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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Vortheil zweier Räder in einem Gerinne.
bung der Schale schwärzer ausfällt, abzusondern. In dieser Hinsicht wird in Böhmen der
Weizen gewöhnlich 5 bis 6 mal aufgeschüttet und das feinere Mehl nur von dem ersten
Aufschütten gewonnen. Dagegen pflegt man das Korn, woraus das Mehl zum Brod-
backen für das Militär, die Dienstleute etc. nicht von derselben Feinheit und Weisse
verlangt wird, nur 3 mal aufzuschütten, und wo kein besonderer Ausschlag begehrt
wird, alle 3 Gattungen Mehl zusammen zu mischen. Für das Schroten des Malzes
zum Gebrauche der Bierbrauer und Brandweinbrenner ist ein 1maliges Aufschütten hin-
reichend. In dieser Hinsicht rechnet man, dass in derselben Zeit von einem Mahlgange
10 Strich Weizen oder 20 Strich Korn gemahlen und 50 Strich Gerste und Haber ge-
schroten werden können.

Mit Rücksicht auf diese Umstände wird man im Stande seyn, nicht nur die Lei-
stungen einer Mühle zu beurtheilen, sondern auch die Frage aufzulösen, ob und wie viel
Mahlgänge angelegt werden können, wenn vorläufig sowohl der Wasserzufluss als auch
das Gefälle vor dem Baue der Mühle gemessen worden sind.

§. 270.

Bei grössern Flüssen ist der Wasserzufluss und das zur Mühlenbenützung vorhan-
dene Bewegungsmoment gewöhnlich so gross, dass es zur Betreibung mehrerer Müh-
len hinreicht. Hierbei entsteht nun zuerst die Frage, ob es vortheilhafter sey
für jedes Wasserrad ein eigenes Gerinne vorzurichten oder
mehrere Räder in ein und dasselbe Gerinne zu legen
und das vom er-
sten Rade abfliessende Wasser für das zweite und eben so für die übrigen Räder zu
verwenden.

Zur Beantwortung dieser Frage wollen wir die Wassermenge, die zur Betreibung
eines Rades nothwendig ist, = M setzen, so ist das Bewegungsmoment dieses Rades
= 56,4 M [Formel 1] v. Diess ist am grössten, wenn v = [Formel 2] c, folglich haben wir das
grösste Bewegungsmoment eines Rades = 56,4 [Formel 3] .

Würde daher die Wassermenge M, welche in einem Gerinne zur Betreibung zweier
Räder benützt wurde, in zwei Gerinne vertheilt, so würde das Bewegungsmoment eines
jeden Rades = [Formel 4] seyn, folglich die Bewegungsmomente beider Räder zu-
sammen 56,4 M . [Formel 5] betragen.

Wenn aber in dasselbe Mühlgerinne zwei Räder hinter einander gelegt werden,
so wollen wir annehmen, dass die Geschwindigkeit des ersten Rades = v und jene
des zweiten Rades = v' ist. Wir erhalten daher das Bewegungsmoment des ersten
Rades = [Formel 6] v und das Bewegungsmoment des zweiten Rades
56,4 M [Formel 7] v'. Da nun das Wasser von dem zweiten Rade frei abfliesst, so wird
sein Bewegungsmoment am grössten, wenn v' = [Formel 8] v und folglich das Bewegungsmo-
ment = [Formel 9] . Sollen nun beide Räder mit gleich grossem Vortheile betrie-

Vortheil zweier Räder in einem Gerinne.
bung der Schale schwärzer ausfällt, abzusondern. In dieser Hinsicht wird in Böhmen der
Weizen gewöhnlich 5 bis 6 mal aufgeschüttet und das feinere Mehl nur von dem ersten
Aufschütten gewonnen. Dagegen pflegt man das Korn, woraus das Mehl zum Brod-
backen für das Militär, die Dienstleute etc. nicht von derselben Feinheit und Weisse
verlangt wird, nur 3 mal aufzuschütten, und wo kein besonderer Ausschlag begehrt
wird, alle 3 Gattungen Mehl zusammen zu mischen. Für das Schroten des Malzes
zum Gebrauche der Bierbrauer und Brandweinbrenner ist ein 1maliges Aufschütten hin-
reichend. In dieser Hinsicht rechnet man, dass in derselben Zeit von einem Mahlgange
10 Strich Weizen oder 20 Strich Korn gemahlen und 50 Strich Gerste und Haber ge-
schroten werden können.

Mit Rücksicht auf diese Umstände wird man im Stande seyn, nicht nur die Lei-
stungen einer Mühle zu beurtheilen, sondern auch die Frage aufzulösen, ob und wie viel
Mahlgänge angelegt werden können, wenn vorläufig sowohl der Wasserzufluss als auch
das Gefälle vor dem Baue der Mühle gemessen worden sind.

§. 270.

