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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 49. Formwidrige Gesetze.
des Verfahrens der richterlichen Behörden, welche nur
auf dem Wege des Gesetzes festgestellt oder abgeändert
werden kann.

d) Formwidrige Gesetze.
§. 49.

Es ist möglich, dass den hier entwickelten Sätzen
über die Form der Entstehung der Gesetze zuwider ge-
handelt wird, indem ein Gesetz als Verordnung erlassen
wird, dessen Inhalt ständische Verabschiedung gefordert
hätte, oder ein Nothgesetz gegeben wird, ohne dass die
dafür vorgeschriebene Form und die dafür bestehenden
Voraussetzungen gewahrt sind, oder ein Gesetz mit der
Angabe verkündigt wird, dass die verfassungsmässige
Mitwirkung der Stände stattgefunden habe, während diess
gar nicht, oder doch nicht in genügender Weise der Fall
war.1 Da nun die Bedeutung jener Formvorschriften die
ist, dass nur mit Beobachtung derselben ein wirklicher
Act der gesetzgebenden Gewalt entstehen kann, so unter-
liegt es an und für sich keinem Zweifel, dass einer im
Widerspruche mit ihnen stehenden Publication eine rechts-
verbindliche Wirksamkeit nicht zukommt.2 Indessen kön-

zusammen. Aber auch bei diesem Principe bleibt noch ein be-
schränktes Organisationsrecht des Monarchen in der Justiz übrig.
1 Ich setze in allen diesen Fällen voraus, dass eine gehörige
Publication im Gesetzesblatte stattgefunden hat. Denn von einer
Geltung nicht publicirter Gesetze, welche (wie diess im vorigen
Jahrhunderte noch geschah) etwa nur den Behörden schriftlich
und heimlich mitgetheilt wurden, kann begreiflich nicht mehr die
Rede sein.
2 Mit dem einfachen Satze, dass jede Formwidrigkeit Nichtig-
keit zur Folge habe, ist die Sache freilich nicht abgethan. Es giebt

§. 49. Formwidrige Gesetze.
des Verfahrens der richterlichen Behörden, welche nur
auf dem Wege des Gesetzes festgestellt oder abgeändert
werden kann.

d) Formwidrige Gesetze.
§. 49.

Es ist möglich, dass den hier entwickelten Sätzen
über die Form der Entstehung der Gesetze zuwider ge-
handelt wird, indem ein Gesetz als Verordnung erlassen
wird, dessen Inhalt ständische Verabschiedung gefordert
hätte, oder ein Nothgesetz gegeben wird, ohne dass die
dafür vorgeschriebene Form und die dafür bestehenden
Voraussetzungen gewahrt sind, oder ein Gesetz mit der
Angabe verkündigt wird, dass die verfassungsmässige
Mitwirkung der Stände stattgefunden habe, während diess
gar nicht, oder doch nicht in genügender Weise der Fall
war.1 Da nun die Bedeutung jener Formvorschriften die
ist, dass nur mit Beobachtung derselben ein wirklicher
Act der gesetzgebenden Gewalt entstehen kann, so unter-
liegt es an und für sich keinem Zweifel, dass einer im
Widerspruche mit ihnen stehenden Publication eine rechts-
verbindliche Wirksamkeit nicht zukommt.2 Indessen kön-

zusammen. Aber auch bei diesem Principe bleibt noch ein be-
schränktes Organisationsrecht des Monarchen in der Justiz übrig.
1 Ich setze in allen diesen Fällen voraus, dass eine gehörige
Publication im Gesetzesblatte stattgefunden hat. Denn von einer
Geltung nicht publicirter Gesetze, welche (wie diess im vorigen
Jahrhunderte noch geschah) etwa nur den Behörden schriftlich
und heimlich mitgetheilt wurden, kann begreiflich nicht mehr die
Rede sein.
2 Mit dem einfachen Satze, dass jede Formwidrigkeit Nichtig-
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[149/0167] §. 49. Formwidrige Gesetze. des Verfahrens der richterlichen Behörden, welche nur auf dem Wege des Gesetzes festgestellt oder abgeändert werden kann. d) Formwidrige Gesetze. §. 49. Es ist möglich, dass den hier entwickelten Sätzen über die Form der Entstehung der Gesetze zuwider ge- handelt wird, indem ein Gesetz als Verordnung erlassen wird, dessen Inhalt ständische Verabschiedung gefordert hätte, oder ein Nothgesetz gegeben wird, ohne dass die dafür vorgeschriebene Form und die dafür bestehenden Voraussetzungen gewahrt sind, oder ein Gesetz mit der Angabe verkündigt wird, dass die verfassungsmässige Mitwirkung der Stände stattgefunden habe, während diess gar nicht, oder doch nicht in genügender Weise der Fall war. 1 Da nun die Bedeutung jener Formvorschriften die ist, dass nur mit Beobachtung derselben ein wirklicher Act der gesetzgebenden Gewalt entstehen kann, so unter- liegt es an und für sich keinem Zweifel, dass einer im Widerspruche mit ihnen stehenden Publication eine rechts- verbindliche Wirksamkeit nicht zukommt. 2 Indessen kön- 4 1 Ich setze in allen diesen Fällen voraus, dass eine gehörige Publication im Gesetzesblatte stattgefunden hat. Denn von einer Geltung nicht publicirter Gesetze, welche (wie diess im vorigen Jahrhunderte noch geschah) etwa nur den Behörden schriftlich und heimlich mitgetheilt wurden, kann begreiflich nicht mehr die Rede sein. 2 Mit dem einfachen Satze, dass jede Formwidrigkeit Nichtig- keit zur Folge habe, ist die Sache freilich nicht abgethan. Es giebt 4 zusammen. Aber auch bei diesem Principe bleibt noch ein be- schränktes Organisationsrecht des Monarchen in der Justiz übrig.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/167>, abgerufen am 25.04.2024.