Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

ohne Auswaschen gepreßt und die vereinigte Flüssigkeit filtriert. Diese Lösung
enthält neutrales Aluminiumacetat von der Zusammensetzung
[Formel 1]

Auch von den älteren Vorschriften zur Darstellung essigsaurer Thonerde
kommen einige unbewußt auf eine basische Verbindung; so z. B.:
Schwefelsaure Thonerde 120 Teile,
Essigsaures Blei 100 "
Kreide 81/2 "
Wasser 400 " und


Alaun 100 Teile,
Bleizucker 100 "
Soda 10 "
Wasser 250 "

Eigenschaften: Alle auf die eine oder andere Art gewonnenen
Lösungen von essigsaurer Thonerde, normale wie neutrale, sind klare, wasser-
helle Flüssigkeiten*) von eigentümlich süßem, adstringierendem Geschmack; die
Lösungen des normalen Salzes riechen deutlich nach Essigsäure, die Lösungen
der neutralen Salze nur äußerst schwach, der basischen Salze gar nicht. Beim
Erwärmen oder Kochen tritt Zersetzung in dem oben angedeuteten Sinne ein.
Nach Hummel soll in reinem normalen Acetat weder durch Erwärmen
noch durch Verdünnen Zersetzung erfolgen; dagegen soll eine solche stets sofort
eintreten, sobald gleichzeitig Sulfate (z. B. Glaubersalz oder überschüssige
schwefelsaure Thonerde) vorhanden sind.

Anwendung: Als Beize in der Baumwollen- und Leinenfärberei; in
ausgedehntem Maße in der Türkischrotfärberei der Baumwolle als Mordant
für verschiedene gelbe, orange, rote bis blaue Töne, wobei man Lösungen
von verschiedener Stärke und mehr oder minder basischem Charakter, je nach
dem zu erzielenden Zwecke, verwendet.

19. Essigschwefelsaure Thonerde, Aluminiumsulfacetat.
Bei der Herstellung der essigsauren Thonerde nach der alten Methode aus
Alaun und Bleizucker nahm man häufig, um einen Bleigehalt der Lösung
unmöglich zu machen, wesentlich mehr Alaun, als zur Zersetzung notwendig
war, und gelangte so zu einer Lösung, welche neben der neugebildeten essig-
sauren Thonerde noch unzersetzte schwefelsaure Thonerde erhielt. Man hat
beobachtet, daß gerade solche Lösungen zum Beizen vorzugsweise geeignet er-
scheinen, weil sie ihren Gehalt an Thonerdehydrat leicht und in ziemlich
hohem Prozentgehalt an die Faser abgeben. Ob die Bezeichnung Aluminium-
sulfacetat (Hummel) gerechtfertigt ist, ob also ein wirkliches Doppelsalz aus
essigsaurer Thonerde mit schwefelsaurer Thonerde vorliegt, das erscheint je-
doch fraglich. Denn die in der Praxis verwendeten Lösungen sind doch recht
sehr willkürlich zusammengesetzt und weit eher als eine einfache Mischung,
denn als chemische Verbindung zu betrachten. Daran ändern auch die
chemischen Formeln nichts, welche Liechti und Suida aufgestellt haben, auch

*) Hummel gibt an, daß die Rotbeizen bräunlich aussehen. Das wäre ein
schlechtes Zeichen. Eine nach den von mir aufgestellten Vorschriften bereitete essig-
saure Thonerde wird nie bräunlich aussehen.

ohne Auswaſchen gepreßt und die vereinigte Flüſſigkeit filtriert. Dieſe Löſung
enthält neutrales Aluminiumacetat von der Zuſammenſetzung
[Formel 1]

Auch von den älteren Vorſchriften zur Darſtellung eſſigſaurer Thonerde
kommen einige unbewußt auf eine baſiſche Verbindung; ſo z. B.:
Schwefelſaure Thonerde 120 Teile,
Eſſigſaures Blei 100 „
Kreide 8½ „
Waſſer 400 „ und


