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Gerstäcker, Friedrich: Schießwaffen. Einige Worte über den Gebrauch und die Behandlung der Büchsen und Flinten. Leipzig, [1848].

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Waffenrevision und zwar keine oberflächliche, die sich damit begnügt, daß außen kein Rost an den Flinten sitzt und die Schlösser Feuer geben, sondern eine Waffenrevision von damit gründlich vertrauten Männern, die besonders alle solchen ihnen gefährlich dünkenden alten Läufe und Musketen herauswählen und sie an geeigneten Plätzen mit doppelten Ladungen, oder auf welche Art sie es sonst für nöthig finden, untersuchen, ob sie auch im Stande sind mehrmaliges Schießen auszuhalten und nicht etwa dem glücklichen Eigenthümer wie dessen Nachbarn Gefahr und Verderben bringen können. Es ist sogar für die Ruhe der Leute selbst nöthig, daß etwas derartiges geschieht, denn wer kann z. B. kaltblütig in Reih und Glied stehn und laden und schießen, wenn er bei jedem Schuß, der neben ihm geschieht, immer ängstlich erwarten muß, daß ihm ein Stück Lauf oder irgend ein schlecht angeschraubtes Schloß um die Ohren fliegt.

Jeder Einzelne hat dabei, und ebenfalls unter Aufsicht von Sachverständigen, danach zu sehen, daß die Schlösser in bester Ordnung und gut geölt, und die Federn derselben nicht in mangelhaftem Zustand sind, damit sie im Augenblick der Noth aushalten, denn alle Reparaturen, die jetzt noch mit größter Leichtigkeit und sehr wenig Kostenaufwand gemacht werden können, möchten später, und wenn es die unbedeutendsten wären, in nicht geringe Verlegenheit bringen. Ich erinnere hier nur z. B. an das Ausspringen einer einzigen Schraube, die sämmtlich ganz besonders nachgesehen werden müssen, damit sie eben so wenig dermaßen eingerostet sind, um später allen Schraubenziehern auf das hartnäckigste zu widerstehen, als auch nicht zu ausgeleierte Gewinde haben und beim häufigen Gebrauch von selbst herausfallen, was von noch weit fataleren Folgen sein könnte. Vorzüglich ist die Schraube zu beachten, die den Hahn hält, weil mit dieser, wenn man es nicht gleich bemerkt, auch gewöhnlich der Hahn selbst verloren geht und nicht immer gleich wieder ersetzt werden kann.

Das zweite, was die Führer von Compagnien besonders zu beaufsichtigen haben, sind die Schießübungen, und zwar Schießübungen im weitesten Sinn des Worts, da ein großer Theil unserer freiwilligen Schaaren noch wirklich nicht einmal schießen, vielweniger treffen kann. Dies müßte aber auch als wirkliche Uebung betrieben und dabei, wie es sich bei Jedem was man lernt gehört, von vorn angefangen werden.

Die Art, wie man jetzt auf unserem Schützenhaus in Leipzig und wahrscheinlich auch an vielen anderen Orten Deutschlands das Schießen betreibt, ist nicht die rechte und kann nicht oder wenigstens nur sehr schwer und langsam zum Ziele führen. Ein paar Scheiben sind dort in achtzig Schritt Entfernung aufgestellt, und Massen von Menschen drängen sich mit den verschiedensten Arten von Waffen hinzu und schießen nach der Reihe ihre scharfgeladenen Gewehre gegen das Ziel ab. Unter zehn Schüssen fehlen wenigstens sechs die Scheibe, gar nicht selten geht dabei Flinte oder Büchse (so stöckisch die ersteren auch manchmal nach drei vier und fünfmaligem

Waffenrevision und zwar keine oberflächliche, die sich damit begnügt, daß außen kein Rost an den Flinten sitzt und die Schlösser Feuer geben, sondern eine Waffenrevision von damit gründlich vertrauten Männern, die besonders alle solchen ihnen gefährlich dünkenden alten Läufe und Musketen herauswählen und sie an geeigneten Plätzen mit doppelten Ladungen, oder auf welche Art sie es sonst für nöthig finden, untersuchen, ob sie auch im Stande sind mehrmaliges Schießen auszuhalten und nicht etwa dem glücklichen Eigenthümer wie dessen Nachbarn Gefahr und Verderben bringen können. Es ist sogar für die Ruhe der Leute selbst nöthig, daß etwas derartiges geschieht, denn wer kann z. B. kaltblütig in Reih und Glied stehn und laden und schießen, wenn er bei jedem Schuß, der neben ihm geschieht, immer ängstlich erwarten muß, daß ihm ein Stück Lauf oder irgend ein schlecht angeschraubtes Schloß um die Ohren fliegt.

Jeder Einzelne hat dabei, und ebenfalls unter Aufsicht von Sachverständigen, danach zu sehen, daß die Schlösser in bester Ordnung und gut geölt, und die Federn derselben nicht in mangelhaftem Zustand sind, damit sie im Augenblick der Noth aushalten, denn alle Reparaturen, die jetzt noch mit größter Leichtigkeit und sehr wenig Kostenaufwand gemacht werden können, möchten später, und wenn es die unbedeutendsten wären, in nicht geringe Verlegenheit bringen. Ich erinnere hier nur z. B. an das Ausspringen einer einzigen Schraube, die sämmtlich ganz besonders nachgesehen werden müssen, damit sie eben so wenig dermaßen eingerostet sind, um später allen Schraubenziehern auf das hartnäckigste zu widerstehen, als auch nicht zu ausgeleierte Gewinde haben und beim häufigen Gebrauch von selbst herausfallen, was von noch weit fataleren Folgen sein könnte. Vorzüglich ist die Schraube zu beachten, die den Hahn hält, weil mit dieser, wenn man es nicht gleich bemerkt, auch gewöhnlich der Hahn selbst verloren geht und nicht immer gleich wieder ersetzt werden kann.

