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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Krämerwage.
§. 171.
Fig.
6.
Tab.
8.

Obgleich aus dieser Gleichung der Winkel, um welchen die Wage vom wagerechten
Stande abweicht, sehr leicht berechnet werden kann, so lässt sich doch in praktischer
Hinsicht die Genauigkeit der Wage leichter aus dem Ausschlage x oder h f als aus dem
Winkel a beurtheilen.

Soll nun x oder der Ausschlag gross seyn, so muss dafür gesorgt werden, dass der
Bruch [Formel 1] gross werde
, folglich der Zähler gross und der Nenner
klein sey. In dieser Hinsicht erfolgt ein grosser Ausschlag, wenn

1tens. p oder das Zulagsgewicht gross ist. Nachdem es aber in der Bedingniss unserer
Aufgabe liegt, dass ein kleines p einen grossen Ausschlag geben soll, so kann
hieraus nichts weiter geschlossen werden, als dass überhaupt grössere Zulagsge-
wichte einen grössern, kleinere Zulagsgewichte einen kleinern Ausschlag geben.
2tens. Der Ausschlag ist gross, wenn a oder der Wagebalken-Arm lang ist. Dess-
halb gibt ein Wagebalken mit längern Armen bei demselben Zulagsgewichte einen
bedeutendern Ausschlag, als ein Wagebalken mit kürzern Armen.
3tens. Wenn y oder die Höhe des horizontalen Ausschlages h f über der Achse c
oder die Länge der Zunge c f gross ist. Diess folgt schon daraus, weil überhaupt
für denselben Winkel die Länge des Bogens g f, folglich auch der Sinus h f um so
grösser ausfällt, je länger der Radius oder die Zunge c f gemacht wird.
4tens. Der Ausschlag ist ferner gross, wenn 2 P + p, oder die Summe der abzu-
wägenden Gewichte nicht gross ist. Man findet desshalb gewöhnlich, dass der
Ausschlag h f, der von einem bestimmten Zulagsgewichte bewirkt wird, um so
kleiner ausfällt, je grösser die Gewichte sind, die auf die Wagschalen gelegt
werden. Wenn man z. B. auf jede Wagschale 1 Lb legt, und den Ausschlag h f
misst, der von einem zugelegten Lothe bewirkt wird, so wird gewöhnlich dersel-
be Ausschlag bedeutend kleiner, wenn zu dem Gewichte in jeder Wagschale noch
20 oder 50 Lb zugelegt werden.
5tens. Der Ausschlag x wird auch gross, wenn e oder die Entfernung c o der Achse
von der Verbindungslinie a b der beiden Aufhängspunkte klein ist. Da die Linie
a b sowohl unter, als auch über die Achse c gestellt werden kann, so kann auch der
Fall eintreten, dass diese Linie durch die Achse selbst geht, in welchem Falle e = 0
und [Formel 2] ist. Da nun a, B und b bei einer und derselben Wage immer ei-
nerlei Werthe haben, so ist, wenn zwei verschiedene Gewichte p und p' zugelegt wer-
den [Formel 3] = p : p', d. h. die Tangente des Ausschlagswinkels (oder [Formel 4] = tang. a)
ist genau bloss dem Zulagsgewichte p proportional; sie bleibt demnach dieselbe,
es mögen grosse oder kleine Gewichte W und P gewogen werden. Diese Wage ist
sodann die empfindlichste und gibt den grössten Ausschlag, weil dersel-
be vom Gewichte des Wagebalkens allein abhängt. Wenn man daher bei einer sol-
chen Wage auf eine Wagschale z. B. zehn Gran = p zulegt und findet, dass der
Ausschlag eine Linie = x beträgt, so kann man oben in der Linie h f eine Skale
Krämerwage.
§. 171.
Fig.
6.
Tab.
8.

Obgleich aus dieser Gleichung der Winkel, um welchen die Wage vom wagerechten
Stande abweicht, sehr leicht berechnet werden kann, so lässt sich doch in praktischer
Hinsicht die Genauigkeit der Wage leichter aus dem Ausschlage x oder h f als aus dem
Winkel α beurtheilen.

Soll nun x oder der Ausschlag gross seyn, so muss dafür gesorgt werden, dass der
Bruch [Formel 1] gross werde
, folglich der Zähler gross und der Nenner
klein sey. In dieser Hinsicht erfolgt ein grosser Ausschlag, wenn

