Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

Zum Schluß sei noch einer Möglichkeit gedacht, die in der Praxis an
den Untersuchenden herantreten kann: des Nachweises von Kunstwolle (Shoddy,
Mungo, Extraktwolle) in Wolle. Diese Frage ist nur auf mikroskopischem
Wege zu entscheiden, und zwar unterscheidet sich die Wollfaser von der
Shoddy (aus Abfällen wiedergewonnener Wolle) durch ihr Aeußeres ziem-
lich auffällig von der unversehrten Wollfaser. Durch die mechanischen Vor-
richtungen, durch welche die Shoddywollfaser aus Abfällen getragener Kleidungs-
stücke, Lumpen u. dergl., hergestellt wird, wird sie zerrissen, gedehnt, ge-
quetscht; von früherer Bearbeitung her ist die Shoddywollfaser meist gefärbt
(man sieht oft die verschiedensten Farben), oder zur Zerstörung der Farbe
gebleicht; oft sind die Schuppen verloren gegangen, an anderen Stellen ist
das Haar gezerrt. Nach Focke (Chem. Ztg. 1886, Rep. 189) ist die
Frage, ob ein Gewebe aus Kunstwolle hergestellt wurde, mittels Mikroskopes
leicht zu entscheiden. Bei solcher Untersuchung findet man meist neben Wolle
und Baumwolle noch Leinen, Seide, öfters auch Jute, und erscheinen alle
diese Fasern mehr oder minder mechanisch angegriffen, stellenweise gedrückt,
übermäßig gestreckt und von sehr unreiner Farbe.

In chemischer Hinsicht soll die Shoddywollfaser in starken Alkalien
leichter und schneller löslich sein als die unversehrte Wollfaser (Schlesinger),
welcher Behauptung v. Höhnel jedoch widerspricht. -- Die quantitative Be-
stimmung der Shoddy kann nur durch genaue Zählung und mikroskopische Messung
vorgenommen werden. Ueberhaupt gehört die Untersuchung der Shoddy zu den
schwierigsten mikroskopischen Arbeiten auf dem Gebiete der Gewebeunter-
suchungen und kann nur von durchaus Geübten vorgenommen werden.


Zum Schluß ſei noch einer Möglichkeit gedacht, die in der Praxis an
den Unterſuchenden herantreten kann: des Nachweiſes von Kunſtwolle (Shoddy,
Mungo, Extraktwolle) in Wolle. Dieſe Frage iſt nur auf mikroſkopiſchem
Wege zu entſcheiden, und zwar unterſcheidet ſich die Wollfaſer von der
Shoddy (aus Abfällen wiedergewonnener Wolle) durch ihr Aeußeres ziem-
lich auffällig von der unverſehrten Wollfaſer. Durch die mechaniſchen Vor-
richtungen, durch welche die Shoddywollfaſer aus Abfällen getragener Kleidungs-
ſtücke, Lumpen u. dergl., hergeſtellt wird, wird ſie zerriſſen, gedehnt, ge-
quetſcht; von früherer Bearbeitung her iſt die Shoddywollfaſer meiſt gefärbt
(man ſieht oft die verſchiedenſten Farben), oder zur Zerſtörung der Farbe
gebleicht; oft ſind die Schuppen verloren gegangen, an anderen Stellen iſt
das Haar gezerrt. Nach Focke (Chem. Ztg. 1886, Rep. 189) iſt die
Frage, ob ein Gewebe aus Kunſtwolle hergeſtellt wurde, mittels Mikroſkopes
leicht zu entſcheiden. Bei ſolcher Unterſuchung findet man meiſt neben Wolle
und Baumwolle noch Leinen, Seide, öfters auch Jute, und erſcheinen alle
dieſe Faſern mehr oder minder mechaniſch angegriffen, ſtellenweiſe gedrückt,
übermäßig geſtreckt und von ſehr unreiner Farbe.

