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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834.

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Reibung zwischen Zahn und Getriebe.
§. 55.

Wir haben bereits früher angeführt, dass die Zähne der Räder, die einander die
Bewegung mittheilen sollen, nach Epicykloidalbögen, welche die Zähne eigentlich über
einander beschreiben, abgerundet werden müssen. Weil aber die Ausmittlung dieser
Epicykloidalbögen für den praktischen Gebrauch zu schwierig seyn würde, und es
auch auf die Kleinigkeit nicht ankommt, um welche sie von den Kreisbögen, die
durch ihre beiden Endpunkte gehen, abweichen; so haben wir im Vorhergehenden
bereits für die Halbmesser dieser Kreisbögen und dem gemäss auch für die Höhe
und Breite der Zähne bestimmte Regeln angegeben. Da es jedoch bei der Bestim-
mung der Reibung und der Gleichung zwischen Kraft und Last
vor-
theilhaft ist, auf diese Cykloidalbögen wieder zurück zu gehen, so wollen wir bei der
Bestimmung der Reibung wieder von denselben Grundsätzen ausgehen.

Zu dieser Absicht betrachten wir in Fig. 5 die Stellung zweier Zähne und ihrer
Fig.
5.
Tab.
75.
Triebstöcke, wovon der erste den Eingriff bei a beginnt und der vorausgehende bei
E die von A ausgehende Bewegung fortsetzt. Den Winkel, welchen die Radien beider
Triebstöcke an dem Mittelpunkte des Getriebes C bilden, oder A C B haben wir vor-
hin = l und eben so den Winkel A J B am Mittelpunkte des gezähnten Rades = m
gesetzt. Der Epicykloidalbogen b' B, den der Triebstock nach zurückgelegtem Winkel
l beschrieb, hat bei B die Linie B D zur Tangente, und der Krümmungshalbmesser der
Epicykloide für den Punkt B wird erhalten, wenn die Sehne B A verlängert, der Bo-
gen A B nach D X übertragen und der Punkt X mit dem Mittelpunkte des gezähnten
Rades J durch die gerade Linie X J verbunden wird, wo sonach der Durchschnittspunkt u
den Mittelpunkt des Krümmungshalbmessers u B für den Punkt B gibt. Ziehen wir nun
aus E die Linie E d parallel zu B D, so ist auf gleiche Art u E der Krümmungshalbmes-
ser für die Abrundung des Zahnes im Punkte E, und E d ist die Tangente dieses Bogens.
Verbinden wir den Eingriffspunkt E mit den Mittelpunkten der beiden Räder C und J, so
sind die Linien E J und E C die beiden Hebelsarme, an welchen die Kraft des Rades und
der Widerstand des Getriebes entgegen wirken, und da durch die Umdrehung der beiden
Räder die Kräfte auf diese Hebelsarme winkelrecht stehen, so sey die Kraft des Rades
am Punkte E = P' = der Linie E P' und auf gleiche Art sey der Widerstand des Getriebes
Q' = der auf E C winkelrecht gezogenen E Q'.

Da die Richtungen dieser beiden Kräfte mit einander einen Winkel bilden, folglich
für sich allein gegeneinander das Gleichgewicht nicht halten können, und da noch über-
diess durch die Bewegung des Zahnes auf dem Triebstocke auch eine Reibung Statt findet,
zu deren Gewältigung abermals Kräfte nothwendig sind, so müssen wir zur Bewirkung des
Gleichgewichtes aller dieser Kräfte, noch 2 Kräfte an den unbeweglichen Mittelpunkten
C und J zu Hilfe nehmen, deren Richtungen demnach in den Halbmessern C E und J E
liegen. Weil die Bewegung des Zahnes auf dem Triebstocke in der Richtung der Tangente
E d vor sich geht, so wollen wir vorerst jede der Kräfte P' und Q' in zwei andere zer-
legen, deren eine winkelrecht auf E d und die andere parallel zu derselben ist. Setzen
wir zu dieser Absicht den Winkel p P' E = w, so ist die winkelrechte Kraft p' E = P' . Cos w

Reibung zwischen Zahn und Getriebe.
§. 55.

