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Gerstner, Franz Joseph von: Einleitung in die statische Baukunst. Prag, 1789.

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12.

Je kleiner die Gewölbsteine angenommen wer-
den, desto mehr nähert sich das erhaltene Polygon ei-
ner regulären Krümme. Ziehen wir für einen belie-
bigen Gewölbstein E F (10. Fig.) die wagerechten Li-
nien E K, F N, die Senkrechte E I, und setzen
A C E = s, E F = d s, E I = d y, F I = d x, so
ist Tang. [Formel 1] ; und wenn endlich das
beständige Verhältniß, in welchem die Tangente des
Winkels E F I mit der zugehörigen Last stehet, durch
1 : m ausgedrücket wird, so ist [Formel 2] .
Dieß ist die bekannte Gleichung für die Kettenlinie;
daher giebt uns jede Kette oder lockere Schnur, die
an beyden Enden festgemacht, und in der Mitte so
tief hinabgelassen worden, als die Höhe des Gewöl-
bes werden soll, die vortheilhafteste Zeichung der Lehr-
linie für ein Gewölb, das durchaus einerley Dicke
hat.

Geometrisch läßt sich die Kettenlinie zeichnen,
wenn wir die endliche Gleichung für ihre Coordinaten
x und y suchen. Wir haben vorhin erhalten [Formel 3] ,
daher m d y = s d x; werden hievon beyde Theile qua-
driret, und s2 d y2 zu beyden addiret, so ist (m2 + s2) d y2
[Formel 4] .

Im Scheitelpunkte ist s = o, daher y = m.
Hiedurch wird (12 Fig.) die Ordinate A N im Schei-
telpunkte, oder die Entfernung der Abscissenlinie N P
vom Scheitelpunkt der Kettenlinie A bestimmt.

Wenn
12.

Je kleiner die Gewoͤlbſteine angenommen wer-
den, deſto mehr naͤhert ſich das erhaltene Polygon ei-
ner regulaͤren Kruͤmme. Ziehen wir fuͤr einen belie-
bigen Gewoͤlbſtein E F (10. Fig.) die wagerechten Li-
nien E K, F N, die Senkrechte E I, und ſetzen
A C E = s, E F = d s, E I = d y, F I = d x, ſo
iſt Tang. [Formel 1] ; und wenn endlich das
beſtaͤndige Verhaͤltniß, in welchem die Tangente des
Winkels E F I mit der zugehoͤrigen Laſt ſtehet, durch
1 : m ausgedruͤcket wird, ſo iſt [Formel 2] .
Dieß iſt die bekannte Gleichung fuͤr die Kettenlinie;
daher giebt uns jede Kette oder lockere Schnur, die
an beyden Enden feſtgemacht, und in der Mitte ſo
tief hinabgelaſſen worden, als die Hoͤhe des Gewoͤl-
bes werden ſoll, die vortheilhafteſte Zeichung der Lehr-
linie fuͤr ein Gewoͤlb, das durchaus einerley Dicke
hat.

Geometriſch laͤßt ſich die Kettenlinie zeichnen,
wenn wir die endliche Gleichung fuͤr ihre Coordinaten
x und y ſuchen. Wir haben vorhin erhalten [Formel 3] ,
daher m d y = s d x; werden hievon beyde Theile qua-
driret, und s2 d y2 zu beyden addiret, ſo iſt (m2 + s2) d y2
[Formel 4] .

Im Scheitelpunkte iſt s = o, daher y = m.
Hiedurch wird (12 Fig.) die Ordinate A N im Schei-
telpunkte, oder die Entfernung der Abſciſſenlinie N P
vom Scheitelpunkt der Kettenlinie A beſtimmt.

Wenn
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[14/0020] 12. Je kleiner die Gewoͤlbſteine angenommen wer- den, deſto mehr naͤhert ſich das erhaltene Polygon ei- ner regulaͤren Kruͤmme. Ziehen wir fuͤr einen belie- bigen Gewoͤlbſtein E F (10. Fig.) die wagerechten Li- nien E K, F N, die Senkrechte E I, und ſetzen A C E = s, E F = d s, E I = d y, F I = d x, ſo iſt Tang. [FORMEL]; und wenn endlich das beſtaͤndige Verhaͤltniß, in welchem die Tangente des Winkels E F I mit der zugehoͤrigen Laſt ſtehet, durch 1 : m ausgedruͤcket wird, ſo iſt [FORMEL]. Dieß iſt die bekannte Gleichung fuͤr die Kettenlinie; daher giebt uns jede Kette oder lockere Schnur, die an beyden Enden feſtgemacht, und in der Mitte ſo tief hinabgelaſſen worden, als die Hoͤhe des Gewoͤl- bes werden ſoll, die vortheilhafteſte Zeichung der Lehr- linie fuͤr ein Gewoͤlb, das durchaus einerley Dicke hat. Geometriſch laͤßt ſich die Kettenlinie zeichnen, wenn wir die endliche Gleichung fuͤr ihre Coordinaten x und y ſuchen. Wir haben vorhin erhalten [FORMEL], daher m d y = s d x; werden hievon beyde Theile qua- driret, und s2 d y2 zu beyden addiret, ſo iſt (m2 + s2) d y2 [FORMEL]. Im Scheitelpunkte iſt s = o, daher y = m. Hiedurch wird (12 Fig.) die Ordinate A N im Schei- telpunkte, oder die Entfernung der Abſciſſenlinie N P vom Scheitelpunkt der Kettenlinie A beſtimmt. Wenn

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Einleitung in die statische Baukunst. Prag, 1789, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_baukunst_1789/20>, abgerufen am 18.04.2024.