In chemiſcher Hinſicht ſoll die Shoddywollfaſer in ſtarken Alkalien
leichter und ſchneller löslich ſein als die unverſehrte Wollfaſer (Schleſinger),
welcher Behauptung v. Höhnel jedoch widerſpricht. — Die quantitative Be-
ſtimmung der Shoddy kann nur durch genaue Zählung und mikroſkopiſche Meſſung
vorgenommen werden. Ueberhaupt gehört die Unterſuchung der Shoddy zu den
ſchwierigſten mikroſkopiſchen Arbeiten auf dem Gebiete der Gewebeunter-
ſuchungen und kann nur von durchaus Geübten vorgenommen werden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0116" n="90"/>
            <p>Zum Schluß &#x017F;ei noch einer Möglichkeit gedacht, die in der Praxis an<lb/>
den Unter&#x017F;uchenden herantreten kann: des Nachwei&#x017F;es von Kun&#x017F;twolle (Shoddy,<lb/>
Mungo, Extraktwolle) in Wolle. Die&#x017F;e Frage i&#x017F;t nur auf mikro&#x017F;kopi&#x017F;chem<lb/>
Wege zu ent&#x017F;cheiden, und zwar unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich die Wollfa&#x017F;er von der<lb/>
Shoddy (aus Abfällen wiedergewonnener Wolle) durch ihr Aeußeres ziem-<lb/>
lich auffällig von der unver&#x017F;ehrten Wollfa&#x017F;er. Durch die mechani&#x017F;chen Vor-<lb/>
richtungen, durch welche die Shoddywollfa&#x017F;er aus Abfällen getragener Kleidungs-<lb/>
&#x017F;tücke, Lumpen u. dergl., herge&#x017F;tellt wird, wird &#x017F;ie zerri&#x017F;&#x017F;en, gedehnt, ge-<lb/>
quet&#x017F;cht; von früherer Bearbeitung her i&#x017F;t die Shoddywollfa&#x017F;er mei&#x017F;t gefärbt<lb/>
(man &#x017F;ieht oft die ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Farben), oder zur Zer&#x017F;törung der Farbe<lb/>
gebleicht; oft &#x017F;ind die Schuppen verloren gegangen, an anderen Stellen i&#x017F;t<lb/>
das Haar gezerrt. Nach <hi rendition="#g">Focke</hi> (Chem. Ztg. 1886, Rep. 189) i&#x017F;t die<lb/>
Frage, ob ein Gewebe aus Kun&#x017F;twolle herge&#x017F;tellt wurde, mittels Mikro&#x017F;kopes<lb/>
leicht zu ent&#x017F;cheiden. Bei &#x017F;olcher Unter&#x017F;uchung findet man mei&#x017F;t neben Wolle<lb/>
und Baumwolle noch Leinen, Seide, öfters auch Jute, und er&#x017F;cheinen alle<lb/>
die&#x017F;e Fa&#x017F;ern mehr oder minder mechani&#x017F;ch angegriffen, &#x017F;tellenwei&#x017F;e gedrückt,<lb/>
übermäßig ge&#x017F;treckt und von &#x017F;ehr unreiner Farbe.</p><lb/>
            <p>In chemi&#x017F;cher Hin&#x017F;icht &#x017F;oll die Shoddywollfa&#x017F;er in &#x017F;tarken Alkalien<lb/>
leichter und &#x017F;chneller löslich &#x017F;ein als die unver&#x017F;ehrte Wollfa&#x017F;er (<hi rendition="#g">Schle&#x017F;inger</hi>),<lb/>
welcher Behauptung v. <hi rendition="#g">Höhnel</hi> jedoch wider&#x017F;pricht. &#x2014; Die quantitative Be-<lb/>
&#x017F;timmung der Shoddy kann nur durch genaue Zählung und mikro&#x017F;kopi&#x017F;che Me&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
vorgenommen werden. Ueberhaupt gehört die Unter&#x017F;uchung der Shoddy zu den<lb/>
&#x017F;chwierig&#x017F;ten mikro&#x017F;kopi&#x017F;chen Arbeiten auf dem Gebiete der Gewebeunter-<lb/>
&#x017F;uchungen und kann nur von durchaus Geübten vorgenommen werden.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0116] Zum Schluß ſei noch einer Möglichkeit gedacht, die in der Praxis an den Unterſuchenden herantreten kann: des Nachweiſes von Kunſtwolle (Shoddy, Mungo, Extraktwolle) in Wolle. Dieſe Frage iſt nur auf mikroſkopiſchem Wege zu entſcheiden, und zwar unterſcheidet ſich die Wollfaſer von der Shoddy (aus Abfällen wiedergewonnener Wolle) durch ihr Aeußeres ziem- lich auffällig von der unverſehrten Wollfaſer. Durch die mechaniſchen Vor- richtungen, durch welche die Shoddywollfaſer aus Abfällen getragener Kleidungs- ſtücke, Lumpen u. dergl., hergeſtellt wird, wird ſie zerriſſen, gedehnt, ge- quetſcht; von früherer Bearbeitung her iſt die Shoddywollfaſer meiſt gefärbt (man ſieht oft die verſchiedenſten Farben), oder zur Zerſtörung der Farbe gebleicht; oft ſind die Schuppen verloren gegangen, an anderen Stellen iſt das Haar gezerrt. Nach Focke (Chem. Ztg. 1886, Rep. 189) iſt die Frage, ob ein Gewebe aus Kunſtwolle hergeſtellt wurde, mittels Mikroſkopes leicht zu entſcheiden. Bei ſolcher Unterſuchung findet man meiſt neben Wolle und Baumwolle noch Leinen, Seide, öfters auch Jute, und erſcheinen alle dieſe Faſern mehr oder minder mechaniſch angegriffen, ſtellenweiſe gedrückt, übermäßig geſtreckt und von ſehr unreiner Farbe. In chemiſcher Hinſicht ſoll die Shoddywollfaſer in ſtarken Alkalien leichter und ſchneller löslich ſein als die unverſehrte Wollfaſer (Schleſinger), welcher Behauptung v. Höhnel jedoch widerſpricht. — Die quantitative Be- ſtimmung der Shoddy kann nur durch genaue Zählung und mikroſkopiſche Meſſung vorgenommen werden. Ueberhaupt gehört die Unterſuchung der Shoddy zu den ſchwierigſten mikroſkopiſchen Arbeiten auf dem Gebiete der Gewebeunter- ſuchungen und kann nur von durchaus Geübten vorgenommen werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/116
Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/116>, abgerufen am 24.04.2024.