Das zweite, was die Führer von Compagnien besonders zu beaufsichtigen haben, sind die Schießübungen, und zwar Schießübungen im weitesten Sinn des Worts, da ein großer Theil unserer freiwilligen Schaaren noch wirklich nicht einmal schießen, vielweniger treffen kann. Dies müßte aber auch als wirkliche Uebung betrieben und dabei, wie es sich bei Jedem was man lernt gehört, von vorn angefangen werden.

Die Art, wie man jetzt auf unserem Schützenhaus in Leipzig und wahrscheinlich auch an vielen anderen Orten Deutschlands das Schießen betreibt, ist nicht die rechte und kann nicht oder wenigstens nur sehr schwer und langsam zum Ziele führen. Ein paar Scheiben sind dort in achtzig Schritt Entfernung aufgestellt, und Massen von Menschen drängen sich mit den verschiedensten Arten von Waffen hinzu und schießen nach der Reihe ihre scharfgeladenen Gewehre gegen das Ziel ab. Unter zehn Schüssen fehlen wenigstens sechs die Scheibe, gar nicht selten geht dabei Flinte oder Büchse (so stöckisch die ersteren auch manchmal nach drei vier und fünfmaligem

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[4/0004] Waffenrevision und zwar keine oberflächliche, die sich damit begnügt, daß außen kein Rost an den Flinten sitzt und die Schlösser Feuer geben, sondern eine Waffenrevision von damit gründlich vertrauten Männern, die besonders alle solchen ihnen gefährlich dünkenden alten Läufe und Musketen herauswählen und sie an geeigneten Plätzen mit doppelten Ladungen, oder auf welche Art sie es sonst für nöthig finden, untersuchen, ob sie auch im Stande sind mehrmaliges Schießen auszuhalten und nicht etwa dem glücklichen Eigenthümer wie dessen Nachbarn Gefahr und Verderben bringen können. Es ist sogar für die Ruhe der Leute selbst nöthig, daß etwas derartiges geschieht, denn wer kann z. B. kaltblütig in Reih und Glied stehn und laden und schießen, wenn er bei jedem Schuß, der neben ihm geschieht, immer ängstlich erwarten muß, daß ihm ein Stück Lauf oder irgend ein schlecht angeschraubtes Schloß um die Ohren fliegt. Jeder Einzelne hat dabei, und ebenfalls unter Aufsicht von Sachverständigen, danach zu sehen, daß die Schlösser in bester Ordnung und gut geölt, und die Federn derselben nicht in mangelhaftem Zustand sind, damit sie im Augenblick der Noth aushalten, denn alle Reparaturen, die jetzt noch mit größter Leichtigkeit und sehr wenig Kostenaufwand gemacht werden können, möchten später, und wenn es die unbedeutendsten wären, in nicht geringe Verlegenheit bringen. Ich erinnere hier nur z. B. an das Ausspringen einer einzigen Schraube, die sämmtlich ganz besonders nachgesehen werden müssen, damit sie eben so wenig dermaßen eingerostet sind, um später allen Schraubenziehern auf das hartnäckigste zu widerstehen, als auch nicht zu ausgeleierte Gewinde haben und beim häufigen Gebrauch von selbst herausfallen, was von noch weit fataleren Folgen sein könnte. Vorzüglich ist die Schraube zu beachten, die den Hahn hält, weil mit dieser, wenn man es nicht gleich bemerkt, auch gewöhnlich der Hahn selbst verloren geht und nicht immer gleich wieder ersetzt werden kann. Das zweite, was die Führer von Compagnien besonders zu beaufsichtigen haben, sind die Schießübungen, und zwar Schießübungen im weitesten Sinn des Worts, da ein großer Theil unserer freiwilligen Schaaren noch wirklich nicht einmal schießen, vielweniger treffen kann. Dies müßte aber auch als wirkliche Uebung betrieben und dabei, wie es sich bei Jedem was man lernt gehört, von vorn angefangen werden. Die Art, wie man jetzt auf unserem Schützenhaus in Leipzig und wahrscheinlich auch an vielen anderen Orten Deutschlands das Schießen betreibt, ist nicht die rechte und kann nicht oder wenigstens nur sehr schwer und langsam zum Ziele führen. Ein paar Scheiben sind dort in achtzig Schritt Entfernung aufgestellt, und Massen von Menschen drängen sich mit den verschiedensten Arten von Waffen hinzu und schießen nach der Reihe ihre scharfgeladenen Gewehre gegen das Ziel ab. Unter zehn Schüssen fehlen wenigstens sechs die Scheibe, gar nicht selten geht dabei Flinte oder Büchse (so stöckisch die ersteren auch manchmal nach drei vier und fünfmaligem

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Zitationshilfe: Gerstäcker, Friedrich: Schießwaffen. Einige Worte über den Gebrauch und die Behandlung der Büchsen und Flinten. Leipzig, [1848], S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_schiesswaffen_1848/4>, abgerufen am 25.04.2024.