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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Anlage der Mühlkanäle.
M = 18 e2 . c (II) hinzukommt. Wenn daher von den fünf Grössen h, l, M, v und e drei
gegeben sind, kann man die übrigen zwei berechnen.

§. 218.

Unsere Mühlkanäle werden gewöhnlich zu dem Zwecke gegraben, um das Wasser
von einem Flusse oder Bache einer Mühle zuzuführen. Man baut nämlich in dem Flusse
oder Bache ein Wehr, welches das Wasser fängt und es in einen seitwärts angelegten
Mühlkanal leitet. Ist die Wassermenge sehr gross, wie es z. B. bei der Moldau in Prag
der Fall ist, so sind die Kanäle nur von kurzer Länge, allein wenn die Wassermenge,
wie bei unsern meisten Bächen unbedeutend ist, so muss das Gefälle dasjenige in der
Kraft des Rades ersetzen, was von der Wassermenge abgeht. Man leitet daher bei
Bächen das Wasser von dem Wehr in einen Kanal, der gewöhnlich in dem Erdreiche
bloss ausgegraben und an der Berglehne des Thales, in welchem der Bach fliesst, so weit
fortgeführt wird, bis man ein hinreichendes Gefälle hat, um dort ein Wasserrad anzu-
bringen. Fig. 6 enthält die perspektivische Darstellung einer solchen Anlage; hierbeiFig.
6.
Tab.
54.

ist A das Wehr, B C der an der Berglehne fortgeführte Mühlkanal, D das oberschläch-
tige Wasserrad, wodurch das Gehwerk der Mühle in Bewegung gesetzt wird und E F
der im Thale fortlaufende Bach, in welchen das Wasser von dem Rade wieder abfällt
und seinen Lauf weiter fortsetzt.

Wir haben bereits angeführt, dass ein jeder solche Mühlkanal etwas Gefälle haben
muss, damit das Wasser mit der gehörigen Geschwindigkeit darin fliessen kann. Das
richtige Verhältniss für das Gefälle und die Dimensionen des Kanales wird man in jedem
praktischen Falle nach Anleitung der bisherigen Rechnungen ausmitteln.

Beispiel. Es sey in dem vorgenannten Falle der Mühlgraben für eine ober-
schlächtige Mahlmühle anzugeben; die Wassermenge, welche durch den Mühlgraben
geleitet werden soll, sey M = 9 Kubikfuss, die Länge des Mühlgrabens
1 = 600 Klafter = 3600 Fuss und der Böschungswinkel = 30 Grad.

Setzen wir vorläufig die Geschwindigkeit v = 1 Fuss, so ist die Querschnittsfläche
des Mühlgrabens f = 9 Quadratfuss, folglich sqrt f = 3 und daher das Gefälle, welches
dieser Mühlkanal für seine ganze Länge erhalten muss.
h = [Formel 1] = 0,324 Fuss = 4 Zoll. Wenn also die Fallhöhe von der Oberfläche beim
Einflusse des Wassers aus dem Bache in den Mühlgraben, oder vom Wehrschweller,
mittelst welchem das Wasser in den Mühlgraben eingefangen wird, bis zur Oberfläche des
abfliessenden Wassers unter dem Rade 12 Fuss beträgt, so wird zur Verwendung für den
Mühlenbetrieb ein Gefälle von 11 Fuss 8 Zoll erübrigen. Man würde dieses Gefälle noch
kleiner erhalten haben, wenn man für die Geschwindigkeit v eine kleinere Grösse z. B.
1/2 Fuss angenommen hätte. In diesem Falle wäre aber die Querschnittsfläche
f = [Formel 2] = 2 . 9 = 18 Quadratfuss, demnach auch alle Abmessungen des Kanals und sonach
die Arbeit des Ausgrabens auf das doppelte vermehrt, wovon die Kosten durch das für
die Mühle gewonnene unbedeutend grössere Gefälle nicht ersetzt werden.

