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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Doppelter Heber, Ventilheber.
hieraus die Geschwindigkeit des Wassers in der Röhre, [Formel 1] , endlich
ist die Zeit, in welcher die Oberfläche des Wassers von der Höhe h auf die Höhe x
sinkt, [Formel 2] , wie diess aus der, unter dem Texte *)
beigefügten höhern Rechnung folgt.

§. 193.

Die Anwendung des Hebers fand bereits im Alterthume Statt, wie aus den Schrif-
ten des Heron von Alexandrien (Spiritualium Liber, a Federico Commandino Urbinate
ex Graeco in Latinum conversus, Acced. Jo. Bapt. Aleotti quatuor Theoremata Spiri-
tualia, ex Italico in Lat. conversa. Amst
. 1680. 4. Graece, Paris 1593.) hervorgeht.
In physikalischen Kabineten wird gewöhnlich eine bedeutende Anzahl verschiedenartiger
Heber gezeigt und Versuche damit angestellt. Eine genaue Beschreibung dieser Heber
befindet sich im Vten Bande, 1te Abtheilung des bereits erwähnten vortrefflichen Gehler-
schen physikalischen Wörterbuches, neu bearbeitet von den Herren Brandes, Gmelin,
Horner, Muncke
und Pfaff. Wir wollen von diesen vielfachen Konstrukzionen des
Hebers bloss folgende, die zuweilen in der Mechanik Anwendung finden, anführen.

Soll mittelst eines Hebers eine Flüssigkeit, deren Berührung für den Mund gefährlichFig.
3.
Tab.
52.

ist, aus einem Gefässe in ein anderes überhoben, oder eine Flüssigkeit über einem lockern
Bodensatze weggenommen werden, so wird an den untern Theil des längern Schenkels
die aufwärts gebogene beiderseits offene Röhre c d angekittet, der kürzere Schenkel in
die Flüssigkeit getaucht, die Oeffnung bei e mit dem Finger geschlossen und bei d die
Luft angesogen. So wie das Rohr b c e sich mit der Flüssigkeit gefüllt hat, erfolgt das
weitere Fliessen im Heber ohne Anstand. Dieser Heber wird ein doppelter (siphon
double ou de laboratoire
) genannt.

Um die Berührung der Flüssigkeit mit dem Munde bei dem Ansaugen zu vermeiden,
kann man den Heber auch umkehren, als eine kommunizirende Röhre anfüllen, die beiden
Schenkelöffnungen mit den Fingern verschliessen, denselben abermals umkehren und mit
dem kürzern Schenkel in die Flüssigkeit eintauchen, worauf das Ausfliessen sogleich
erfolgt.

Der Ventilheber (siphon a soupape) ist an einem Schenkel mit einem kleinenFig.
4.

Gehäuse, welches durch ein Ventil geschlossen werden kann, versehen. Wird der

*) Die Wassermenge, welche in der Zeit d t aus der Röhre aufliesst, ist d M = f. v. d t; weil aber die
Oberfläche des Wassers im Gefässe sich um eben so viel senken muss, so ist auch d M = -- F. d x,
demnach ist d t = -- [Formel 3] . Setzen wir die Höhe des Wasserstandes
über der untern Oeffnung des Hebers am Anfange des Ausflusses = A, so ist das vollständige
Integral der letzten Gleichung [Formel 4] .
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Doppelter Heber, Ventilheber.
hieraus die Geschwindigkeit des Wassers in der Röhre, [Formel 1] , endlich
ist die Zeit, in welcher die Oberfläche des Wassers von der Höhe h auf die Höhe x
sinkt, [Formel 2] , wie diess aus der, unter dem Texte *)
beigefügten höhern Rechnung folgt.

§. 193.

Die Anwendung des Hebers fand bereits im Alterthume Statt, wie aus den Schrif-
ten des Heron von Alexandrien (Spiritualium Liber, a Federico Commandino Urbinate
ex Graeco in Latinum conversus, Acced. Jo. Bapt. Aleotti quatuor Theoremata Spiri-
tualia, ex Italico in Lat. conversa. Amst
. 1680. 4. Graece, Paris 1593.) hervorgeht.
In physikalischen Kabineten wird gewöhnlich eine bedeutende Anzahl verschiedenartiger
Heber gezeigt und Versuche damit angestellt. Eine genaue Beschreibung dieser Heber
befindet sich im Vten Bande, 1te Abtheilung des bereits erwähnten vortrefflichen Gehler-
schen physikalischen Wörterbuches, neu bearbeitet von den Herren Brandes, Gmelin,
Horner, Muncke
und Pfaff. Wir wollen von diesen vielfachen Konstrukzionen des
Hebers bloss folgende, die zuweilen in der Mechanik Anwendung finden, anführen.

