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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Stab des Cabeo.
gezählt, und hieraus die Dauer eines Umlaufes berechnet. Zu diesem Zwecke befestigt
man gewöhnlich eine Schnur an der Welle des Rädchens, und lässt sie, ohne stark
anzuziehen, an derselben aufwinden; die Anzahl der Windungen ist offenbar der An-
zahl der Umläufe gleich. Wenn z. B. während 2 Minuten 360 Umläufe Statt hatten,
so ist die Zeit eines Umlaufes = [Formel 1] Sekunden. Nehmen wir nun an, dass der Halb-
messer des Rädchens bis zur Mitte der Schaufeln = 1/2 Fuss ist, so ist die Geschwin-
digkeit des Wassers an dem Orte der Beobachtung v = 3,1416 . 2 . 1/2 . [Formel 2] = 9,42 Fuss.

Die Umläufe an einem solchen Rädchen können auch noch auf eine andere ArtFig.
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Tab.
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gemessen werden. Man bringt nämlich eine Schraube ohne Ende an den Achsen des
Rädchens an, und lässt sie in ein Stirnrad von z. B. 60 Zähnen eingreifen. Bei jeder
Umdrehung des Rädchens wird daher ein Zahn weiter gerückt und man kann durch
Abzählen der Zähne von einem bezeichneten Anfangspunkte die Zahl der Umdrehun-
gen und hieraus die Geschwindigkeit leicht berechnen.

§. 225.

Um die Geschwindigkeit des Wassers im Mittel der verschiedenen Tiefen zu bestim-
men, d. h. die mittlere Geschwindigkeit an einem bestimmten Orte einer Fluss-
strecke zu finden, dient der Stab des Cabeo. Diess ist ein hölzerner Stab oder auchFig.
14.

eine blecherne Röhre, die an ihrem untern Theile durch hineingeworfenen Sand oder
andere Körper beschwert wird, damit sie bei der Einsenkung in ein ruhiges Wasser die
senkrechte Richtung annimmt, und in jener Tiefe stehen bleibt, bis zu welcher man
die Geschwindigkeit in dem Flusse messen will. Lässt man nun eine solche Röhre oder
einen an seinem Ende beschwerten Stab bis beinahe am Boden des Flusses im Wasser
gehen, so ist offenbar, dass sich derselbe mit der mittlern Geschwindigkeit des Wassers
fortbewegen werde.

Man hat auf diese Art gefunden, dass die Stäbe oder Röhren selten senkrecht, son-
dern immer entweder vorwärts oder rückwärts geneigt im Wasser gehen. Versucht man
diese Stäbe zwischen Brückenpfeilern oder andern Flussverengungen, so bleibt der untere
Theil derselben vorwärts und zieht den obern nach sich; demnach muss die Geschwin-
digkeit des Wassers am Boden grösser als an der Oberfläche seyn. Findet man dagegen,
wie es gewöhnlich der Fall ist, dass der obere Theil der Röhre vorauseilt, während der
untere zurückbleibt, so muss auch die Geschwindigkeit oben grösser, unten aber kleines
seyn.

Dieselben Beobachtungen hat schon Mariotte in Frankreich gemacht; er verbandFig.
15.

nämlich mehrere ungleich schwere Kugeln von Wachs mittelst eines Fadens nach Art
einer Kette mitsammen und liess sie nun im Flusse fortschwimmen. Da die Kugeln sich
in keiner geraden, sondern in einer krummen Linie gemeinschaftlich fortbewegten, so
schloss er, dass bei jener Kugel, welche vorauseilt, die grösste Geschwindigkeit vorhanden
seyn müsse und umgekehrt.

Diese beiden Methoden, die Geschwindigkeit zu messen, sind mit mehreren Un-
bequemlichkeiten verbunden. Da die Stäbe so viel als möglich nahe am Boden gehen

Stab des Cabeo.
gezählt, und hieraus die Dauer eines Umlaufes berechnet. Zu diesem Zwecke befestigt
man gewöhnlich eine Schnur an der Welle des Rädchens, und lässt sie, ohne stark
anzuziehen, an derselben aufwinden; die Anzahl der Windungen ist offenbar der An-
zahl der Umläufe gleich. Wenn z. B. während 2 Minuten 360 Umläufe Statt hatten,
so ist die Zeit eines Umlaufes = [Formel 1] Sekunden. Nehmen wir nun an, dass der Halb-
messer des Rädchens bis zur Mitte der Schaufeln = ½ Fuss ist, so ist die Geschwin-
digkeit des Wassers an dem Orte der Beobachtung v = 3,1416 . 2 . ½ . [Formel 2] = 9,42 Fuss.

Die Umläufe an einem solchen Rädchen können auch noch auf eine andere ArtFig.
13.
Tab.
54.

gemessen werden. Man bringt nämlich eine Schraube ohne Ende an den Achsen des
Rädchens an, und lässt sie in ein Stirnrad von z. B. 60 Zähnen eingreifen. Bei jeder
Umdrehung des Rädchens wird daher ein Zahn weiter gerückt und man kann durch
Abzählen der Zähne von einem bezeichneten Anfangspunkte die Zahl der Umdrehun-
gen und hieraus die Geschwindigkeit leicht berechnen.

§. 225.