Anlage der Mühlkanäle.
M = 18 e2 . c (II) hinzukommt. Wenn daher von den fünf Grössen h, l, M, v und e drei
gegeben sind, kann man die übrigen zwei berechnen.

§. 218.

Unsere Mühlkanäle werden gewöhnlich zu dem Zwecke gegraben, um das Wasser
von einem Flusse oder Bache einer Mühle zuzuführen. Man baut nämlich in dem Flusse
oder Bache ein Wehr, welches das Wasser fängt und es in einen seitwärts angelegten
Mühlkanal leitet. Ist die Wassermenge sehr gross, wie es z. B. bei der Moldau in Prag
der Fall ist, so sind die Kanäle nur von kurzer Länge, allein wenn die Wassermenge,
wie bei unsern meisten Bächen unbedeutend ist, so muss das Gefälle dasjenige in der
Kraft des Rades ersetzen, was von der Wassermenge abgeht. Man leitet daher bei
Bächen das Wasser von dem Wehr in einen Kanal, der gewöhnlich in dem Erdreiche
bloss ausgegraben und an der Berglehne des Thales, in welchem der Bach fliesst, so weit
fortgeführt wird, bis man ein hinreichendes Gefälle hat, um dort ein Wasserrad anzu-
bringen. Fig. 6 enthält die perspektivische Darstellung einer solchen Anlage; hierbeiFig.
6.
Tab.
54.

ist A das Wehr, B C der an der Berglehne fortgeführte Mühlkanal, D das oberschläch-
tige Wasserrad, wodurch das Gehwerk der Mühle in Bewegung gesetzt wird und E F
der im Thale fortlaufende Bach, in welchen das Wasser von dem Rade wieder abfällt
und seinen Lauf weiter fortsetzt.

Wir haben bereits angeführt, dass ein jeder solche Mühlkanal etwas Gefälle haben
muss, damit das Wasser mit der gehörigen Geschwindigkeit darin fliessen kann. Das
richtige Verhältniss für das Gefälle und die Dimensionen des Kanales wird man in jedem
praktischen Falle nach Anleitung der bisherigen Rechnungen ausmitteln.

Beispiel. Es sey in dem vorgenannten Falle der Mühlgraben für eine ober-
schlächtige Mahlmühle anzugeben; die Wassermenge, welche durch den Mühlgraben
geleitet werden soll, sey M = 9 Kubikfuss, die Länge des Mühlgrabens
1 = 600 Klafter = 3600 Fuss und der Böschungswinkel = 30 Grad.

Setzen wir vorläufig die Geschwindigkeit v = 1 Fuss, so ist die Querschnittsfläche
des Mühlgrabens f = 9 Quadratfuss, folglich √ f = 3 und daher das Gefälle, welches
dieser Mühlkanal für seine ganze Länge erhalten muss.
h = [Formel 1] = 0,324 Fuss = 4 Zoll. Wenn also die Fallhöhe von der Oberfläche beim
Einflusse des Wassers aus dem Bache in den Mühlgraben, oder vom Wehrschweller,
mittelst welchem das Wasser in den Mühlgraben eingefangen wird, bis zur Oberfläche des
abfliessenden Wassers unter dem Rade 12 Fuss beträgt, so wird zur Verwendung für den
Mühlenbetrieb ein Gefälle von 11 Fuss 8 Zoll erübrigen. Man würde dieses Gefälle noch
kleiner erhalten haben, wenn man für die Geschwindigkeit v eine kleinere Grösse z. B.
½ Fuss angenommen hätte. In diesem Falle wäre aber die Querschnittsfläche
f = [Formel 2] = 2 . 9 = 18 Quadratfuss, demnach auch alle Abmessungen des Kanals und sonach
die Arbeit des Ausgrabens auf das doppelte vermehrt, wovon die Kosten durch das für
die Mühle gewonnene unbedeutend grössere Gefälle nicht ersetzt werden.

