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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Rad an der Welle.
gengestelles dienen, womit auch die Fahrbahn belegt wird, um die Last über die Uneben-
heiten des Bodens leichter fortzubringen. Statt der Wagenräder werden massive Walzen
angewendet, und die zu beiden Seiten der Fahrbahn aufgestellten Erdwinden, wer-
den noch durch Flaschenzüge verstärkt, so wie es bei der Fortschaffung des Felsens,
auf welchen das Monument Peter des Grossen zu St. Petersburg gestellt wurde, ge-
schehen ist.

Bei Bergwerken, wo die Tiefe sowohl als auch die Last, die in einem Tage heraus-
gebracht werden muss, sehr gross ist, pflegt man zur Betreibung der Winde die Kraft der
Pferde anzuwenden, und in diesem Falle wird sie Göpel oder Treibmaschine ge-
nannt. Wir werden diesem Gegenstande später eine eigene Abhandlung widmen.

§. 86.

Bei allen angeführten Maschinen wird die Last mittelst eines um die Welle ge-
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schlungenen Seiles angezogen oder in Bewegung gesetzt, und da dieses Seil in allen
Punkten seiner Länge gleichstark gespannt ist, so ist der Ort, wo die Last ihre Wirkung
gegen die Maschine äussert, eigentlich der Punkt B, wo nämlich das Seil den Umkreis
der Welle berührt. Die Richtung der Last kommt offenbar mit der Richtung des Seiles
überein, nnd da diese mit dem Halbmesser der Welle einen rechten Winkel bildet, so
können wir uns unter der Last eine Kraft vorstellen, die in dem Punkte B an dem He-
belsarme B C rechtwinkelig angebracht ist. Hiebei ist zugleich ersichtlich, dass unter
dem Hebelsarme der Last B C eigentlich die Summe der Halbmesser der Welle und des
Seiles verstanden werden müsse, und dass der letztere nur in dem Falle ausser Acht ge-
lassen werden dürfe, wenn der Durchmesser der Welle so gross und dagegen der Durch-
messer des Seiles so klein ist, dass der letztere als unbedeutend vernachlässigt werden
kann. Auf gleiche Art muss auch die in D angebrachte Kraft ihre Wirkung nach der
Richtung der Peripherie, folglich winkelrecht auf den Halbmesser C D äussern, wir kön-
nen uns demnach auch den Halbmesser des Rades D C als einen Hebelsarm vorstellen, an
welchem die Kraft winkelrecht wirkt, und da die Achse C für beide den unveränderlichen
Stützpunkt abgibt, so gab der Umstand, dass alle Halbmesser eines jeden Kreises einan-
der gleich sind, den Anlass, das Rad an der Welle als einen Hebel ohne Ende zu be-
trachten, mittelst welchen die Last von der an einer und derselben Stelle verharren-
den Kraft auf eine willkührliche Höhe gehoben werden kann; ein Vortheil, welcher dem
einfachen Hebel nicht zukommt. Daraus ist nun ersichtlich, dass sich in allen Punkten
die Kraft zur Last verhält, wie der Hebelsarm B C zu D C, oder wie
der
(um den Halbmesser des Seils vermehrte) Halbmesser der Welle zum
Halbmesser des Rades
.

§. 87.

Wir kommen nun zur Erklärung der Regeln, welche bei dem Gebrauche aller dieser
Maschinen und zur Bewirkung ihres grösstmöglichen Effektes zu beobachten sind. Zur
nöthigen Deutlichkeit wollen wir sogleich einen besondern Fall annehmen, hiebei aber
auch die Abweichungen für die übrigen Fälle erklären. Es seyen mittelst eines
Hornhaspels Baumaterialien auf das Baugerüst eines Gebäudes, oder

Rad an der Welle.
gengestelles dienen, womit auch die Fahrbahn belegt wird, um die Last über die Uneben-
heiten des Bodens leichter fortzubringen. Statt der Wagenräder werden massive Walzen
angewendet, und die zu beiden Seiten der Fahrbahn aufgestellten Erdwinden, wer-
den noch durch Flaschenzüge verstärkt, so wie es bei der Fortschaffung des Felsens,
auf welchen das Monument Peter des Grossen zu St. Petersburg gestellt wurde, ge-
schehen ist.

Bei Bergwerken, wo die Tiefe sowohl als auch die Last, die in einem Tage heraus-
gebracht werden muss, sehr gross ist, pflegt man zur Betreibung der Winde die Kraft der
Pferde anzuwenden, und in diesem Falle wird sie Göpel oder Treibmaschine ge-
nannt. Wir werden diesem Gegenstande später eine eigene Abhandlung widmen.

§. 86.

