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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 10. Gränzen der Staatsgewalt.
dige Function,5 dem allgemeinen Rechtsprincipe der
Verwaltung untergeordnet ist.

4. Gränzen der Staatsgewalt.
a) Allgemeine Gränzbestimmung.
§. 10.

Die Staatsgewalt ist keine absolute Willensmacht.
Sie soll nur dem Zwecke des Staats dienen, nur für ihn
bestehen. In ihm sind mithin die natürlichen Gränzen
des Gebiets ihrer Wirksamkeit enthalten.1 Eine theo-
retische
Bestimmung des Staatszwecks2 kann sich aber
immer nur in sehr allgemeinen Vorstellungen bewegen,
und nur sehr unbestimmt die Gränze andeuten, bei der
sich das Gebiet des auf die Vollendung des sittlichen

5 Diese Eintheilungen, mit denen sich die staatsrechtliche und
politische Literatur seit alter Zeit beschäftigt, werden so verschie-
den bestimmt, dass es kaum möglich wäre, die einzelnen Ansichten
vollständig aufzuzählen. Man findet fast in jedem Buche über
allgemeines Staatsrecht oder Rechtsphilosophie eine Zusammen-
stellung (z. B. Schilling, Naturrecht, 2. Abth. 1863. S. 123 flg.).
Der hier hervorgehobene Grundgegensatz der gesetzgebenden und
nicht gesetzgebenden Thätigkeit ist auch von Anderen schon rich-
tig erkannt worden.
1 Darin liegt, dass jede Erstreckung der Staatsgewalt über
ihren sittlichen Zweck und über das ihr angehörende Gebiet hin-
aus ein Missbrauch derselben ist. Die Staatsgewalt ist zwar dy-
namisch die höchste Gewalt im Volke, aber rechtlich besteht sie
nur innerhalb der Sphäre ihrer Zweckbestimmung, oder m. a. W.,
nur innerhalb des Kreises ihrer rechtlichen Existenz steht der
Staatsgewalt die höchste Macht zur Verfügung. Das Verhältniss
dieser beiden Begriffsmomente wird missverstanden von Wipper-
mann,
"über die Natur des Staats" 1844, S. 66 flg.
2 Siehe z. B. die Zusammenstellung einer Reihe von Ansichten
bei Schilling, Naturrecht, a. a. O. S. 5., und Stahl, Staats-
lehre, S. 147 flg. u. 152.

§. 10. Gränzen der Staatsgewalt.
dige Function,5 dem allgemeinen Rechtsprincipe der
Verwaltung untergeordnet ist.

4. Gränzen der Staatsgewalt.
a) Allgemeine Gränzbestimmung.
§. 10.

Die Staatsgewalt ist keine absolute Willensmacht.
Sie soll nur dem Zwecke des Staats dienen, nur für ihn
bestehen. In ihm sind mithin die natürlichen Gränzen
des Gebiets ihrer Wirksamkeit enthalten.1 Eine theo-
retische
Bestimmung des Staatszwecks2 kann sich aber
immer nur in sehr allgemeinen Vorstellungen bewegen,
und nur sehr unbestimmt die Gränze andeuten, bei der
sich das Gebiet des auf die Vollendung des sittlichen

5 Diese Eintheilungen, mit denen sich die staatsrechtliche und
politische Literatur seit alter Zeit beschäftigt, werden so verschie-
den bestimmt, dass es kaum möglich wäre, die einzelnen Ansichten
vollständig aufzuzählen. Man findet fast in jedem Buche über
allgemeines Staatsrecht oder Rechtsphilosophie eine Zusammen-
stellung (z. B. Schilling, Naturrecht, 2. Abth. 1863. S. 123 flg.).
Der hier hervorgehobene Grundgegensatz der gesetzgebenden und
nicht gesetzgebenden Thätigkeit ist auch von Anderen schon rich-
tig erkannt worden.
1 Darin liegt, dass jede Erstreckung der Staatsgewalt über
ihren sittlichen Zweck und über das ihr angehörende Gebiet hin-
aus ein Missbrauch derselben ist. Die Staatsgewalt ist zwar dy-
namisch die höchste Gewalt im Volke, aber rechtlich besteht sie
nur innerhalb der Sphäre ihrer Zweckbestimmung, oder m. a. W.,
nur innerhalb des Kreises ihrer rechtlichen Existenz steht der
Staatsgewalt die höchste Macht zur Verfügung. Das Verhältniss
dieser beiden Begriffsmomente wird missverstanden von Wipper-
mann,
„über die Natur des Staats“ 1844, S. 66 flg.
2 Siehe z. B. die Zusammenstellung einer Reihe von Ansichten
bei Schilling, Naturrecht, a. a. O. S. 5., und Stahl, Staats-
lehre, S. 147 flg. u. 152.
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[29/0047] §. 10. Gränzen der Staatsgewalt. dige Function, 5 dem allgemeinen Rechtsprincipe der Verwaltung untergeordnet ist. 4. Gränzen der Staatsgewalt. a) Allgemeine Gränzbestimmung. §. 10. Die Staatsgewalt ist keine absolute Willensmacht. Sie soll nur dem Zwecke des Staats dienen, nur für ihn bestehen. In ihm sind mithin die natürlichen Gränzen des Gebiets ihrer Wirksamkeit enthalten. 1 Eine theo- retische Bestimmung des Staatszwecks 2 kann sich aber immer nur in sehr allgemeinen Vorstellungen bewegen, und nur sehr unbestimmt die Gränze andeuten, bei der sich das Gebiet des auf die Vollendung des sittlichen 5 Diese Eintheilungen, mit denen sich die staatsrechtliche und politische Literatur seit alter Zeit beschäftigt, werden so verschie- den bestimmt, dass es kaum möglich wäre, die einzelnen Ansichten vollständig aufzuzählen. Man findet fast in jedem Buche über allgemeines Staatsrecht oder Rechtsphilosophie eine Zusammen- stellung (z. B. Schilling, Naturrecht, 2. Abth. 1863. S. 123 flg.). Der hier hervorgehobene Grundgegensatz der gesetzgebenden und nicht gesetzgebenden Thätigkeit ist auch von Anderen schon rich- tig erkannt worden. 1 Darin liegt, dass jede Erstreckung der Staatsgewalt über ihren sittlichen Zweck und über das ihr angehörende Gebiet hin- aus ein Missbrauch derselben ist. Die Staatsgewalt ist zwar dy- namisch die höchste Gewalt im Volke, aber rechtlich besteht sie nur innerhalb der Sphäre ihrer Zweckbestimmung, oder m. a. W., nur innerhalb des Kreises ihrer rechtlichen Existenz steht der Staatsgewalt die höchste Macht zur Verfügung. Das Verhältniss dieser beiden Begriffsmomente wird missverstanden von Wipper- mann, „über die Natur des Staats“ 1844, S. 66 flg. 2 Siehe z. B. die Zusammenstellung einer Reihe von Ansichten bei Schilling, Naturrecht, a. a. O. S. 5., und Stahl, Staats- lehre, S. 147 flg. u. 152.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/47>, abgerufen am 28.03.2024.