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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Probierwage.
klein, so ist x = [Formel 1] = 29,7 p; wenn daher p = 1 Gran ist, so wird der Aus-
schlag 29,7 Linien betragen. Sind jedoch die Gewichte 2 P gross, z. B.
= 2 Lb = 2 . 32 . 240 Gran, so beträgt der sich ergebende Ausschlag, von p = 1 Gran
x = [Formel 2] = 9,97 Linien. Da man nun an der Skale 1/5 Linie
noch sehr wohl unterscheiden kann, so wird die Empfindlichkeit dieser Wage, wenn
auf beiden Seiten 2 Lb = 2 P gewogen werden, noch bis zu 1/50 Gran oder bis zu dem
768000ten Theil der aufgelegten Gewichte bemerkbar seyn.

Eine grössere Genauigkeit und eine noch grössere Empfindlichkeit würde diese
Wage erhalten haben, wenn die Entfernung e = 0,07 Linien hätte beseitigt werden kön-
nen, und auf solche Art die Empfindlichkeit nur von dem Gewichte des Wagebalkens
allein abhängig gemacht worden wäre. Man hat aber diesen Gegenstand nicht so wichtig
gefunden, um hierauf noch die hiezu erforderliche Zeit des Künstlers zu verwenden.

§. 180.
Fig.
1.
Tab.
9.

Die Schnellwage besteht aus einem Hebel a c b, dessen Arme a c und c b von
ungleicher Länge sind. An dem kürzern wird die Waare W, welche gewogen werden
soll, an dem längern Arme aber ein bestimmtes unveränderliches Gewicht P angehängt;
das letztere, welches man Laufgewicht nennt, wird bei dem Abwägen von der Achse
so weit hinausgeschoben, bis der Wagebalken horizontal steht, und Gleichgewicht
erfolgt. Weil man bei dieser Wage nur ein einziges Gewicht braucht, folglich den Stand
des Gleichgewichtes schneller erfahren kann, als es bei einer Krämerwage durch Zulage
und Wegnahme der Schalengewichte der Fall ist, so heisst sie Schnellwage, und weil
sie bei den Römern sehr im Gebrauche war, auch die Römische Wage. Man bedient
sich derselben jedoch bei uns meistentheils nur zum Abwägen grosser Lasten,
wo sie also den Vortheil gewährt, dass man die vielen Gewichte, welche bei einer Krä-
merwage eben so gross als die Waare seyn müssen, erspart.

Da der längere Hebelsarm dieser Wage, wenn grosse Lasten z. B. beladene Wägen
gewogen werden sollen, 12 bis 15 Fuss und auch mehr beträgt, folglich auch das Lauf-
gewicht von der Achse der Wage so weit verschoben wird, so wäre es schwierig und un-
bequem, den horizontalen Stand durch eine über der Achse befestigte Zunge zu erkennen,
indem man fortwährend das Laufgewicht verrücken, sodann wieder zur Zunge zurückkehren
und dort nachsehen müsste. Man lässt daher bei grossen Schnellwagen die Zunge über
der Achse weg, und befestigt auf dem Laufgewichte eine Schrot- oder Setz-
wage
, welche sammt dem Laufgewichte bei dem Abwägen hin- und hergeschoben
Fig.
9.
wird. Diese Schrotwage m o n ruht auf zwei Rollen, die ihr zugleich die Eigenschaft
der leichten Beweglichkeit geben. Von dem Punkte o hängt ein Loth o p herab, wel-
ches durch sein Einspielen in den bezeichneten Punkt zu erkennen gibt, ob der Wa-
gebalken horizontal steht.

§. 181.

Aus der vorstehenden Erklärung ergeben sich die nothwendigen Eigenschaf-
ten einer guten Schnellwage
. Sie muss erstens das Gleichgewicht durch ihren

Probierwage.
klein, so ist x = [Formel 1] = 29,7 p; wenn daher p = 1 Gran ist, so wird der Aus-
schlag 29,7 Linien betragen. Sind jedoch die Gewichte 2 P gross, z. B.
= 2 ℔ = 2 . 32 . 240 Gran, so beträgt der sich ergebende Ausschlag, von p = 1 Gran
x = [Formel 2] = 9,97 Linien. Da man nun an der Skale ⅕ Linie
noch sehr wohl unterscheiden kann, so wird die Empfindlichkeit dieser Wage, wenn
auf beiden Seiten 2 ℔ = 2 P gewogen werden, noch bis zu 1/50 Gran oder bis zu dem
768000ten Theil der aufgelegten Gewichte bemerkbar seyn.

Eine grössere Genauigkeit und eine noch grössere Empfindlichkeit würde diese
Wage erhalten haben, wenn die Entfernung e = 0,07 Linien hätte beseitigt werden kön-
nen, und auf solche Art die Empfindlichkeit nur von dem Gewichte des Wagebalkens
allein abhängig gemacht worden wäre. Man hat aber diesen Gegenstand nicht so wichtig
gefunden, um hierauf noch die hiezu erforderliche Zeit des Künstlers zu verwenden.

§. 180.
Fig.
1.
Tab.
9.