Soll mittelst eines Hebers eine Flüssigkeit, deren Berührung für den Mund gefährlichFig.
3.
Tab.
52.

ist, aus einem Gefässe in ein anderes überhoben, oder eine Flüssigkeit über einem lockern
Bodensatze weggenommen werden, so wird an den untern Theil des längern Schenkels
die aufwärts gebogene beiderseits offene Röhre c d angekittet, der kürzere Schenkel in
die Flüssigkeit getaucht, die Oeffnung bei e mit dem Finger geschlossen und bei d die
Luft angesogen. So wie das Rohr b c e sich mit der Flüssigkeit gefüllt hat, erfolgt das
weitere Fliessen im Heber ohne Anstand. Dieser Heber wird ein doppelter (siphon
double ou de laboratoire
) genannt.

Um die Berührung der Flüssigkeit mit dem Munde bei dem Ansaugen zu vermeiden,
kann man den Heber auch umkehren, als eine kommunizirende Röhre anfüllen, die beiden
Schenkelöffnungen mit den Fingern verschliessen, denselben abermals umkehren und mit
dem kürzern Schenkel in die Flüssigkeit eintauchen, worauf das Ausfliessen sogleich
erfolgt.

Der Ventilheber (siphon à soupape) ist an einem Schenkel mit einem kleinenFig.
4.

Gehäuse, welches durch ein Ventil geschlossen werden kann, versehen. Wird der

*) Die Wassermenge, welche in der Zeit d t aus der Röhre aufliesst, ist d M = f. v. d t; weil aber die
Oberfläche des Wassers im Gefässe sich um eben so viel senken muss, so ist auch d M = — F. d x,
demnach ist d t = — [Formel 3] . Setzen wir die Höhe des Wasserstandes
über der untern Oeffnung des Hebers am Anfange des Ausflusses = A, so ist das vollständige
Integral der letzten Gleichung [Formel 4] .
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[267/0285] Doppelter Heber, Ventilheber. hieraus die Geschwindigkeit des Wassers in der Röhre, [FORMEL], endlich ist die Zeit, in welcher die Oberfläche des Wassers von der Höhe h auf die Höhe x sinkt, [FORMEL], wie diess aus der, unter dem Texte *) beigefügten höhern Rechnung folgt. §. 193. Die Anwendung des Hebers fand bereits im Alterthume Statt, wie aus den Schrif- ten des Heron von Alexandrien (Spiritualium Liber, a Federico Commandino Urbinate ex Graeco in Latinum conversus, Acced. Jo. Bapt. Aleotti quatuor Theoremata Spiri- tualia, ex Italico in Lat. conversa. Amst. 1680. 4. Graece, Paris 1593.) hervorgeht. In physikalischen Kabineten wird gewöhnlich eine bedeutende Anzahl verschiedenartiger Heber gezeigt und Versuche damit angestellt. Eine genaue Beschreibung dieser Heber befindet sich im Vten Bande, 1te Abtheilung des bereits erwähnten vortrefflichen Gehler- schen physikalischen Wörterbuches, neu bearbeitet von den Herren Brandes, Gmelin, Horner, Muncke und Pfaff. Wir wollen von diesen vielfachen Konstrukzionen des Hebers bloss folgende, die zuweilen in der Mechanik Anwendung finden, anführen. Soll mittelst eines Hebers eine Flüssigkeit, deren Berührung für den Mund gefährlich ist, aus einem Gefässe in ein anderes überhoben, oder eine Flüssigkeit über einem lockern Bodensatze weggenommen werden, so wird an den untern Theil des längern Schenkels die aufwärts gebogene beiderseits offene Röhre c d angekittet, der kürzere Schenkel in die Flüssigkeit getaucht, die Oeffnung bei e mit dem Finger geschlossen und bei d die Luft angesogen. So wie das Rohr b c e sich mit der Flüssigkeit gefüllt hat, erfolgt das weitere Fliessen im Heber ohne Anstand. Dieser Heber wird ein doppelter (siphon double ou de laboratoire) genannt. Fig. 3. Tab. 52. Um die Berührung der Flüssigkeit mit dem Munde bei dem Ansaugen zu vermeiden, kann man den Heber auch umkehren, als eine kommunizirende Röhre anfüllen, die beiden Schenkelöffnungen mit den Fingern verschliessen, denselben abermals umkehren und mit dem kürzern Schenkel in die Flüssigkeit eintauchen, worauf das Ausfliessen sogleich erfolgt. Der Ventilheber (siphon à soupape) ist an einem Schenkel mit einem kleinen Gehäuse, welches durch ein Ventil geschlossen werden kann, versehen. Wird der Fig. 4. *) Die Wassermenge, welche in der Zeit d t aus der Röhre aufliesst, ist d M = f. v. d t; weil aber die Oberfläche des Wassers im Gefässe sich um eben so viel senken muss, so ist auch d M = — F. d x, demnach ist d t = — [FORMEL]. Setzen wir die Höhe des Wasserstandes über der untern Oeffnung des Hebers am Anfange des Ausflusses = A, so ist das vollständige Integral der letzten Gleichung [FORMEL]. 34*

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/285>, abgerufen am 18.04.2024.