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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Eigene Versuche über das Eisen.
gewichtes erhalten sollte. Nach der Verschiebung des Laufgewichtes von einer Abthei-
lung zur andern wurde nämlich die Stellschraube so weit nachgelassen, bis das Laufge-
wicht frei wurde und der Draht die ganze Spannung erhielt. Nunmehr wurde die Aus-
dehnung des Drahtes am Zeiger beobachtet, und vor der abermaligen Verschiebung die
Schraube unter dem Hebel so weit erhöht, bis sie ihn berührte, ohne eine Aenderung am
Zeiger zu bewirken. Dann wurde das Laufgewicht abermals verschoben und so fortge-
fahren, bis der Draht die Spannkraft des Laufgewichtes nicht mehr aushalten konnte,
und bei dem Niedrigerstellen der Schraube zerriss. Hiebei ist noch zu bemerken, dass
nach jeder Verrückung des Laufgewichtes eine Zeit von 10 bis 12 Minuten abgewartet,
und hierauf erst die Ausdehnung des geprüften Drahtes an der Skale in dem erwähn-
ten 54mal grössern Maasse gemessen wurde.

Um die Durchmesser der versuchten Drähte genau zu bestimmen, wur-
den dieselben auf einen grösseren Cylinder gewunden, dabei fest an einander gescho-
ben und die Windungen abgezählt, wie viele sich in einem bestimmten Raume befanden.
Aus diesen Ausmessungen wurde nun der Durchmesser eines jeden einzelnen Drahtes bei
allen folgenden Versuchen berechnet.

§. 259.

Wir wollen nunmehr von den angestellten vielen Versuchen einen umständlich mitthei-
len, und hiezu jenen wählen, welcher mit einem Clavierdrahte von [Formel 1] = 0,3 Linien
im Durchmesser gemacht wurde.

Bei dem ersten Versuche wurde ein Laufgewicht von 4 Lb auf die erste Entfer-
nung C 1 = C m = 21/2'' mit Vorsicht aufgelegt, die Spannung des Drahtes m n war daher
auch 4 Lb; seine Ausdehnung betrug nach Verlauf einer Zeit von 10 bis 12 Minuten an
der Skale A D gemessen 14 Linien, folglich die wahre Ausdehnung des Drahtes bei m
bloss [Formel 2] = 0,2593 Linien. Hierauf wurde das Laufgewicht abgenommen, und der Draht
ging auf seine vorige Länge zurück.

Bei dem zweiten Versuche wurden die 4 Lb abermals in 1 aufgelegt, und der
Draht zeigte wieder in A die Ausdehnung von 14 Linien. Itzt wurde das Laufgewicht auf die
zweite Entfernung oder 5 Zoll von der Achse verschoben, und die Ausdehnung betrug auf
der Skale bei A gemessen 28 Linien, folglich war die wirkliche Ausdehnung des Drahtes
m n = [Formel 3] = 0,5185 Linien.

Nun schob man das Laufgewicht von 2 nach 1 zurück, wobei der Zeiger auf der
Höhe von 14 Linien stehen blieb, und als das Laufgewicht aufgehoben wurde, kam der
Zeiger bei einer gelinden Berührung auf 1.

Bei dem dritten Versuche wurde das Laufgewicht abermals mit aller Vorsicht
auf die erste Abtheilung bei 1 gestellt; es zeigten sich an der Skale 14 Linien; als das
Laufgewicht auf 2 kam, zeigte die Skale 28, als dasselbe aber auf die dritte Abtheilung
kam, zeigte die Skale 43 Linien. Demnach war die grösste Ausdehnung die durch

Eigene Versuche über das Eisen.
gewichtes erhalten sollte. Nach der Verschiebung des Laufgewichtes von einer Abthei-
lung zur andern wurde nämlich die Stellschraube so weit nachgelassen, bis das Laufge-
wicht frei wurde und der Draht die ganze Spannung erhielt. Nunmehr wurde die Aus-
dehnung des Drahtes am Zeiger beobachtet, und vor der abermaligen Verschiebung die
Schraube unter dem Hebel so weit erhöht, bis sie ihn berührte, ohne eine Aenderung am
Zeiger zu bewirken. Dann wurde das Laufgewicht abermals verschoben und so fortge-
fahren, bis der Draht die Spannkraft des Laufgewichtes nicht mehr aushalten konnte,
und bei dem Niedrigerstellen der Schraube zerriss. Hiebei ist noch zu bemerken, dass
nach jeder Verrückung des Laufgewichtes eine Zeit von 10 bis 12 Minuten abgewartet,
und hierauf erst die Ausdehnung des geprüften Drahtes an der Skale in dem erwähn-
ten 54mal grössern Maasse gemessen wurde.

Um die Durchmesser der versuchten Drähte genau zu bestimmen, wur-
den dieselben auf einen grösseren Cylinder gewunden, dabei fest an einander gescho-
ben und die Windungen abgezählt, wie viele sich in einem bestimmten Raume befanden.
Aus diesen Ausmessungen wurde nun der Durchmesser eines jeden einzelnen Drahtes bei
allen folgenden Versuchen berechnet.

§. 259.

Wir wollen nunmehr von den angestellten vielen Versuchen einen umständlich mitthei-
len, und hiezu jenen wählen, welcher mit einem Clavierdrahte von [Formel 1] = 0,3 Linien
im Durchmesser gemacht wurde.