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[295/0313] Anlage der Mühlkanäle. M = 18 e2 . c (II) hinzukommt. Wenn daher von den fünf Grössen h, l, M, v und e drei gegeben sind, kann man die übrigen zwei berechnen. §. 218. Unsere Mühlkanäle werden gewöhnlich zu dem Zwecke gegraben, um das Wasser von einem Flusse oder Bache einer Mühle zuzuführen. Man baut nämlich in dem Flusse oder Bache ein Wehr, welches das Wasser fängt und es in einen seitwärts angelegten Mühlkanal leitet. Ist die Wassermenge sehr gross, wie es z. B. bei der Moldau in Prag der Fall ist, so sind die Kanäle nur von kurzer Länge, allein wenn die Wassermenge, wie bei unsern meisten Bächen unbedeutend ist, so muss das Gefälle dasjenige in der Kraft des Rades ersetzen, was von der Wassermenge abgeht. Man leitet daher bei Bächen das Wasser von dem Wehr in einen Kanal, der gewöhnlich in dem Erdreiche bloss ausgegraben und an der Berglehne des Thales, in welchem der Bach fliesst, so weit fortgeführt wird, bis man ein hinreichendes Gefälle hat, um dort ein Wasserrad anzu- bringen. Fig. 6 enthält die perspektivische Darstellung einer solchen Anlage; hierbei ist A das Wehr, B C der an der Berglehne fortgeführte Mühlkanal, D das oberschläch- tige Wasserrad, wodurch das Gehwerk der Mühle in Bewegung gesetzt wird und E F der im Thale fortlaufende Bach, in welchen das Wasser von dem Rade wieder abfällt und seinen Lauf weiter fortsetzt. Fig. 6. Tab. 54. Wir haben bereits angeführt, dass ein jeder solche Mühlkanal etwas Gefälle haben muss, damit das Wasser mit der gehörigen Geschwindigkeit darin fliessen kann. Das richtige Verhältniss für das Gefälle und die Dimensionen des Kanales wird man in jedem praktischen Falle nach Anleitung der bisherigen Rechnungen ausmitteln. Beispiel. Es sey in dem vorgenannten Falle der Mühlgraben für eine ober- schlächtige Mahlmühle anzugeben; die Wassermenge, welche durch den Mühlgraben geleitet werden soll, sey M = 9 Kubikfuss, die Länge des Mühlgrabens 1 = 600 Klafter = 3600 Fuss und der Böschungswinkel = 30 Grad. Setzen wir vorläufig die Geschwindigkeit v = 1 Fuss, so ist die Querschnittsfläche des Mühlgrabens f = 9 Quadratfuss, folglich √ f = 3 und daher das Gefälle, welches dieser Mühlkanal für seine ganze Länge erhalten muss. h = [FORMEL] = 0,324 Fuss = 4 Zoll. Wenn also die Fallhöhe von der Oberfläche beim Einflusse des Wassers aus dem Bache in den Mühlgraben, oder vom Wehrschweller, mittelst welchem das Wasser in den Mühlgraben eingefangen wird, bis zur Oberfläche des abfliessenden Wassers unter dem Rade 12 Fuss beträgt, so wird zur Verwendung für den Mühlenbetrieb ein Gefälle von 11 Fuss 8 Zoll erübrigen. Man würde dieses Gefälle noch kleiner erhalten haben, wenn man für die Geschwindigkeit v eine kleinere Grösse z. B. ½ Fuss angenommen hätte. In diesem Falle wäre aber die Querschnittsfläche f = [FORMEL] = 2 . 9 = 18 Quadratfuss, demnach auch alle Abmessungen des Kanals und sonach die Arbeit des Ausgrabens auf das doppelte vermehrt, wovon die Kosten durch das für die Mühle gewonnene unbedeutend grössere Gefälle nicht ersetzt werden.

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/313>, abgerufen am 23.04.2024.