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Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.

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I. Buch/ Cap. IX.
Caput IX.

Von Arrest oder Beschlags-Banden und Gefäng-
niß/ Bürgen/ Bey- und End-Urtheil auch Straff-
Bussen-Vergleich.

§. 1

Flüchtigen Ar-
rest
oder Be-
schlag/ wann
gültig.

WAnn Beklagter Flucht halber und sonst wegen Untreu verdäch-
tig/ mag gerichtlicher Beschlag durch eydliche Versicherung
nicht auffgehoben werden/ wie denn auch Kläger in peinlichen Sachen
nicht eydlich versichern kan/ sondern in Gefängniß gehen oder Bür-
gen stellen muß; so auch der Schuldner ein Verschwender/ oder des
Verwundeten grosse Schwachheit dazu kömmt. Sonst aber auff blosse
Klage und Ankündigung des beleidigten Theils/ ohne andern Arg-
wohn/ soll niemand leichtlich mit Arrest beleget werden/ ob schon Klä-
Arrest wann
nicht gesche-
hen soll.
ger Versicherung anbeut/ massen zwar dadurch der Richter schadloß
gehalten/ jedoch hat er sein Amt übel verwaltet/ indem er ohne der
Sachen Erkäntniß und ausser rechtlichen Ursachen jemand gefangen
hält/ und kan ihm nichts helffen/ ob er auch den unrechtmäßig Gefan-
Bürgschafft
mit gewissen
Beding/ ist oh-
ne Verdacht
und Macht.
gegen gegen Bürgschafft wieder loß läst/ unterm Schein/ als habe er
bekennet/ daß ihm recht geschehen wäre/ massen derjenige/ so mit ge-
wissem Beding Bürgen stellet/ sich eben nicht also fort schuldig erklä-
ret; So ist auch Richters Anklage gegen solchen Bürgen sehr gebrech-
lich/ weilen eine Verpflichtung wider Recht und schändlichen Dinge
gar ohnmächtig und krafftloß.

L. 10. §. 16. ff. quae in fraud. C. redit. L. 12. §. 11. ff. Mand.
Fried-Bruch
Reichs Bann
Straffe.

§. 2. Gegen Abwesende/ die man zur Verhafftung nicht bringen
kan/ wird rechtlich wegen Ungehorsam und Fried-Bruch mit dem
Bann- oder Reichs Acht verfahren/ wo nun Kläger also zur Acht wie-
der den Ungehorsamen procediren will/ soll er denselben von neuen da-
zu/ wie sich gebühret/ nemlich zu sehen und hören/ um solchen Ungehor-
sam in die Acht und Oberacht sich erkennen zu lassen/ oder Ursachen da-
Ungehorsams
Bestraffungen
wider für zu wenden/ einladen und citiren lassen/ und so er darauff
abermahl ungehorsam ausbleiben würde/ alsdenn erst/ nach erkant und
beschehenem Ruffen/ auch deren dreyen Gerichts-Tage Verscheinung/
hernach in die Acht erkläret werden; Auff den ungehorsamen Fall aber
sollen sie alsbald ehrloß gemacht/ des Landes verbannet/ auch durch den
Nachrichter in der Haupt-Stadt/ so dem Orte/ da der Raub oder That

began-
I. Buch/ Cap. IX.
Caput IX.

Von Arreſt oder Beſchlags-Banden und Gefaͤng-
niß/ Buͤrgen/ Bey- und End-Urtheil auch Straff-
Buſſen-Vergleich.

§. 1

Fluͤchtigen Ar-
reſt
oder Be-
ſchlag/ wann
guͤltig.

WAnn Beklagter Flucht halber und ſonſt wegen Untreu verdaͤch-
tig/ mag gerichtlicher Beſchlag durch eydliche Verſicherung
nicht auffgehoben werden/ wie denn auch Klaͤger in peinlichen Sachen
nicht eydlich verſichern kan/ ſondern in Gefaͤngniß gehen oder Buͤr-
gen ſtellen muß; ſo auch der Schuldner ein Verſchwender/ oder des
Verwundeten groſſe Schwachheit dazu koͤmmt. Sonſt aber auff bloſſe
Klage und Ankuͤndigung des beleidigten Theils/ ohne andern Arg-
wohn/ ſoll niemand leichtlich mit Arreſt beleget werden/ ob ſchon Klaͤ-
Arreſt wann
nicht geſche-
hen ſoll.
ger Verſicherung anbeut/ maſſen zwar dadurch der Richter ſchadloß
gehalten/ jedoch hat er ſein Amt uͤbel verwaltet/ indem er ohne der
Sachen Erkaͤntniß und auſſer rechtlichen Urſachen jemand gefangen
haͤlt/ und kan ihm nichts helffen/ ob er auch den unrechtmaͤßig Gefan-
Buͤrgſchafft
mit gewiſſen
Beding/ iſt oh-
ne Verdacht
und Macht.
gegen gegen Buͤrgſchafft wieder loß laͤſt/ unterm Schein/ als habe er
bekennet/ daß ihm recht geſchehen waͤre/ maſſen derjenige/ ſo mit ge-
wiſſem Beding Buͤrgen ſtellet/ ſich eben nicht alſo fort ſchuldig erklaͤ-
ret; So iſt auch Richters Anklage gegen ſolchen Buͤrgen ſehr gebrech-
lich/ weilen eine Verpflichtung wider Recht und ſchaͤndlichen Dinge
gar ohnmaͤchtig und krafftloß.

