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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Bemerkungen.
werden, so erhält dieselbe nicht das Normalprofil des Flusses in der Serpentine, weilFig.
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eine so grosse Ausgrabung zu viel Unkosten verursachen würde. Man gräbt desshalb
die Cunette A C mit einem kleinern Profile aus und überlässt die Erweiterung dersel-
ben der Kraft des Wassers; diese Erweiterung wird nämlich dann eintreten, wenn das
Wasser in A C eine solche Geschwindigkeit erhält, um das Materiale des Grundbettes
anzugreifen und fortzuführen. Um diess zu beurtheilen, muss die Geschwindigkeit in
der Cunette A C, welche dasselbe Gefälle wie die Serpentine A B C hat, vor Anlegung
derselben durch Rechnung bestimmt, und hiernach der Antrag zur Ausgrabung eines
grössern oder kleinern Profiles gemacht werden. Will man im Gegentheile in einem
andern Falle Versandungen oder Verschlämmungen eines Flussarmes bewirken, so muss
dem Wasser eine kleinere Geschwindigkeit gegeben werden, welches durch das Verlän-
gern des Flussbettes oder durch das Erweitern desselben erreicht wird.

In dieser Hinsicht ist es wichtig, diejenigen Geschwindigkeiten zu kennen, bei wel-
chen die verschiedenen Materialien in einem Flusse dem Wasser zu widerstehen oder
nachzugeben vermögen. Der Obristlieutenant du Buat hat in seinen Grundlehren der
Hydraulik, welche in das Deutsche übersetzt und von Herrn Eytelwein mit Anmerkungen
und Zusätzen versehen wurden, I. Band, Berlin 1796, §. 71 die Resultate seiner hierüber
angestellten Versuche angeführt. Hieraus geht hervor:

1tens. Dass brauner Töpferthon, ob er gleich schwerer als die übrigen
Materialien ist, der Wirkung des Wassers in einem Flusse nur dann widersteht, wenn die
Geschwindigkeit am Boden etwa drei und jene auf der Oberfläche gegen acht
Zoll
beträgt. Die Leichtigkeit, womit derselbe vom Wasser angegriffen wird, rührt
unstreitig von der grossen Feinheit seiner Theile her, die verhältnissmässig mehr Ober-
fläche als Masse darbiethen.

2tens. Feiner Sand widersteht nur einer Geschwindigkeit am Boden von
sechs und auf der Oberfläche von zwölf Zoll.

3tens. Grober und eckiger Sand kommt in den Beharrungsstand, wenn
die Geschwindigkeit am Boden geringer als acht Zoll ist.

4tens. Dem Kiessand in der Seine, welcher sich in drei Klassen, nämlich
feinen, mittlern und groben abtheilt, ist der Beharrungsstand bei den Geschwindigkeiten
von vier, sieben und zwölf Zoll eigen.

5tens. Abgerundete Kieselsteine von einem Zoll im Durchmesser widerstehen
einer Geschwindigkeit von vierundzwanzig Zoll, endlich

6tens. Eckige Feuersteine von der Grösse eines Eyes widerstehen der Ge-
schwindigkeit von sechs und dreissig Zoll.

§. 241.

Die Messungen der Querprofile und Geschwindigkeiten des Wassers sind bei jeder
hydrotechnischen Aufnahme der Flüsse nothwendig, sie werden aber als Grundlage der
meisten Wasserbaue auch erfordert. In einigen Ländern z. B. den Niederlanden
sind diese Messungen von grösster Wichtigkeit. Der Rhein und die Maas, welche aus
Deutschland und Frankreich in dieses Reich strömen und daselbst in die Nordsee aus-

Bemerkungen.
werden, so erhält dieselbe nicht das Normalprofil des Flusses in der Serpentine, weilFig.
8.
Tab.
55.

eine so grosse Ausgrabung zu viel Unkosten verursachen würde. Man gräbt desshalb
die Cunette A C mit einem kleinern Profile aus und überlässt die Erweiterung dersel-
ben der Kraft des Wassers; diese Erweiterung wird nämlich dann eintreten, wenn das
Wasser in A C eine solche Geschwindigkeit erhält, um das Materiale des Grundbettes
anzugreifen und fortzuführen. Um diess zu beurtheilen, muss die Geschwindigkeit in
der Cunette A C, welche dasselbe Gefälle wie die Serpentine A B C hat, vor Anlegung
derselben durch Rechnung bestimmt, und hiernach der Antrag zur Ausgrabung eines
grössern oder kleinern Profiles gemacht werden. Will man im Gegentheile in einem
andern Falle Versandungen oder Verschlämmungen eines Flussarmes bewirken, so muss
dem Wasser eine kleinere Geschwindigkeit gegeben werden, welches durch das Verlän-
gern des Flussbettes oder durch das Erweitern desselben erreicht wird.

In dieser Hinsicht ist es wichtig, diejenigen Geschwindigkeiten zu kennen, bei wel-
chen die verschiedenen Materialien in einem Flusse dem Wasser zu widerstehen oder
nachzugeben vermögen. Der Obristlieutenant du Buat hat in seinen Grundlehren der
Hydraulik, welche in das Deutsche übersetzt und von Herrn Eytelwein mit Anmerkungen
und Zusätzen versehen wurden, I. Band, Berlin 1796, §. 71 die Resultate seiner hierüber
angestellten Versuche angeführt. Hieraus geht hervor:

1tens. Dass brauner Töpferthon, ob er gleich schwerer als die übrigen
Materialien ist, der Wirkung des Wassers in einem Flusse nur dann widersteht, wenn die
Geschwindigkeit am Boden etwa drei und jene auf der Oberfläche gegen acht
Zoll
beträgt. Die Leichtigkeit, womit derselbe vom Wasser angegriffen wird, rührt
unstreitig von der grossen Feinheit seiner Theile her, die verhältnissmässig mehr Ober-
fläche als Masse darbiethen.