Alaun 100 Teile,
Bleizucker 100 „
Soda 10 „
Waſſer 250 „

Eigenſchaften: Alle auf die eine oder andere Art gewonnenen
Löſungen von eſſigſaurer Thonerde, normale wie neutrale, ſind klare, waſſer-
helle Flüſſigkeiten*) von eigentümlich ſüßem, adſtringierendem Geſchmack; die
Löſungen des normalen Salzes riechen deutlich nach Eſſigſäure, die Löſungen
der neutralen Salze nur äußerſt ſchwach, der baſiſchen Salze gar nicht. Beim
Erwärmen oder Kochen tritt Zerſetzung in dem oben angedeuteten Sinne ein.
Nach Hummel ſoll in reinem normalen Acetat weder durch Erwärmen
noch durch Verdünnen Zerſetzung erfolgen; dagegen ſoll eine ſolche ſtets ſofort
eintreten, ſobald gleichzeitig Sulfate (z. B. Glauberſalz oder überſchüſſige
ſchwefelſaure Thonerde) vorhanden ſind.

Anwendung: Als Beize in der Baumwollen- und Leinenfärberei; in
ausgedehntem Maße in der Türkiſchrotfärberei der Baumwolle als Mordant
für verſchiedene gelbe, orange, rote bis blaue Töne, wobei man Löſungen
von verſchiedener Stärke und mehr oder minder baſiſchem Charakter, je nach
dem zu erzielenden Zwecke, verwendet.

19. Eſſigſchwefelſaure Thonerde, Aluminiumſulfacetat.
Bei der Herſtellung der eſſigſauren Thonerde nach der alten Methode aus
Alaun und Bleizucker nahm man häufig, um einen Bleigehalt der Löſung
unmöglich zu machen, weſentlich mehr Alaun, als zur Zerſetzung notwendig
war, und gelangte ſo zu einer Löſung, welche neben der neugebildeten eſſig-
ſauren Thonerde noch unzerſetzte ſchwefelſaure Thonerde erhielt. Man hat
beobachtet, daß gerade ſolche Löſungen zum Beizen vorzugsweiſe geeignet er-
ſcheinen, weil ſie ihren Gehalt an Thonerdehydrat leicht und in ziemlich
hohem Prozentgehalt an die Faſer abgeben. Ob die Bezeichnung Aluminium-
ſulfacetat (Hummel) gerechtfertigt iſt, ob alſo ein wirkliches Doppelſalz aus
eſſigſaurer Thonerde mit ſchwefelſaurer Thonerde vorliegt, das erſcheint je-
doch fraglich. Denn die in der Praxis verwendeten Löſungen ſind doch recht
ſehr willkürlich zuſammengeſetzt und weit eher als eine einfache Miſchung,
denn als chemiſche Verbindung zu betrachten. Daran ändern auch die
chemiſchen Formeln nichts, welche Liechti und Suida aufgeſtellt haben, auch