L. 10. §. 16. ff. quæ in fraud. C. redit. L. 12. §. 11. ff. Mand.
Fried-Bruch
Reichs Bann
Straffe.

§. 2. Gegen Abweſende/ die man zur Verhafftung nicht bringen
kan/ wird rechtlich wegen Ungehorſam und Fried-Bruch mit dem
Bann- oder Reichs Acht verfahren/ wo nun Klaͤger alſo zur Acht wie-
der den Ungehorſamen procediren will/ ſoll er denſelben von neuen da-
zu/ wie ſich gebuͤhret/ nemlich zu ſehen und hoͤren/ um ſolchen Ungehor-
ſam in die Acht und Oberacht ſich erkennen zu laſſen/ oder Urſachen da-
Ungehorſams
Beſtraffungen
wider fuͤr zu wenden/ einladen und citiren laſſen/ und ſo er darauff
abermahl ungehorſam ausbleiben wuͤrde/ alsdenn erſt/ nach erkant und
beſchehenem Ruffen/ auch deren dreyen Gerichts-Tage Verſcheinung/
hernach in die Acht erklaͤret werden; Auff den ungehorſamen Fall aber
ſollen ſie alsbald ehrloß gemacht/ des Landes verbannet/ auch durch den
Nachrichter in der Haupt-Stadt/ ſo dem Orte/ da der Raub oder That

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[82/0089] I. Buch/ Cap. IX. Caput IX. Von Arreſt oder Beſchlags-Banden und Gefaͤng- niß/ Buͤrgen/ Bey- und End-Urtheil auch Straff- Buſſen-Vergleich. §. 1 WAnn Beklagter Flucht halber und ſonſt wegen Untreu verdaͤch- tig/ mag gerichtlicher Beſchlag durch eydliche Verſicherung nicht auffgehoben werden/ wie denn auch Klaͤger in peinlichen Sachen nicht eydlich verſichern kan/ ſondern in Gefaͤngniß gehen oder Buͤr- gen ſtellen muß; ſo auch der Schuldner ein Verſchwender/ oder des Verwundeten groſſe Schwachheit dazu koͤmmt. Sonſt aber auff bloſſe Klage und Ankuͤndigung des beleidigten Theils/ ohne andern Arg- wohn/ ſoll niemand leichtlich mit Arreſt beleget werden/ ob ſchon Klaͤ- ger Verſicherung anbeut/ maſſen zwar dadurch der Richter ſchadloß gehalten/ jedoch hat er ſein Amt uͤbel verwaltet/ indem er ohne der Sachen Erkaͤntniß und auſſer rechtlichen Urſachen jemand gefangen haͤlt/ und kan ihm nichts helffen/ ob er auch den unrechtmaͤßig Gefan- gegen gegen Buͤrgſchafft wieder loß laͤſt/ unterm Schein/ als habe er bekennet/ daß ihm recht geſchehen waͤre/ maſſen derjenige/ ſo mit ge- wiſſem Beding Buͤrgen ſtellet/ ſich eben nicht alſo fort ſchuldig erklaͤ- ret; So iſt auch Richters Anklage gegen ſolchen Buͤrgen ſehr gebrech- lich/ weilen eine Verpflichtung wider Recht und ſchaͤndlichen Dinge gar ohnmaͤchtig und krafftloß. Arreſt wann nicht geſche- hen ſoll. Buͤrgſchafft mit gewiſſen Beding/ iſt oh- ne Verdacht und Macht. L. 10. §. 16. ff. quæ in fraud. C. redit. L. 12. §. 11. ff. Mand. §. 2. Gegen Abweſende/ die man zur Verhafftung nicht bringen kan/ wird rechtlich wegen Ungehorſam und Fried-Bruch mit dem Bann- oder Reichs Acht verfahren/ wo nun Klaͤger alſo zur Acht wie- der den Ungehorſamen procediren will/ ſoll er denſelben von neuen da- zu/ wie ſich gebuͤhret/ nemlich zu ſehen und hoͤren/ um ſolchen Ungehor- ſam in die Acht und Oberacht ſich erkennen zu laſſen/ oder Urſachen da- wider fuͤr zu wenden/ einladen und citiren laſſen/ und ſo er darauff abermahl ungehorſam ausbleiben wuͤrde/ alsdenn erſt/ nach erkant und beſchehenem Ruffen/ auch deren dreyen Gerichts-Tage Verſcheinung/ hernach in die Acht erklaͤret werden; Auff den ungehorſamen Fall aber ſollen ſie alsbald ehrloß gemacht/ des Landes verbannet/ auch durch den Nachrichter in der Haupt-Stadt/ ſo dem Orte/ da der Raub oder That began- Ungehorſams Beſtraffungen

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Zitationshilfe: Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/89>, abgerufen am 19.04.2024.