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Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898.

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9. Kapitel. Die Kampfesweise der Torpedoboote.
Neuntes Kapitel.
Die Kampfesweise der Torpedoboote.

Es ist schon früher der Ausspruch eines großen Feldherrn an-
geführt worden, ein Ausspruch, welcher lautet: "Der Lorbeerkranz
des Sieges hängt an der Spitze des Bajonetts". In dem historischen
Theile dieses kleinen Werkes und auch an anderen Stellen ist es
gezeigt und des Oefteren wiederholt worden, daß der Nahkampf das
eigentliche Element des Torpedos ist. Einer Erklärung bedarf das
eigentlich nicht. Wenn trotzdem bei diesem Umstande länger verweilt
wird, so geschieht dies, um hervorzuheben, wie die Entscheidung
durch den Nahkampf schnell herbeigeführt werden kann; es geschieht,
um den Werth des Nahkampfes hervorzuheben.

Torpedoboote müssen an den Feind heran, wenn sie ihn
bekämpfen und besiegen wollen, dicht heran bis auf die beste Schuß-
distanz ihrer Torpedos.

Die einfachste Ueberlegung führt dazu, daß dieses Herangehen
an den Feind am zweckmäßigsten in der Nacht zu bewerkstelligen
sein wird.

So zeigt denn auch die Geschichte, daß die weitaus meisten
Torpedobootsangriffe im Zwielicht oder bei voller Dunkelheit statt-
gefunden haben.

Es dürfte aber verkehrt sein, zu glauben, daß nicht auch die
Torpedoboote eine Art Einleitung zum Nahkampfe haben.

Freilich fehlt hier ein Eröffnen des Feuers auf große Ent-
fernungen. Das Mürbemachen des Feindes geschieht eben aus noch
größerer wie der Maximalschußentfernung der Geschütze, es wird
durch unausgesetztes Beunruhigen des Feindes bewirkt.

Wie aufreibend der durch die Anwesenheit von Torpedobooten
hervorgerufene Zustand fortwährender Bereitschaft ist, geht aus den
Berichten von Seeoffizieren von der Zeit des amerikanischen Bürger-
krieges an hervor und ist eine aus Manövern bekannte Thatsache.

Torpedoboote müssen daher bestrebt sein, den Feind entweder
mürbe zu machen und anzugreifen, sobald ein Nachlassen seiner
Fähigkeit zum Wachen erwartet werden kann, oder sie müssen voll-
ständig überraschend auftreten. Erste Vorbedingung ist das Finden
des Feindes, und sind in dieser Beziehung namentlich in Frankreich

9. Kapitel. Die Kampfesweiſe der Torpedoboote.
Neuntes Kapitel.
Die Kampfesweiſe der Torpedoboote.

Es iſt ſchon früher der Ausſpruch eines großen Feldherrn an-
geführt worden, ein Ausſpruch, welcher lautet: „Der Lorbeerkranz
des Sieges hängt an der Spitze des Bajonetts“. In dem hiſtoriſchen
Theile dieſes kleinen Werkes und auch an anderen Stellen iſt es
gezeigt und des Oefteren wiederholt worden, daß der Nahkampf das
eigentliche Element des Torpedos iſt. Einer Erklärung bedarf das
eigentlich nicht. Wenn trotzdem bei dieſem Umſtande länger verweilt
wird, ſo geſchieht dies, um hervorzuheben, wie die Entſcheidung
durch den Nahkampf ſchnell herbeigeführt werden kann; es geſchieht,
um den Werth des Nahkampfes hervorzuheben.

Torpedoboote müſſen an den Feind heran, wenn ſie ihn
bekämpfen und beſiegen wollen, dicht heran bis auf die beſte Schuß-
diſtanz ihrer Torpedos.

Die einfachſte Ueberlegung führt dazu, daß dieſes Herangehen
an den Feind am zweckmäßigſten in der Nacht zu bewerkſtelligen
ſein wird.

So zeigt denn auch die Geſchichte, daß die weitaus meiſten
Torpedobootsangriffe im Zwielicht oder bei voller Dunkelheit ſtatt-
gefunden haben.