Die Schnellwage besteht aus einem Hebel a c b, dessen Arme a c und c b von
ungleicher Länge sind. An dem kürzern wird die Waare W, welche gewogen werden
soll, an dem längern Arme aber ein bestimmtes unveränderliches Gewicht P angehängt;
das letztere, welches man Laufgewicht nennt, wird bei dem Abwägen von der Achse
so weit hinausgeschoben, bis der Wagebalken horizontal steht, und Gleichgewicht
erfolgt. Weil man bei dieser Wage nur ein einziges Gewicht braucht, folglich den Stand
des Gleichgewichtes schneller erfahren kann, als es bei einer Krämerwage durch Zulage
und Wegnahme der Schalengewichte der Fall ist, so heisst sie Schnellwage, und weil
sie bei den Römern sehr im Gebrauche war, auch die Römische Wage. Man bedient
sich derselben jedoch bei uns meistentheils nur zum Abwägen grosser Lasten,
wo sie also den Vortheil gewährt, dass man die vielen Gewichte, welche bei einer Krä-
merwage eben so gross als die Waare seyn müssen, erspart.

Da der längere Hebelsarm dieser Wage, wenn grosse Lasten z. B. beladene Wägen
gewogen werden sollen, 12 bis 15 Fuss und auch mehr beträgt, folglich auch das Lauf-
gewicht von der Achse der Wage so weit verschoben wird, so wäre es schwierig und un-
bequem, den horizontalen Stand durch eine über der Achse befestigte Zunge zu erkennen,
indem man fortwährend das Laufgewicht verrücken, sodann wieder zur Zunge zurückkehren
und dort nachsehen müsste. Man lässt daher bei grossen Schnellwagen die Zunge über
der Achse weg, und befestigt auf dem Laufgewichte eine Schrot- oder Setz-
wage
, welche sammt dem Laufgewichte bei dem Abwägen hin- und hergeschoben
Fig.
9.
wird. Diese Schrotwage m o n ruht auf zwei Rollen, die ihr zugleich die Eigenschaft
der leichten Beweglichkeit geben. Von dem Punkte o hängt ein Loth o p herab, wel-
ches durch sein Einspielen in den bezeichneten Punkt zu erkennen gibt, ob der Wa-
gebalken horizontal steht.

§. 181.

Aus der vorstehenden Erklärung ergeben sich die nothwendigen Eigenschaf-
ten einer guten Schnellwage
. Sie muss erstens das Gleichgewicht durch ihren

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[186/0216] Probierwage. klein, so ist x = [FORMEL] = 29,7 p; wenn daher p = 1 Gran ist, so wird der Aus- schlag 29,7 Linien betragen. Sind jedoch die Gewichte 2 P gross, z. B. = 2 ℔ = 2 . 32 . 240 Gran, so beträgt der sich ergebende Ausschlag, von p = 1 Gran x = [FORMEL] = 9,97 Linien. Da man nun an der Skale ⅕ Linie noch sehr wohl unterscheiden kann, so wird die Empfindlichkeit dieser Wage, wenn auf beiden Seiten 2 ℔ = 2 P gewogen werden, noch bis zu 1/50 Gran oder bis zu dem 768000ten Theil der aufgelegten Gewichte bemerkbar seyn. Eine grössere Genauigkeit und eine noch grössere Empfindlichkeit würde diese Wage erhalten haben, wenn die Entfernung e = 0,07 Linien hätte beseitigt werden kön- nen, und auf solche Art die Empfindlichkeit nur von dem Gewichte des Wagebalkens allein abhängig gemacht worden wäre. Man hat aber diesen Gegenstand nicht so wichtig gefunden, um hierauf noch die hiezu erforderliche Zeit des Künstlers zu verwenden. §. 180. Die Schnellwage besteht aus einem Hebel a c b, dessen Arme a c und c b von ungleicher Länge sind. An dem kürzern wird die Waare W, welche gewogen werden soll, an dem längern Arme aber ein bestimmtes unveränderliches Gewicht P angehängt; das letztere, welches man Laufgewicht nennt, wird bei dem Abwägen von der Achse so weit hinausgeschoben, bis der Wagebalken horizontal steht, und Gleichgewicht erfolgt. Weil man bei dieser Wage nur ein einziges Gewicht braucht, folglich den Stand des Gleichgewichtes schneller erfahren kann, als es bei einer Krämerwage durch Zulage und Wegnahme der Schalengewichte der Fall ist, so heisst sie Schnellwage, und weil sie bei den Römern sehr im Gebrauche war, auch die Römische Wage. Man bedient sich derselben jedoch bei uns meistentheils nur zum Abwägen grosser Lasten, wo sie also den Vortheil gewährt, dass man die vielen Gewichte, welche bei einer Krä- merwage eben so gross als die Waare seyn müssen, erspart. Da der längere Hebelsarm dieser Wage, wenn grosse Lasten z. B. beladene Wägen gewogen werden sollen, 12 bis 15 Fuss und auch mehr beträgt, folglich auch das Lauf- gewicht von der Achse der Wage so weit verschoben wird, so wäre es schwierig und un- bequem, den horizontalen Stand durch eine über der Achse befestigte Zunge zu erkennen, indem man fortwährend das Laufgewicht verrücken, sodann wieder zur Zunge zurückkehren und dort nachsehen müsste. Man lässt daher bei grossen Schnellwagen die Zunge über der Achse weg, und befestigt auf dem Laufgewichte eine Schrot- oder Setz- wage, welche sammt dem Laufgewichte bei dem Abwägen hin- und hergeschoben wird. Diese Schrotwage m o n ruht auf zwei Rollen, die ihr zugleich die Eigenschaft der leichten Beweglichkeit geben. Von dem Punkte o hängt ein Loth o p herab, wel- ches durch sein Einspielen in den bezeichneten Punkt zu erkennen gibt, ob der Wa- gebalken horizontal steht. Fig. 9. §. 181. Aus der vorstehenden Erklärung ergeben sich die nothwendigen Eigenschaf- ten einer guten Schnellwage. Sie muss erstens das Gleichgewicht durch ihren

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/216>, abgerufen am 28.03.2024.