Wir haben bereits früher angeführt, dass die Zähne der Räder, die einander die
Bewegung mittheilen sollen, nach Epicykloidalbögen, welche die Zähne eigentlich über
einander beschreiben, abgerundet werden müssen. Weil aber die Ausmittlung dieser
Epicykloidalbögen für den praktischen Gebrauch zu schwierig seyn würde, und es
auch auf die Kleinigkeit nicht ankommt, um welche sie von den Kreisbögen, die
durch ihre beiden Endpunkte gehen, abweichen; so haben wir im Vorhergehenden
bereits für die Halbmesser dieser Kreisbögen und dem gemäss auch für die Höhe
und Breite der Zähne bestimmte Regeln angegeben. Da es jedoch bei der Bestim-
mung der Reibung und der Gleichung zwischen Kraft und Last
vor-
theilhaft ist, auf diese Cykloidalbögen wieder zurück zu gehen, so wollen wir bei der
Bestimmung der Reibung wieder von denselben Grundsätzen ausgehen.

Zu dieser Absicht betrachten wir in Fig. 5 die Stellung zweier Zähne und ihrer
Fig.
5.
Tab.
75.
Triebstöcke, wovon der erste den Eingriff bei a beginnt und der vorausgehende bei
E die von A ausgehende Bewegung fortsetzt. Den Winkel, welchen die Radien beider
Triebstöcke an dem Mittelpunkte des Getriebes C bilden, oder A C B haben wir vor-
hin = λ und eben so den Winkel A J B am Mittelpunkte des gezähnten Rades = μ
gesetzt. Der Epicykloidalbogen b' B, den der Triebstock nach zurückgelegtem Winkel
λ beschrieb, hat bei B die Linie B D zur Tangente, und der Krümmungshalbmesser der
Epicykloide für den Punkt B wird erhalten, wenn die Sehne B A verlängert, der Bo-
gen A B nach D X übertragen und der Punkt X mit dem Mittelpunkte des gezähnten
Rades J durch die gerade Linie X J verbunden wird, wo sonach der Durchschnittspunkt u
den Mittelpunkt des Krümmungshalbmessers u B für den Punkt B gibt. Ziehen wir nun
aus E die Linie E d parallel zu B D, so ist auf gleiche Art u E der Krümmungshalbmes-
ser für die Abrundung des Zahnes im Punkte E, und E d ist die Tangente dieses Bogens.
Verbinden wir den Eingriffspunkt E mit den Mittelpunkten der beiden Räder C und J, so
sind die Linien E J und E C die beiden Hebelsarme, an welchen die Kraft des Rades und
der Widerstand des Getriebes entgegen wirken, und da durch die Umdrehung der beiden
Räder die Kräfte auf diese Hebelsarme winkelrecht stehen, so sey die Kraft des Rades
am Punkte E = P' = der Linie E P' und auf gleiche Art sey der Widerstand des Getriebes
Q' = der auf E C winkelrecht gezogenen E Q'.

Da die Richtungen dieser beiden Kräfte mit einander einen Winkel bilden, folglich
für sich allein gegeneinander das Gleichgewicht nicht halten können, und da noch über-
diess durch die Bewegung des Zahnes auf dem Triebstocke auch eine Reibung Statt findet,
zu deren Gewältigung abermals Kräfte nothwendig sind, so müssen wir zur Bewirkung des
Gleichgewichtes aller dieser Kräfte, noch 2 Kräfte an den unbeweglichen Mittelpunkten
C und J zu Hilfe nehmen, deren Richtungen demnach in den Halbmessern C E und J E
liegen. Weil die Bewegung des Zahnes auf dem Triebstocke in der Richtung der Tangente
E d vor sich geht, so wollen wir vorerst jede der Kräfte P' und Q' in zwei andere zer-
legen, deren eine winkelrecht auf E d und die andere parallel zu derselben ist. Setzen
wir zu dieser Absicht den Winkel p P' E = w, so ist die winkelrechte Kraft p' E = P' . Cos w