Es dürfte aber verkehrt ſein, zu glauben, daß nicht auch die
Torpedoboote eine Art Einleitung zum Nahkampfe haben.

Freilich fehlt hier ein Eröffnen des Feuers auf große Ent-
fernungen. Das Mürbemachen des Feindes geſchieht eben aus noch
größerer wie der Maximalſchußentfernung der Geſchütze, es wird
durch unausgeſetztes Beunruhigen des Feindes bewirkt.

Wie aufreibend der durch die Anweſenheit von Torpedobooten
hervorgerufene Zuſtand fortwährender Bereitſchaft iſt, geht aus den
Berichten von Seeoffizieren von der Zeit des amerikaniſchen Bürger-
krieges an hervor und iſt eine aus Manövern bekannte Thatſache.

Torpedoboote müſſen daher beſtrebt ſein, den Feind entweder
mürbe zu machen und anzugreifen, ſobald ein Nachlaſſen ſeiner
Fähigkeit zum Wachen erwartet werden kann, oder ſie müſſen voll-
ſtändig überraſchend auftreten. Erſte Vorbedingung iſt das Finden
des Feindes, und ſind in dieſer Beziehung namentlich in Frankreich

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[75/0093] 9. Kapitel. Die Kampfesweiſe der Torpedoboote. Neuntes Kapitel. Die Kampfesweiſe der Torpedoboote. Es iſt ſchon früher der Ausſpruch eines großen Feldherrn an- geführt worden, ein Ausſpruch, welcher lautet: „Der Lorbeerkranz des Sieges hängt an der Spitze des Bajonetts“. In dem hiſtoriſchen Theile dieſes kleinen Werkes und auch an anderen Stellen iſt es gezeigt und des Oefteren wiederholt worden, daß der Nahkampf das eigentliche Element des Torpedos iſt. Einer Erklärung bedarf das eigentlich nicht. Wenn trotzdem bei dieſem Umſtande länger verweilt wird, ſo geſchieht dies, um hervorzuheben, wie die Entſcheidung durch den Nahkampf ſchnell herbeigeführt werden kann; es geſchieht, um den Werth des Nahkampfes hervorzuheben. Torpedoboote müſſen an den Feind heran, wenn ſie ihn bekämpfen und beſiegen wollen, dicht heran bis auf die beſte Schuß- diſtanz ihrer Torpedos. Die einfachſte Ueberlegung führt dazu, daß dieſes Herangehen an den Feind am zweckmäßigſten in der Nacht zu bewerkſtelligen ſein wird. So zeigt denn auch die Geſchichte, daß die weitaus meiſten Torpedobootsangriffe im Zwielicht oder bei voller Dunkelheit ſtatt- gefunden haben. Es dürfte aber verkehrt ſein, zu glauben, daß nicht auch die Torpedoboote eine Art Einleitung zum Nahkampfe haben. Freilich fehlt hier ein Eröffnen des Feuers auf große Ent- fernungen. Das Mürbemachen des Feindes geſchieht eben aus noch größerer wie der Maximalſchußentfernung der Geſchütze, es wird durch unausgeſetztes Beunruhigen des Feindes bewirkt. Wie aufreibend der durch die Anweſenheit von Torpedobooten hervorgerufene Zuſtand fortwährender Bereitſchaft iſt, geht aus den Berichten von Seeoffizieren von der Zeit des amerikaniſchen Bürger- krieges an hervor und iſt eine aus Manövern bekannte Thatſache. Torpedoboote müſſen daher beſtrebt ſein, den Feind entweder mürbe zu machen und anzugreifen, ſobald ein Nachlaſſen ſeiner Fähigkeit zum Wachen erwartet werden kann, oder ſie müſſen voll- ſtändig überraſchend auftreten. Erſte Vorbedingung iſt das Finden des Feindes, und ſind in dieſer Beziehung namentlich in Frankreich

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Zitationshilfe: Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/93>, abgerufen am 28.03.2024.