicht- materie auf die Gelenke abzuſetzen, bis das uͤbrige auf eine gute Weiſe aus dem Koͤrper weggeſchafft wer- den kann, iſt ein ganz gewoͤhnliches Mittel, deſſen ſich die Natnr ſehr oft in vielen Faͤllen zu bedienen pflegt, wo ſie durch die allzugroße Menge der Krankheitsma- terie beynahe ganz unterdruͤckt wird. So z. B. ge- ſchieht bey den zuſammenfließenden Blattern, wenn der Ausbruch voͤllig erfolgt iſt, die erſte Verſetzung nach dem Kopfe, rings um das Geſicht, den Hals und Nacken, welche Theile dadurch betraͤchtlich an- ſchwellen. So wie ſich aber die Schwulſt allmaͤhlich ſetzt, ſo faͤngt ſie bey den Haͤnden und Armen an; und vermindert ſie ſich da, ſo entſteht ſie an den Fuͤ- ßen und Beinen, oder ſoll doch entſtehen. So lang dieſe Geſchwuͤlſte ſehr ſtark ſind, iſt auch das Fieber ganz gelind und regelmaͤßig, und es geht alles ganz gut von ſtatten. Wofern aber ein ploͤtzlicher Schweiß oder eine andere heftige Ausleerung dieſe Geſchwulſt ehe vermindert, ehe die Natur die noch im Koͤrper uͤbrige Krankheitsmaterie durchgearbeitet und ausge- fuͤhrt hat, ſo zeigen ſich bald gefaͤhrliche Zufaͤlle; halten hingegen dieſe Geſchwuͤlſte, ſonderlich an den Fuͤßen ſo lange an, bis das zweyte Blatternfieber ſich vermindert und verloren hat, ſo wird der Patient mit wenig Beſchwerden, und ohne uͤble Folgen wie- der hergeſtellt, und es geht dabey allemal deſto beſſer, je

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/528>, abgerufen am 28.03.2024.