1tens. p oder das Zulagsgewicht gross ist. Nachdem es aber in der Bedingniss unserer
Aufgabe liegt, dass ein kleines p einen grossen Ausschlag geben soll, so kann
hieraus nichts weiter geschlossen werden, als dass überhaupt grössere Zulagsge-
wichte einen grössern, kleinere Zulagsgewichte einen kleinern Ausschlag geben.
2tens. Der Ausschlag ist gross, wenn a oder der Wagebalken-Arm lang ist. Dess-
halb gibt ein Wagebalken mit längern Armen bei demselben Zulagsgewichte einen
bedeutendern Ausschlag, als ein Wagebalken mit kürzern Armen.
3tens. Wenn y oder die Höhe des horizontalen Ausschlages h f über der Achse c
oder die Länge der Zunge c f gross ist. Diess folgt schon daraus, weil überhaupt
für denselben Winkel die Länge des Bogens g f, folglich auch der Sinus h f um so
grösser ausfällt, je länger der Radius oder die Zunge c f gemacht wird.
4tens. Der Ausschlag ist ferner gross, wenn 2 P + p, oder die Summe der abzu-
wägenden Gewichte nicht gross ist. Man findet desshalb gewöhnlich, dass der
Ausschlag h f, der von einem bestimmten Zulagsgewichte bewirkt wird, um so
kleiner ausfällt, je grösser die Gewichte sind, die auf die Wagschalen gelegt
werden. Wenn man z. B. auf jede Wagschale 1 ℔ legt, und den Ausschlag h f
misst, der von einem zugelegten Lothe bewirkt wird, so wird gewöhnlich dersel-
be Ausschlag bedeutend kleiner, wenn zu dem Gewichte in jeder Wagschale noch
20 oder 50 ℔ zugelegt werden.
5tens. Der Ausschlag x wird auch gross, wenn e oder die Entfernung c o der Achse
von der Verbindungslinie a b der beiden Aufhängspunkte klein ist. Da die Linie
a b sowohl unter, als auch über die Achse c gestellt werden kann, so kann auch der
Fall eintreten, dass diese Linie durch die Achse selbst geht, in welchem Falle e = 0
und [Formel 2] ist. Da nun a, B und b bei einer und derselben Wage immer ei-
nerlei Werthe haben, so ist, wenn zwei verschiedene Gewichte p und p' zugelegt wer-
den [Formel 3] = p : p', d. h. die Tangente des Ausschlagswinkels (oder [Formel 4] = tang. α)
ist genau bloss dem Zulagsgewichte p proportional; sie bleibt demnach dieselbe,
es mögen grosse oder kleine Gewichte W und P gewogen werden. Diese Wage ist
sodann die empfindlichste und gibt den grössten Ausschlag, weil dersel-
be vom Gewichte des Wagebalkens allein abhängt. Wenn man daher bei einer sol-
chen Wage auf eine Wagschale z. B. zehn Gran = p zulegt und findet, dass der
Ausschlag eine Linie = x beträgt, so kann man oben in der Linie h f eine Skale
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[174/0204] Krämerwage. §. 171. Obgleich aus dieser Gleichung der Winkel, um welchen die Wage vom wagerechten Stande abweicht, sehr leicht berechnet werden kann, so lässt sich doch in praktischer Hinsicht die Genauigkeit der Wage leichter aus dem Ausschlage x oder h f als aus dem Winkel α beurtheilen. Soll nun x oder der Ausschlag gross seyn, so muss dafür gesorgt werden, dass der Bruch [FORMEL] gross werde, folglich der Zähler gross und der Nenner klein sey. In dieser Hinsicht erfolgt ein grosser Ausschlag, wenn 1tens. p oder das Zulagsgewicht gross ist. Nachdem es aber in der Bedingniss unserer Aufgabe liegt, dass ein kleines p einen grossen Ausschlag geben soll, so kann hieraus nichts weiter geschlossen werden, als dass überhaupt grössere Zulagsge- wichte einen grössern, kleinere Zulagsgewichte einen kleinern Ausschlag geben. 2tens. Der Ausschlag ist gross, wenn a oder der Wagebalken-Arm lang ist. Dess- halb gibt ein Wagebalken mit längern Armen bei demselben Zulagsgewichte einen bedeutendern Ausschlag, als ein Wagebalken mit kürzern Armen. 3tens. Wenn y oder die Höhe des horizontalen Ausschlages h f über der Achse c oder die Länge der Zunge c f gross ist. Diess folgt schon daraus, weil überhaupt für denselben Winkel die Länge des Bogens g f, folglich auch der Sinus h f um so grösser ausfällt, je länger der Radius oder die Zunge c f gemacht wird. 4tens. Der Ausschlag ist ferner gross, wenn 2 P + p, oder die Summe der abzu- wägenden Gewichte nicht gross ist. Man findet desshalb gewöhnlich, dass der Ausschlag h f, der von einem bestimmten Zulagsgewichte bewirkt wird, um so kleiner ausfällt, je grösser die Gewichte sind, die auf die Wagschalen gelegt werden. Wenn man z. B. auf jede Wagschale 1 ℔ legt, und den Ausschlag h f misst, der von einem zugelegten Lothe bewirkt wird, so wird gewöhnlich dersel- be Ausschlag bedeutend kleiner, wenn zu dem Gewichte in jeder Wagschale noch 20 oder 50 ℔ zugelegt werden. 5tens. Der Ausschlag x wird auch gross, wenn e oder die Entfernung c o der Achse von der Verbindungslinie a b der beiden Aufhängspunkte klein ist. Da die Linie a b sowohl unter, als auch über die Achse c gestellt werden kann, so kann auch der Fall eintreten, dass diese Linie durch die Achse selbst geht, in welchem Falle e = 0 und [FORMEL] ist. Da nun a, B und b bei einer und derselben Wage immer ei- nerlei Werthe haben, so ist, wenn zwei verschiedene Gewichte p und p' zugelegt wer- den [FORMEL] = p : p', d. h. die Tangente des Ausschlagswinkels (oder[FORMEL] = tang. α) ist genau bloss dem Zulagsgewichte p proportional; sie bleibt demnach dieselbe, es mögen grosse oder kleine Gewichte W und P gewogen werden. Diese Wage ist sodann die empfindlichste und gibt den grössten Ausschlag, weil dersel- be vom Gewichte des Wagebalkens allein abhängt. Wenn man daher bei einer sol- chen Wage auf eine Wagschale z. B. zehn Gran = p zulegt und findet, dass der Ausschlag eine Linie = x beträgt, so kann man oben in der Linie h f eine Skale

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/204>, abgerufen am 28.03.2024.