*) Hummel gibt an, daß die Rotbeizen bräunlich ausſehen. Das wäre ein
ſchlechtes Zeichen. Eine nach den von mir aufgeſtellten Vorſchriften bereitete eſſig-
ſaure Thonerde wird nie bräunlich ausſehen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0295" n="269"/>
ohne Auswa&#x017F;chen gepreßt und die vereinigte Flü&#x017F;&#x017F;igkeit filtriert. Die&#x017F;e Lö&#x017F;ung<lb/>
enthält <hi rendition="#g">neutrales</hi> Aluminiumacetat von der Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung<lb/><formula/></p>
            <p>Auch von den älteren Vor&#x017F;chriften zur Dar&#x017F;tellung e&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;aurer Thonerde<lb/>
kommen einige unbewußt auf eine ba&#x017F;i&#x017F;che Verbindung; &#x017F;o z. B.:<lb/><hi rendition="#c">Schwefel&#x017F;aure Thonerde 120 Teile,<lb/>
E&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;aures Blei 100 &#x201E;<lb/>
Kreide 8½ &#x201E;<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er 400 &#x201E; und<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/> Alaun 100 Teile,<lb/>
Bleizucker 100 &#x201E;<lb/>
Soda 10 &#x201E;<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er 250 &#x201E;</hi></p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Eigen&#x017F;chaften</hi>: Alle auf die eine oder andere Art gewonnenen<lb/>&#x017F;ungen von e&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;aurer Thonerde, normale wie neutrale, &#x017F;ind klare, wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
helle Flü&#x017F;&#x017F;igkeiten<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Hummel</hi> gibt an, daß die Rotbeizen bräunlich aus&#x017F;ehen. Das wäre ein<lb/>
&#x017F;chlechtes Zeichen. Eine nach den von mir aufge&#x017F;tellten Vor&#x017F;chriften bereitete e&#x017F;&#x017F;ig-<lb/>
&#x017F;aure Thonerde wird nie bräunlich aus&#x017F;ehen.</note> von eigentümlich &#x017F;üßem, ad&#x017F;tringierendem Ge&#x017F;chmack; die<lb/>&#x017F;ungen des normalen Salzes riechen deutlich nach E&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;äure, die Lö&#x017F;ungen<lb/>
der neutralen Salze nur äußer&#x017F;t &#x017F;chwach, der ba&#x017F;i&#x017F;chen Salze gar nicht. Beim<lb/>
Erwärmen oder Kochen tritt Zer&#x017F;etzung in dem oben angedeuteten Sinne ein.<lb/>
Nach <hi rendition="#g">Hummel</hi> &#x017F;oll in reinem normalen Acetat weder durch Erwärmen<lb/>
noch durch Verdünnen Zer&#x017F;etzung erfolgen; dagegen &#x017F;oll eine &#x017F;olche &#x017F;tets &#x017F;ofort<lb/>
eintreten, &#x017F;obald gleichzeitig Sulfate (z. B. Glauber&#x017F;alz oder über&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;ige<lb/>
&#x017F;chwefel&#x017F;aure Thonerde) vorhanden &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Anwendung</hi>: Als Beize in der Baumwollen- und Leinenfärberei; in<lb/>
ausgedehntem Maße in der Türki&#x017F;chrotfärberei der Baumwolle als Mordant<lb/>
für ver&#x017F;chiedene gelbe, orange, rote bis blaue Töne, wobei man Lö&#x017F;ungen<lb/>
von ver&#x017F;chiedener Stärke und mehr oder minder ba&#x017F;i&#x017F;chem Charakter, je nach<lb/>
dem zu erzielenden Zwecke, verwendet.</p><lb/>
            <p>19. <hi rendition="#g">E&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;chwefel&#x017F;aure Thonerde, Aluminium&#x017F;ulfacetat</hi>.<lb/>
Bei der Her&#x017F;tellung der e&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;auren Thonerde nach der alten Methode aus<lb/>
Alaun und Bleizucker nahm man häufig, um einen Bleigehalt der Lö&#x017F;ung<lb/>
unmöglich zu machen, we&#x017F;entlich mehr Alaun, als zur Zer&#x017F;etzung notwendig<lb/>
war, und gelangte &#x017F;o zu einer Lö&#x017F;ung, welche neben der neugebildeten e&#x017F;&#x017F;ig-<lb/>
&#x017F;auren Thonerde noch unzer&#x017F;etzte &#x017F;chwefel&#x017F;aure Thonerde erhielt. Man hat<lb/>