Bei grössern Flüssen ist der Wasserzufluss und das zur Mühlenbenützung vorhan-
dene Bewegungsmoment gewöhnlich so gross, dass es zur Betreibung mehrerer Müh-
len hinreicht. Hierbei entsteht nun zuerst die Frage, ob es vortheilhafter sey
für jedes Wasserrad ein eigenes Gerinne vorzurichten oder
mehrere Räder in ein und dasselbe Gerinne zu legen
und das vom er-
sten Rade abfliessende Wasser für das zweite und eben so für die übrigen Räder zu
verwenden.

Zur Beantwortung dieser Frage wollen wir die Wassermenge, die zur Betreibung
eines Rades nothwendig ist, = M setzen, so ist das Bewegungsmoment dieses Rades
= 56,4 M [Formel 1] v. Diess ist am grössten, wenn v = [Formel 2] c, folglich haben wir das
grösste Bewegungsmoment eines Rades = 56,4 [Formel 3] .

Würde daher die Wassermenge M, welche in einem Gerinne zur Betreibung zweier
Räder benützt wurde, in zwei Gerinne vertheilt, so würde das Bewegungsmoment eines
jeden Rades = [Formel 4] seyn, folglich die Bewegungsmomente beider Räder zu-
sammen 56,4 M . [Formel 5] betragen.

Wenn aber in dasselbe Mühlgerinne zwei Räder hinter einander gelegt werden,
so wollen wir annehmen, dass die Geschwindigkeit des ersten Rades = v und jene
des zweiten Rades = v' ist. Wir erhalten daher das Bewegungsmoment des ersten
Rades = [Formel 6] v und das Bewegungsmoment des zweiten Rades
56,4 M [Formel 7] v'. Da nun das Wasser von dem zweiten Rade frei abfliesst, so wird
sein Bewegungsmoment am grössten, wenn v' = [Formel 8] v und folglich das Bewegungsmo-
ment = [Formel 9] . Sollen nun beide Räder mit gleich grossem Vortheile betrie-

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[365/0383] Vortheil zweier Räder in einem Gerinne. bung der Schale schwärzer ausfällt, abzusondern. In dieser Hinsicht wird in Böhmen der Weizen gewöhnlich 5 bis 6 mal aufgeschüttet und das feinere Mehl nur von dem ersten Aufschütten gewonnen. Dagegen pflegt man das Korn, woraus das Mehl zum Brod- backen für das Militär, die Dienstleute etc. nicht von derselben Feinheit und Weisse verlangt wird, nur 3 mal aufzuschütten, und wo kein besonderer Ausschlag begehrt wird, alle 3 Gattungen Mehl zusammen zu mischen. Für das Schroten des Malzes zum Gebrauche der Bierbrauer und Brandweinbrenner ist ein 1maliges Aufschütten hin- reichend. In dieser Hinsicht rechnet man, dass in derselben Zeit von einem Mahlgange 10 Strich Weizen oder 20 Strich Korn gemahlen und 50 Strich Gerste und Haber ge- schroten werden können. Mit Rücksicht auf diese Umstände wird man im Stande seyn, nicht nur die Lei- stungen einer Mühle zu beurtheilen, sondern auch die Frage aufzulösen, ob und wie viel Mahlgänge angelegt werden können, wenn vorläufig sowohl der Wasserzufluss als auch das Gefälle vor dem Baue der Mühle gemessen worden sind. §. 270. Bei grössern Flüssen ist der Wasserzufluss und das zur Mühlenbenützung vorhan- dene Bewegungsmoment gewöhnlich so gross, dass es zur Betreibung mehrerer Müh- len hinreicht. Hierbei entsteht nun zuerst die Frage, ob es vortheilhafter sey für jedes Wasserrad ein eigenes Gerinne vorzurichten oder mehrere Räder in ein und dasselbe Gerinne zu legen und das vom er- sten Rade abfliessende Wasser für das zweite und eben so für die übrigen Räder zu verwenden. Zur Beantwortung dieser Frage wollen wir die Wassermenge, die zur Betreibung eines Rades nothwendig ist, = M setzen, so ist das Bewegungsmoment dieses Rades = 56,4 M [FORMEL] v. Diess ist am grössten, wenn v = [FORMEL] c, folglich haben wir das grösste Bewegungsmoment eines Rades = 56,4 [FORMEL]. Würde daher die Wassermenge M, welche in einem Gerinne zur Betreibung zweier Räder benützt wurde, in zwei Gerinne vertheilt, so würde das Bewegungsmoment eines jeden Rades = [FORMEL] seyn, folglich die Bewegungsmomente beider Räder zu- sammen 56,4 M . [FORMEL] betragen. Wenn aber in dasselbe Mühlgerinne zwei Räder hinter einander gelegt werden, so wollen wir annehmen, dass die Geschwindigkeit des ersten Rades = v und jene des zweiten Rades = v' ist. Wir erhalten daher das Bewegungsmoment des ersten Rades = [FORMEL] v und das Bewegungsmoment des zweiten Rades 56,4 M [FORMEL] v'. Da nun das Wasser von dem zweiten Rade frei abfliesst, so wird sein Bewegungsmoment am grössten, wenn v' = [FORMEL] v und folglich das Bewegungsmo- ment = [FORMEL]. Sollen nun beide Räder mit gleich grossem Vortheile betrie-

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/383>, abgerufen am 29.03.2024.