Bei dem ersten Versuche wurde ein Laufgewicht von 4 ℔ auf die erste Entfer-
nung C 1 = C m = 2½'' mit Vorsicht aufgelegt, die Spannung des Drahtes m n war daher
auch 4 ℔; seine Ausdehnung betrug nach Verlauf einer Zeit von 10 bis 12 Minuten an
der Skale A D gemessen 14 Linien, folglich die wahre Ausdehnung des Drahtes bei m
bloss [Formel 2] = 0,2593 Linien. Hierauf wurde das Laufgewicht abgenommen, und der Draht
ging auf seine vorige Länge zurück.

Bei dem zweiten Versuche wurden die 4 ℔ abermals in 1 aufgelegt, und der
Draht zeigte wieder in A die Ausdehnung von 14 Linien. Itzt wurde das Laufgewicht auf die
zweite Entfernung oder 5 Zoll von der Achse verschoben, und die Ausdehnung betrug auf
der Skale bei A gemessen 28 Linien, folglich war die wirkliche Ausdehnung des Drahtes
m n = [Formel 3] = 0,5185 Linien.

Nun schob man das Laufgewicht von 2 nach 1 zurück, wobei der Zeiger auf der
Höhe von 14 Linien stehen blieb, und als das Laufgewicht aufgehoben wurde, kam der
Zeiger bei einer gelinden Berührung auf 1.

Bei dem dritten Versuche wurde das Laufgewicht abermals mit aller Vorsicht
auf die erste Abtheilung bei 1 gestellt; es zeigten sich an der Skale 14 Linien; als das
Laufgewicht auf 2 kam, zeigte die Skale 28, als dasselbe aber auf die dritte Abtheilung
kam, zeigte die Skale 43 Linien. Demnach war die grösste Ausdehnung die durch

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[261/0291] Eigene Versuche über das Eisen. gewichtes erhalten sollte. Nach der Verschiebung des Laufgewichtes von einer Abthei- lung zur andern wurde nämlich die Stellschraube so weit nachgelassen, bis das Laufge- wicht frei wurde und der Draht die ganze Spannung erhielt. Nunmehr wurde die Aus- dehnung des Drahtes am Zeiger beobachtet, und vor der abermaligen Verschiebung die Schraube unter dem Hebel so weit erhöht, bis sie ihn berührte, ohne eine Aenderung am Zeiger zu bewirken. Dann wurde das Laufgewicht abermals verschoben und so fortge- fahren, bis der Draht die Spannkraft des Laufgewichtes nicht mehr aushalten konnte, und bei dem Niedrigerstellen der Schraube zerriss. Hiebei ist noch zu bemerken, dass nach jeder Verrückung des Laufgewichtes eine Zeit von 10 bis 12 Minuten abgewartet, und hierauf erst die Ausdehnung des geprüften Drahtes an der Skale in dem erwähn- ten 54mal grössern Maasse gemessen wurde. Um die Durchmesser der versuchten Drähte genau zu bestimmen, wur- den dieselben auf einen grösseren Cylinder gewunden, dabei fest an einander gescho- ben und die Windungen abgezählt, wie viele sich in einem bestimmten Raume befanden. Aus diesen Ausmessungen wurde nun der Durchmesser eines jeden einzelnen Drahtes bei allen folgenden Versuchen berechnet. §. 259. Wir wollen nunmehr von den angestellten vielen Versuchen einen umständlich mitthei- len, und hiezu jenen wählen, welcher mit einem Clavierdrahte von [FORMEL] = 0,3 Linien im Durchmesser gemacht wurde. Bei dem ersten Versuche wurde ein Laufgewicht von 4 ℔ auf die erste Entfer- nung C 1 = C m = 2½'' mit Vorsicht aufgelegt, die Spannung des Drahtes m n war daher auch 4 ℔; seine Ausdehnung betrug nach Verlauf einer Zeit von 10 bis 12 Minuten an der Skale A D gemessen 14 Linien, folglich die wahre Ausdehnung des Drahtes bei m bloss [FORMEL] = 0,2593 Linien. Hierauf wurde das Laufgewicht abgenommen, und der Draht ging auf seine vorige Länge zurück. Bei dem zweiten Versuche wurden die 4 ℔ abermals in 1 aufgelegt, und der Draht zeigte wieder in A die Ausdehnung von 14 Linien. Itzt wurde das Laufgewicht auf die zweite Entfernung oder 5 Zoll von der Achse verschoben, und die Ausdehnung betrug auf der Skale bei A gemessen 28 Linien, folglich war die wirkliche Ausdehnung des Drahtes m n = [FORMEL] = 0,5185 Linien. Nun schob man das Laufgewicht von 2 nach 1 zurück, wobei der Zeiger auf der Höhe von 14 Linien stehen blieb, und als das Laufgewicht aufgehoben wurde, kam der Zeiger bei einer gelinden Berührung auf 1. Bei dem dritten Versuche wurde das Laufgewicht abermals mit aller Vorsicht auf die erste Abtheilung bei 1 gestellt; es zeigten sich an der Skale 14 Linien; als das Laufgewicht auf 2 kam, zeigte die Skale 28, als dasselbe aber auf die dritte Abtheilung kam, zeigte die Skale 43 Linien. Demnach war die grösste Ausdehnung die durch

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/291>, abgerufen am 28.03.2024.