beobachtet, daß gerade &#x017F;olche Lö&#x017F;ungen zum Beizen vorzugswei&#x017F;e geeignet er-<lb/>
&#x017F;cheinen, weil &#x017F;ie ihren Gehalt an Thonerdehydrat leicht und in ziemlich<lb/>
hohem Prozentgehalt an die Fa&#x017F;er abgeben. Ob die Bezeichnung Aluminium-<lb/>
&#x017F;ulfacetat (<hi rendition="#g">Hummel</hi>) gerechtfertigt i&#x017F;t, ob al&#x017F;o ein wirkliches Doppel&#x017F;alz aus<lb/>
e&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;aurer Thonerde mit &#x017F;chwefel&#x017F;aurer Thonerde vorliegt, das er&#x017F;cheint je-<lb/>
doch fraglich. Denn die in der Praxis verwendeten Lö&#x017F;ungen &#x017F;ind doch recht<lb/>
&#x017F;ehr willkürlich zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt und weit eher als eine einfache Mi&#x017F;chung,<lb/>
denn als chemi&#x017F;che Verbindung zu betrachten. Daran ändern auch die<lb/>
chemi&#x017F;chen Formeln nichts, welche <hi rendition="#g">Liechti</hi> und <hi rendition="#g">Suida</hi> aufge&#x017F;tellt haben, auch<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0295] ohne Auswaſchen gepreßt und die vereinigte Flüſſigkeit filtriert. Dieſe Löſung enthält neutrales Aluminiumacetat von der Zuſammenſetzung [FORMEL] Auch von den älteren Vorſchriften zur Darſtellung eſſigſaurer Thonerde kommen einige unbewußt auf eine baſiſche Verbindung; ſo z. B.: Schwefelſaure Thonerde 120 Teile, Eſſigſaures Blei 100 „ Kreide 8½ „ Waſſer 400 „ und Alaun 100 Teile, Bleizucker 100 „ Soda 10 „ Waſſer 250 „ Eigenſchaften: Alle auf die eine oder andere Art gewonnenen Löſungen von eſſigſaurer Thonerde, normale wie neutrale, ſind klare, waſſer- helle Flüſſigkeiten *) von eigentümlich ſüßem, adſtringierendem Geſchmack; die Löſungen des normalen Salzes riechen deutlich nach Eſſigſäure, die Löſungen der neutralen Salze nur äußerſt ſchwach, der baſiſchen Salze gar nicht. Beim Erwärmen oder Kochen tritt Zerſetzung in dem oben angedeuteten Sinne ein. Nach Hummel ſoll in reinem normalen Acetat weder durch Erwärmen noch durch Verdünnen Zerſetzung erfolgen; dagegen ſoll eine ſolche ſtets ſofort eintreten, ſobald gleichzeitig Sulfate (z. B. Glauberſalz oder überſchüſſige ſchwefelſaure Thonerde) vorhanden ſind. Anwendung: Als Beize in der Baumwollen- und Leinenfärberei; in ausgedehntem Maße in der Türkiſchrotfärberei der Baumwolle als Mordant für verſchiedene gelbe, orange, rote bis blaue Töne, wobei man Löſungen von verſchiedener Stärke und mehr oder minder baſiſchem Charakter, je nach dem zu erzielenden Zwecke, verwendet. 19. Eſſigſchwefelſaure Thonerde, Aluminiumſulfacetat. Bei der Herſtellung der eſſigſauren Thonerde nach der alten Methode aus Alaun und Bleizucker nahm man häufig, um einen Bleigehalt der Löſung unmöglich zu machen, weſentlich mehr Alaun, als zur Zerſetzung notwendig war, und gelangte ſo zu einer Löſung, welche neben der neugebildeten eſſig- ſauren Thonerde noch unzerſetzte ſchwefelſaure Thonerde erhielt. Man hat beobachtet, daß gerade ſolche Löſungen zum Beizen vorzugsweiſe geeignet er- ſcheinen, weil ſie ihren Gehalt an Thonerdehydrat leicht und in ziemlich hohem Prozentgehalt an die Faſer abgeben. Ob die Bezeichnung Aluminium- ſulfacetat (Hummel) gerechtfertigt iſt, ob alſo ein wirkliches Doppelſalz aus eſſigſaurer Thonerde mit ſchwefelſaurer Thonerde vorliegt, das erſcheint je- doch fraglich. Denn die in der Praxis verwendeten Löſungen ſind doch recht ſehr willkürlich zuſammengeſetzt und weit eher als eine einfache Miſchung, denn als chemiſche Verbindung zu betrachten. Daran ändern auch die chemiſchen Formeln nichts, welche Liechti und Suida aufgeſtellt haben, auch *) Hummel gibt an, daß die Rotbeizen bräunlich ausſehen. Das wäre ein ſchlechtes Zeichen. Eine nach den von mir aufgeſtellten Vorſchriften bereitete eſſig- ſaure Thonerde wird nie bräunlich ausſehen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/295
Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/295>, abgerufen am 28.03.2024.