Bei allen angeführten Maschinen wird die Last mittelst eines um die Welle ge-
Fig.
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schlungenen Seiles angezogen oder in Bewegung gesetzt, und da dieses Seil in allen
Punkten seiner Länge gleichstark gespannt ist, so ist der Ort, wo die Last ihre Wirkung
gegen die Maschine äussert, eigentlich der Punkt B, wo nämlich das Seil den Umkreis
der Welle berührt. Die Richtung der Last kommt offenbar mit der Richtung des Seiles
überein, nnd da diese mit dem Halbmesser der Welle einen rechten Winkel bildet, so
können wir uns unter der Last eine Kraft vorstellen, die in dem Punkte B an dem He-
belsarme B C rechtwinkelig angebracht ist. Hiebei ist zugleich ersichtlich, dass unter
dem Hebelsarme der Last B C eigentlich die Summe der Halbmesser der Welle und des
Seiles verstanden werden müsse, und dass der letztere nur in dem Falle ausser Acht ge-
lassen werden dürfe, wenn der Durchmesser der Welle so gross und dagegen der Durch-
messer des Seiles so klein ist, dass der letztere als unbedeutend vernachlässigt werden
kann. Auf gleiche Art muss auch die in D angebrachte Kraft ihre Wirkung nach der
Richtung der Peripherie, folglich winkelrecht auf den Halbmesser C D äussern, wir kön-
nen uns demnach auch den Halbmesser des Rades D C als einen Hebelsarm vorstellen, an
welchem die Kraft winkelrecht wirkt, und da die Achse C für beide den unveränderlichen
Stützpunkt abgibt, so gab der Umstand, dass alle Halbmesser eines jeden Kreises einan-
der gleich sind, den Anlass, das Rad an der Welle als einen Hebel ohne Ende zu be-
trachten, mittelst welchen die Last von der an einer und derselben Stelle verharren-
den Kraft auf eine willkührliche Höhe gehoben werden kann; ein Vortheil, welcher dem
einfachen Hebel nicht zukommt. Daraus ist nun ersichtlich, dass sich in allen Punkten
die Kraft zur Last verhält, wie der Hebelsarm B C zu D C, oder wie
der
(um den Halbmesser des Seils vermehrte) Halbmesser der Welle zum
Halbmesser des Rades
.

§. 87.

Wir kommen nun zur Erklärung der Regeln, welche bei dem Gebrauche aller dieser
Maschinen und zur Bewirkung ihres grösstmöglichen Effektes zu beobachten sind. Zur
nöthigen Deutlichkeit wollen wir sogleich einen besondern Fall annehmen, hiebei aber
auch die Abweichungen für die übrigen Fälle erklären. Es seyen mittelst eines
Hornhaspels Baumaterialien auf das Baugerüst eines Gebäudes, oder

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[100/0130] Rad an der Welle. gengestelles dienen, womit auch die Fahrbahn belegt wird, um die Last über die Uneben- heiten des Bodens leichter fortzubringen. Statt der Wagenräder werden massive Walzen angewendet, und die zu beiden Seiten der Fahrbahn aufgestellten Erdwinden, wer- den noch durch Flaschenzüge verstärkt, so wie es bei der Fortschaffung des Felsens, auf welchen das Monument Peter des Grossen zu St. Petersburg gestellt wurde, ge- schehen ist. Bei Bergwerken, wo die Tiefe sowohl als auch die Last, die in einem Tage heraus- gebracht werden muss, sehr gross ist, pflegt man zur Betreibung der Winde die Kraft der Pferde anzuwenden, und in diesem Falle wird sie Göpel oder Treibmaschine ge- nannt. Wir werden diesem Gegenstande später eine eigene Abhandlung widmen. §. 86. Bei allen angeführten Maschinen wird die Last mittelst eines um die Welle ge- schlungenen Seiles angezogen oder in Bewegung gesetzt, und da dieses Seil in allen Punkten seiner Länge gleichstark gespannt ist, so ist der Ort, wo die Last ihre Wirkung gegen die Maschine äussert, eigentlich der Punkt B, wo nämlich das Seil den Umkreis der Welle berührt. Die Richtung der Last kommt offenbar mit der Richtung des Seiles überein, nnd da diese mit dem Halbmesser der Welle einen rechten Winkel bildet, so können wir uns unter der Last eine Kraft vorstellen, die in dem Punkte B an dem He- belsarme B C rechtwinkelig angebracht ist. Hiebei ist zugleich ersichtlich, dass unter dem Hebelsarme der Last B C eigentlich die Summe der Halbmesser der Welle und des Seiles verstanden werden müsse, und dass der letztere nur in dem Falle ausser Acht ge- lassen werden dürfe, wenn der Durchmesser der Welle so gross und dagegen der Durch- messer des Seiles so klein ist, dass der letztere als unbedeutend vernachlässigt werden kann. Auf gleiche Art muss auch die in D angebrachte Kraft ihre Wirkung nach der Richtung der Peripherie, folglich winkelrecht auf den Halbmesser C D äussern, wir kön- nen uns demnach auch den Halbmesser des Rades D C als einen Hebelsarm vorstellen, an welchem die Kraft winkelrecht wirkt, und da die Achse C für beide den unveränderlichen Stützpunkt abgibt, so gab der Umstand, dass alle Halbmesser eines jeden Kreises einan- der gleich sind, den Anlass, das Rad an der Welle als einen Hebel ohne Ende zu be- trachten, mittelst welchen die Last von der an einer und derselben Stelle verharren- den Kraft auf eine willkührliche Höhe gehoben werden kann; ein Vortheil, welcher dem einfachen Hebel nicht zukommt. Daraus ist nun ersichtlich, dass sich in allen Punkten die Kraft zur Last verhält, wie der Hebelsarm B C zu D C, oder wie der (um den Halbmesser des Seils vermehrte) Halbmesser der Welle zum Halbmesser des Rades. Fig. 1. Tab. 3. §. 87. Wir kommen nun zur Erklärung der Regeln, welche bei dem Gebrauche aller dieser Maschinen und zur Bewirkung ihres grösstmöglichen Effektes zu beobachten sind. Zur nöthigen Deutlichkeit wollen wir sogleich einen besondern Fall annehmen, hiebei aber auch die Abweichungen für die übrigen Fälle erklären. Es seyen mittelst eines Hornhaspels Baumaterialien auf das Baugerüst eines Gebäudes, oder

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/130>, abgerufen am 28.03.2024.