2tens. Feiner Sand widersteht nur einer Geschwindigkeit am Boden von
sechs und auf der Oberfläche von zwölf Zoll.

3tens. Grober und eckiger Sand kommt in den Beharrungsstand, wenn
die Geschwindigkeit am Boden geringer als acht Zoll ist.

4tens. Dem Kiessand in der Seine, welcher sich in drei Klassen, nämlich
feinen, mittlern und groben abtheilt, ist der Beharrungsstand bei den Geschwindigkeiten
von vier, sieben und zwölf Zoll eigen.

5tens. Abgerundete Kieselsteine von einem Zoll im Durchmesser widerstehen
einer Geschwindigkeit von vierundzwanzig Zoll, endlich

6tens. Eckige Feuersteine von der Grösse eines Eyes widerstehen der Ge-
schwindigkeit von sechs und dreissig Zoll.

§. 241.

Die Messungen der Querprofile und Geschwindigkeiten des Wassers sind bei jeder
hydrotechnischen Aufnahme der Flüsse nothwendig, sie werden aber als Grundlage der
meisten Wasserbaue auch erfordert. In einigen Ländern z. B. den Niederlanden
sind diese Messungen von grösster Wichtigkeit. Der Rhein und die Maas, welche aus
Deutschland und Frankreich in dieses Reich strömen und daselbst in die Nordsee aus-

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[225/0343] Bemerkungen. werden, so erhält dieselbe nicht das Normalprofil des Flusses in der Serpentine, weil eine so grosse Ausgrabung zu viel Unkosten verursachen würde. Man gräbt desshalb die Cunette A C mit einem kleinern Profile aus und überlässt die Erweiterung dersel- ben der Kraft des Wassers; diese Erweiterung wird nämlich dann eintreten, wenn das Wasser in A C eine solche Geschwindigkeit erhält, um das Materiale des Grundbettes anzugreifen und fortzuführen. Um diess zu beurtheilen, muss die Geschwindigkeit in der Cunette A C, welche dasselbe Gefälle wie die Serpentine A B C hat, vor Anlegung derselben durch Rechnung bestimmt, und hiernach der Antrag zur Ausgrabung eines grössern oder kleinern Profiles gemacht werden. Will man im Gegentheile in einem andern Falle Versandungen oder Verschlämmungen eines Flussarmes bewirken, so muss dem Wasser eine kleinere Geschwindigkeit gegeben werden, welches durch das Verlän- gern des Flussbettes oder durch das Erweitern desselben erreicht wird. Fig. 8. Tab. 55. In dieser Hinsicht ist es wichtig, diejenigen Geschwindigkeiten zu kennen, bei wel- chen die verschiedenen Materialien in einem Flusse dem Wasser zu widerstehen oder nachzugeben vermögen. Der Obristlieutenant du Buat hat in seinen Grundlehren der Hydraulik, welche in das Deutsche übersetzt und von Herrn Eytelwein mit Anmerkungen und Zusätzen versehen wurden, I. Band, Berlin 1796, §. 71 die Resultate seiner hierüber angestellten Versuche angeführt. Hieraus geht hervor: 1tens. Dass brauner Töpferthon, ob er gleich schwerer als die übrigen Materialien ist, der Wirkung des Wassers in einem Flusse nur dann widersteht, wenn die Geschwindigkeit am Boden etwa drei und jene auf der Oberfläche gegen acht Zoll beträgt. Die Leichtigkeit, womit derselbe vom Wasser angegriffen wird, rührt unstreitig von der grossen Feinheit seiner Theile her, die verhältnissmässig mehr Ober- fläche als Masse darbiethen. 2tens. Feiner Sand widersteht nur einer Geschwindigkeit am Boden von sechs und auf der Oberfläche von zwölf Zoll. 3tens. Grober und eckiger Sand kommt in den Beharrungsstand, wenn die Geschwindigkeit am Boden geringer als acht Zoll ist. 4tens. Dem Kiessand in der Seine, welcher sich in drei Klassen, nämlich feinen, mittlern und groben abtheilt, ist der Beharrungsstand bei den Geschwindigkeiten von vier, sieben und zwölf Zoll eigen. 5tens. Abgerundete Kieselsteine von einem Zoll im Durchmesser widerstehen einer Geschwindigkeit von vierundzwanzig Zoll, endlich 6tens. Eckige Feuersteine von der Grösse eines Eyes widerstehen der Ge- schwindigkeit von sechs und dreissig Zoll. §. 241. Die Messungen der Querprofile und Geschwindigkeiten des Wassers sind bei jeder hydrotechnischen Aufnahme der Flüsse nothwendig, sie werden aber als Grundlage der meisten Wasserbaue auch erfordert. In einigen Ländern z. B. den Niederlanden sind diese Messungen von grösster Wichtigkeit. Der Rhein und die Maas, welche aus Deutschland und Frankreich in dieses Reich strömen und daselbst in die Nordsee aus-

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/343>, abgerufen am 29.03.2024.