Um die Geschwindigkeit des Wassers im Mittel der verschiedenen Tiefen zu bestim-
men, d. h. die mittlere Geschwindigkeit an einem bestimmten Orte einer Fluss-
strecke zu finden, dient der Stab des Cabeo. Diess ist ein hölzerner Stab oder auchFig.
14.

eine blecherne Röhre, die an ihrem untern Theile durch hineingeworfenen Sand oder
andere Körper beschwert wird, damit sie bei der Einsenkung in ein ruhiges Wasser die
senkrechte Richtung annimmt, und in jener Tiefe stehen bleibt, bis zu welcher man
die Geschwindigkeit in dem Flusse messen will. Lässt man nun eine solche Röhre oder
einen an seinem Ende beschwerten Stab bis beinahe am Boden des Flusses im Wasser
gehen, so ist offenbar, dass sich derselbe mit der mittlern Geschwindigkeit des Wassers
fortbewegen werde.

Man hat auf diese Art gefunden, dass die Stäbe oder Röhren selten senkrecht, son-
dern immer entweder vorwärts oder rückwärts geneigt im Wasser gehen. Versucht man
diese Stäbe zwischen Brückenpfeilern oder andern Flussverengungen, so bleibt der untere
Theil derselben vorwärts und zieht den obern nach sich; demnach muss die Geschwin-
digkeit des Wassers am Boden grösser als an der Oberfläche seyn. Findet man dagegen,
wie es gewöhnlich der Fall ist, dass der obere Theil der Röhre vorauseilt, während der
untere zurückbleibt, so muss auch die Geschwindigkeit oben grösser, unten aber kleines
seyn.

Dieselben Beobachtungen hat schon Mariotte in Frankreich gemacht; er verbandFig.
15.

nämlich mehrere ungleich schwere Kugeln von Wachs mittelst eines Fadens nach Art
einer Kette mitsammen und liess sie nun im Flusse fortschwimmen. Da die Kugeln sich
in keiner geraden, sondern in einer krummen Linie gemeinschaftlich fortbewegten, so
schloss er, dass bei jener Kugel, welche vorauseilt, die grösste Geschwindigkeit vorhanden
seyn müsse und umgekehrt.

Diese beiden Methoden, die Geschwindigkeit zu messen, sind mit mehreren Un-
bequemlichkeiten verbunden. Da die Stäbe so viel als möglich nahe am Boden gehen

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[303/0321] Stab des Cabeo. gezählt, und hieraus die Dauer eines Umlaufes berechnet. Zu diesem Zwecke befestigt man gewöhnlich eine Schnur an der Welle des Rädchens, und lässt sie, ohne stark anzuziehen, an derselben aufwinden; die Anzahl der Windungen ist offenbar der An- zahl der Umläufe gleich. Wenn z. B. während 2 Minuten 360 Umläufe Statt hatten, so ist die Zeit eines Umlaufes = [FORMEL] Sekunden. Nehmen wir nun an, dass der Halb- messer des Rädchens bis zur Mitte der Schaufeln = ½ Fuss ist, so ist die Geschwin- digkeit des Wassers an dem Orte der Beobachtung v = 3,1416 . 2 . ½ . [FORMEL] = 9,42 Fuss. Die Umläufe an einem solchen Rädchen können auch noch auf eine andere Art gemessen werden. Man bringt nämlich eine Schraube ohne Ende an den Achsen des Rädchens an, und lässt sie in ein Stirnrad von z. B. 60 Zähnen eingreifen. Bei jeder Umdrehung des Rädchens wird daher ein Zahn weiter gerückt und man kann durch Abzählen der Zähne von einem bezeichneten Anfangspunkte die Zahl der Umdrehun- gen und hieraus die Geschwindigkeit leicht berechnen. Fig. 13. Tab. 54. §. 225. Um die Geschwindigkeit des Wassers im Mittel der verschiedenen Tiefen zu bestim- men, d. h. die mittlere Geschwindigkeit an einem bestimmten Orte einer Fluss- strecke zu finden, dient der Stab des Cabeo. Diess ist ein hölzerner Stab oder auch eine blecherne Röhre, die an ihrem untern Theile durch hineingeworfenen Sand oder andere Körper beschwert wird, damit sie bei der Einsenkung in ein ruhiges Wasser die senkrechte Richtung annimmt, und in jener Tiefe stehen bleibt, bis zu welcher man die Geschwindigkeit in dem Flusse messen will. Lässt man nun eine solche Röhre oder einen an seinem Ende beschwerten Stab bis beinahe am Boden des Flusses im Wasser gehen, so ist offenbar, dass sich derselbe mit der mittlern Geschwindigkeit des Wassers fortbewegen werde. Fig. 14. Man hat auf diese Art gefunden, dass die Stäbe oder Röhren selten senkrecht, son- dern immer entweder vorwärts oder rückwärts geneigt im Wasser gehen. Versucht man diese Stäbe zwischen Brückenpfeilern oder andern Flussverengungen, so bleibt der untere Theil derselben vorwärts und zieht den obern nach sich; demnach muss die Geschwin- digkeit des Wassers am Boden grösser als an der Oberfläche seyn. Findet man dagegen, wie es gewöhnlich der Fall ist, dass der obere Theil der Röhre vorauseilt, während der untere zurückbleibt, so muss auch die Geschwindigkeit oben grösser, unten aber kleines seyn. Dieselben Beobachtungen hat schon Mariotte in Frankreich gemacht; er verband nämlich mehrere ungleich schwere Kugeln von Wachs mittelst eines Fadens nach Art einer Kette mitsammen und liess sie nun im Flusse fortschwimmen. Da die Kugeln sich in keiner geraden, sondern in einer krummen Linie gemeinschaftlich fortbewegten, so schloss er, dass bei jener Kugel, welche vorauseilt, die grösste Geschwindigkeit vorhanden seyn müsse und umgekehrt. Fig. 15. Diese beiden Methoden, die Geschwindigkeit zu messen, sind mit mehreren Un- bequemlichkeiten verbunden. Da die Stäbe so viel als möglich nahe am Boden gehen

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/321>, abgerufen am 28.03.2024.