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[74/0110] Reibung zwischen Zahn und Getriebe. §. 55. Wir haben bereits früher angeführt, dass die Zähne der Räder, die einander die Bewegung mittheilen sollen, nach Epicykloidalbögen, welche die Zähne eigentlich über einander beschreiben, abgerundet werden müssen. Weil aber die Ausmittlung dieser Epicykloidalbögen für den praktischen Gebrauch zu schwierig seyn würde, und es auch auf die Kleinigkeit nicht ankommt, um welche sie von den Kreisbögen, die durch ihre beiden Endpunkte gehen, abweichen; so haben wir im Vorhergehenden bereits für die Halbmesser dieser Kreisbögen und dem gemäss auch für die Höhe und Breite der Zähne bestimmte Regeln angegeben. Da es jedoch bei der Bestim- mung der Reibung und der Gleichung zwischen Kraft und Last vor- theilhaft ist, auf diese Cykloidalbögen wieder zurück zu gehen, so wollen wir bei der Bestimmung der Reibung wieder von denselben Grundsätzen ausgehen. Zu dieser Absicht betrachten wir in Fig. 5 die Stellung zweier Zähne und ihrer Triebstöcke, wovon der erste den Eingriff bei a beginnt und der vorausgehende bei E die von A ausgehende Bewegung fortsetzt. Den Winkel, welchen die Radien beider Triebstöcke an dem Mittelpunkte des Getriebes C bilden, oder A C B haben wir vor- hin = λ und eben so den Winkel A J B am Mittelpunkte des gezähnten Rades = μ gesetzt. Der Epicykloidalbogen b' B, den der Triebstock nach zurückgelegtem Winkel λ beschrieb, hat bei B die Linie B D zur Tangente, und der Krümmungshalbmesser der Epicykloide für den Punkt B wird erhalten, wenn die Sehne B A verlängert, der Bo- gen A B nach D X übertragen und der Punkt X mit dem Mittelpunkte des gezähnten Rades J durch die gerade Linie X J verbunden wird, wo sonach der Durchschnittspunkt u den Mittelpunkt des Krümmungshalbmessers u B für den Punkt B gibt. Ziehen wir nun aus E die Linie E d parallel zu B D, so ist auf gleiche Art u E der Krümmungshalbmes- ser für die Abrundung des Zahnes im Punkte E, und E d ist die Tangente dieses Bogens. Verbinden wir den Eingriffspunkt E mit den Mittelpunkten der beiden Räder C und J, so sind die Linien E J und E C die beiden Hebelsarme, an welchen die Kraft des Rades und der Widerstand des Getriebes entgegen wirken, und da durch die Umdrehung der beiden Räder die Kräfte auf diese Hebelsarme winkelrecht stehen, so sey die Kraft des Rades am Punkte E = P' = der Linie E P' und auf gleiche Art sey der Widerstand des Getriebes Q' = der auf E C winkelrecht gezogenen E Q'. Fig. 5. Tab. 75. Da die Richtungen dieser beiden Kräfte mit einander einen Winkel bilden, folglich für sich allein gegeneinander das Gleichgewicht nicht halten können, und da noch über- diess durch die Bewegung des Zahnes auf dem Triebstocke auch eine Reibung Statt findet, zu deren Gewältigung abermals Kräfte nothwendig sind, so müssen wir zur Bewirkung des Gleichgewichtes aller dieser Kräfte, noch 2 Kräfte an den unbeweglichen Mittelpunkten C und J zu Hilfe nehmen, deren Richtungen demnach in den Halbmessern C E und J E liegen. Weil die Bewegung des Zahnes auf dem Triebstocke in der Richtung der Tangente E d vor sich geht, so wollen wir vorerst jede der Kräfte P' und Q' in zwei andere zer- legen, deren eine winkelrecht auf E d und die andere parallel zu derselben ist. Setzen wir zu dieser Absicht den Winkel p P' E = w, so ist die winkelrechte Kraft p' E = P' . Cos w

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/110>, abgerufen am 29.03.2024.