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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 8. Character der Staatsgewalt.
2. Character der Staatsgewalt in den deutschen Staaten.
§. 8.

Die Staatsgewalt in den deutschen Staaten ist sou-
verain. Als solche ist sie nach Auflösung des deutschen
Reichsverbands bei der Stiftung des Rheinbundes und
nach dessen Auflösung bei der Stiftung des deutschen
Bundes anerkannt worden.1 Auch sind alle damit un-
vereinbaren, aus der Reichszeit stammenden staatsrecht-
lichen Abhängigkeitsverhältnisse theils durch den Art. 34.
der Rheinbundsacte, theils später beseitigt worden.2

Die deutschen Staaten stehen jedoch nicht isolirt
neben einander. Sie sind die einzelnen politischen Or-
ganismen in einem Volke, das in einem nahezu tausend-
jährigen Reichsverbande geeinigt war und auf die Fort-
dauer seiner Einigung ein unverbrüchliches Recht hat.
Diesem höheren Rechte hat sich die Selbständigkeit
der einzelnen deutschen Staaten unterzuordnen. Seinen

1 Rheinbundsacte Art. 4, Deutsche Bundesacte Art. 1, Eingang.
2 Rheinbundsacte Art. 34: "Les -- -- princes confederes re-
noncent, chacun d'eux pour soi, ses heritiers et successeurs, a tout
droit actuel, qu'il pourrait avoir ou pretendre sur les possessions
des autres membres de la confederation telles qu'elles sont et
telles qu'elles doivent etre, en consequence du present traite; les
droits eventuels de succession demeurant seuls reserves, et pour
le cas seulement, ou viendrait a s'eteindre la maison ou la branche
qui possede maintenant, ou doit, en vertu du present traite, pos-
seder en souverainete les territoires, domaines et biens, sur les-
quels les susdits droits peuvent s'etendre." Die richtige Aus-
legung dieses Artikels siehe u. A. bei Zachariä, deutsches
Staats- und Bundesrecht, §. 36. Gegen die Statthaftigkeit eines
vasallitischen Verhältnisses eines deutschen Souverains als solchen
zu einem anderen Souverain spricht sich besonders aus der Bundes-
beschluss vom 20. Januar 1848; damit ist aber keineswegs auch
die Fortdauer des in der Lehnsherrlichkeit enthaltenen eventuellen
Successionsrechts verneint. Zöpfl, Staatsrecht, §. 259.
§. 8. Character der Staatsgewalt.
2. Character der Staatsgewalt in den deutschen Staaten.
§. 8.

Die Staatsgewalt in den deutschen Staaten ist sou-
verain. Als solche ist sie nach Auflösung des deutschen
Reichsverbands bei der Stiftung des Rheinbundes und
nach dessen Auflösung bei der Stiftung des deutschen
Bundes anerkannt worden.1 Auch sind alle damit un-
vereinbaren, aus der Reichszeit stammenden staatsrecht-
lichen Abhängigkeitsverhältnisse theils durch den Art. 34.
der Rheinbundsacte, theils später beseitigt worden.2

Die deutschen Staaten stehen jedoch nicht isolirt
neben einander. Sie sind die einzelnen politischen Or-
ganismen in einem Volke, das in einem nahezu tausend-
jährigen Reichsverbande geeinigt war und auf die Fort-
dauer seiner Einigung ein unverbrüchliches Recht hat.
Diesem höheren Rechte hat sich die Selbständigkeit
der einzelnen deutschen Staaten unterzuordnen. Seinen

1 Rheinbundsacte Art. 4, Deutsche Bundesacte Art. 1, Eingang.
2 Rheinbundsacte Art. 34: „Les — — princes confédérés re-
noncent, chacun d’eux pour soi, ses héritiers et successeurs, à tout
droit actuel, qu’il pourrait avoir ou prétendre sur les possessions
des autres membres de la confédération telles qu’elles sont et
telles qu’elles doivent être, en conséquence du présent traité; les
droits éventuels de succession demeurant seuls réservés, et pour
le cas seulement, ou viendrait à s’éteindre la maison ou la branche
qui possède maintenant, ou doit, en vertu du présent traité, pos-
séder en souveraineté les territoires, domaines et biens, sur les-
quels les susdits droits peuvent s’étendre.“ Die richtige Aus-
legung dieses Artikels siehe u. A. bei Zachariä, deutsches
Staats- und Bundesrecht, §. 36. Gegen die Statthaftigkeit eines
vasallitischen Verhältnisses eines deutschen Souverains als solchen
zu einem anderen Souverain spricht sich besonders aus der Bundes-
beschluss vom 20. Januar 1848; damit ist aber keineswegs auch
die Fortdauer des in der Lehnsherrlichkeit enthaltenen eventuellen
Successionsrechts verneint. Zöpfl, Staatsrecht, §. 259.
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[23/0041] §. 8. Character der Staatsgewalt. 2. Character der Staatsgewalt in den deutschen Staaten. §. 8. Die Staatsgewalt in den deutschen Staaten ist sou- verain. Als solche ist sie nach Auflösung des deutschen Reichsverbands bei der Stiftung des Rheinbundes und nach dessen Auflösung bei der Stiftung des deutschen Bundes anerkannt worden. 1 Auch sind alle damit un- vereinbaren, aus der Reichszeit stammenden staatsrecht- lichen Abhängigkeitsverhältnisse theils durch den Art. 34. der Rheinbundsacte, theils später beseitigt worden. 2 Die deutschen Staaten stehen jedoch nicht isolirt neben einander. Sie sind die einzelnen politischen Or- ganismen in einem Volke, das in einem nahezu tausend- jährigen Reichsverbande geeinigt war und auf die Fort- dauer seiner Einigung ein unverbrüchliches Recht hat. Diesem höheren Rechte hat sich die Selbständigkeit der einzelnen deutschen Staaten unterzuordnen. Seinen 1 Rheinbundsacte Art. 4, Deutsche Bundesacte Art. 1, Eingang. 2 Rheinbundsacte Art. 34: „Les — — princes confédérés re- noncent, chacun d’eux pour soi, ses héritiers et successeurs, à tout droit actuel, qu’il pourrait avoir ou prétendre sur les possessions des autres membres de la confédération telles qu’elles sont et telles qu’elles doivent être, en conséquence du présent traité; les droits éventuels de succession demeurant seuls réservés, et pour le cas seulement, ou viendrait à s’éteindre la maison ou la branche qui possède maintenant, ou doit, en vertu du présent traité, pos- séder en souveraineté les territoires, domaines et biens, sur les- quels les susdits droits peuvent s’étendre.“ Die richtige Aus- legung dieses Artikels siehe u. A. bei Zachariä, deutsches Staats- und Bundesrecht, §. 36. Gegen die Statthaftigkeit eines vasallitischen Verhältnisses eines deutschen Souverains als solchen zu einem anderen Souverain spricht sich besonders aus der Bundes- beschluss vom 20. Januar 1848; damit ist aber keineswegs auch die Fortdauer des in der Lehnsherrlichkeit enthaltenen eventuellen Successionsrechts verneint. Zöpfl, Staatsrecht, §. 259.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/41>, abgerufen am 28.03.2024.