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Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898.

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Erster Abschnitt.
Geschichtliches.

Erstes Kapitel.
Die Vorläufer der jetzigen Torpedos bis zum amerikanischen
Bürgerkriege.

Das Bestreben, brennende oder explodirende Körper oder Flüssig-
keiten an, in oder auf ein feindliches Schiff zu bringen, ist uralt.

Es mag hier unerörtert bleiben, ob Alexander der Große
(356 bis 323 v. Chr.), der schon im Besitze eines unterseeischen
Bootes gewesen sein soll, oder Constantin der Große (374 bis 337
n. Chr.) zuerst das griechische Feuer angewendet haben, oder ob dieses
erst zur Zeit des Kaisers Constantin Pagonatos (der Bärtige, 668
bis 685 n. Chr.) von dem Syrier Kallinikos erfunden wurde.

Dieses Kampfmittel sowie die Brander, welche bis in dieses
Jahrhundert hinein verwendet worden sind,*) mögen hier ganz aus-
geschaltet sein; nur möge bemerkt werden, daß das griechische Feuer
späterhin wiederholt neu entdeckt worden sein soll, so 1702 von einem
gewissen Poli, welcher sein Geheimniß dem König Louis XIV. (+ 1715)
unterbreitete. Der König kaufte dem Erfinder sein Rezept ab, ließ
es aber angeblich, da es gegen Menschen- und Völkerrecht verstieße,
vernichten. Dieses Verhalten des Königs läßt sich indessen nur schwer
mit der Thatsache zusammenreimen, daß unter seiner Regierung (1688)
die sogen. Bombe von Algier gebaut wurde, welche nichts Anderes
wie eine infernalische Maschine des Systems Gianibelli (vergl. S. 2)
war. Zuletzt soll im Jahre 1863 ein Baron d'Aretin in München
ein deutsches Manuskript, enthaltend ein Rezept für das griechische

*) England besaß 1702 bei 256 Kriegsschiffen 87 Brander, 1801 bei
760 Schiffen 10 Brander.
H. Gercke, Die Torpedowaffe. 1

Erſter Abſchnitt.
Geſchichtliches.

Erſtes Kapitel.
Die Vorläufer der jetzigen Torpedos bis zum amerikaniſchen
Bürgerkriege.

Das Beſtreben, brennende oder explodirende Körper oder Flüſſig-
keiten an, in oder auf ein feindliches Schiff zu bringen, iſt uralt.

Es mag hier unerörtert bleiben, ob Alexander der Große
(356 bis 323 v. Chr.), der ſchon im Beſitze eines unterſeeiſchen
Bootes geweſen ſein ſoll, oder Conſtantin der Große (374 bis 337
n. Chr.) zuerſt das griechiſche Feuer angewendet haben, oder ob dieſes
erſt zur Zeit des Kaiſers Conſtantin Pagonatos (der Bärtige, 668
bis 685 n. Chr.) von dem Syrier Kallinikos erfunden wurde.

Dieſes Kampfmittel ſowie die Brander, welche bis in dieſes
Jahrhundert hinein verwendet worden ſind,*) mögen hier ganz aus-
geſchaltet ſein; nur möge bemerkt werden, daß das griechiſche Feuer
ſpäterhin wiederholt neu entdeckt worden ſein ſoll, ſo 1702 von einem
gewiſſen Poli, welcher ſein Geheimniß dem König Louis XIV. († 1715)
unterbreitete. Der König kaufte dem Erfinder ſein Rezept ab, ließ
es aber angeblich, da es gegen Menſchen- und Völkerrecht verſtieße,
vernichten. Dieſes Verhalten des Königs läßt ſich indeſſen nur ſchwer
mit der Thatſache zuſammenreimen, daß unter ſeiner Regierung (1688)
die ſogen. Bombe von Algier gebaut wurde, welche nichts Anderes
wie eine infernaliſche Maſchine des Syſtems Gianibelli (vergl. S. 2)
war. Zuletzt ſoll im Jahre 1863 ein Baron d’Arétin in München
ein deutſches Manuſkript, enthaltend ein Rezept für das griechiſche

*) England beſaß 1702 bei 256 Kriegsſchiffen 87 Brander, 1801 bei
760 Schiffen 10 Brander.
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[[1]/0015] Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches. Erſtes Kapitel. Die Vorläufer der jetzigen Torpedos bis zum amerikaniſchen Bürgerkriege. Das Beſtreben, brennende oder explodirende Körper oder Flüſſig- keiten an, in oder auf ein feindliches Schiff zu bringen, iſt uralt. Es mag hier unerörtert bleiben, ob Alexander der Große (356 bis 323 v. Chr.), der ſchon im Beſitze eines unterſeeiſchen Bootes geweſen ſein ſoll, oder Conſtantin der Große (374 bis 337 n. Chr.) zuerſt das griechiſche Feuer angewendet haben, oder ob dieſes erſt zur Zeit des Kaiſers Conſtantin Pagonatos (der Bärtige, 668 bis 685 n. Chr.) von dem Syrier Kallinikos erfunden wurde. Dieſes Kampfmittel ſowie die Brander, welche bis in dieſes Jahrhundert hinein verwendet worden ſind, *) mögen hier ganz aus- geſchaltet ſein; nur möge bemerkt werden, daß das griechiſche Feuer ſpäterhin wiederholt neu entdeckt worden ſein ſoll, ſo 1702 von einem gewiſſen Poli, welcher ſein Geheimniß dem König Louis XIV. († 1715) unterbreitete. Der König kaufte dem Erfinder ſein Rezept ab, ließ es aber angeblich, da es gegen Menſchen- und Völkerrecht verſtieße, vernichten. Dieſes Verhalten des Königs läßt ſich indeſſen nur ſchwer mit der Thatſache zuſammenreimen, daß unter ſeiner Regierung (1688) die ſogen. Bombe von Algier gebaut wurde, welche nichts Anderes wie eine infernaliſche Maſchine des Syſtems Gianibelli (vergl. S. 2) war. Zuletzt ſoll im Jahre 1863 ein Baron d’Arétin in München ein deutſches Manuſkript, enthaltend ein Rezept für das griechiſche *) England beſaß 1702 bei 256 Kriegsſchiffen 87 Brander, 1801 bei 760 Schiffen 10 Brander. H. Gercke, Die Torpedowaffe. 1

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Zitationshilfe: Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/15>, abgerufen am 28.03.2024.