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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834.

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IX. Kapitel.
Saugpumpen und Kunstsätze.

§. 187.

Die Saugpumpen (pompes aspirantes) gehören zu den ältesten Maschinen, da sie
gegen 120 Jahre vor Christo von Ctesibius, einem Mathematiker in Alexandrien erfunden
wurden. Der häufige Gebrauch, welcher von diesen Maschinen gemacht wird, gibt ihrer
Theorie überdiess eine grössere Wichtigkeit, als es bei vielen anderen Maschinen der
Fall ist. Wir haben bereits im II. Bande dieses Werkes §. 90 bis 100 die verschiedenen
Gattungen Pumpen, nebst ihren Haupttheilen, nämlich den Kolben und Ventilen umständ-
lich erklärt, durch die nothwendigen Zeichnungen erläutert, und nebstbei die statische
Theorie derselben, oder die Berechnung der Kraft, welche zum Betriebe der Pum-
pen ohne Rücksicht auf Widerstände erfordert wird, angeführt.

Unter den drei Gattungen Pumpen, nämlich den Saugpumpen, den Druckpumpen,
und den vereinigten Saug- und Druckpumpen, sind die Saugpumpen die gebräuch-
lichsten; sie werden häufig, wie es bei unseren Brunnen der Fall ist, durch menschliche
Kräfte betrieben; in den Bergwerken aber, wo bedeutende Wassermassen mittelst dersel-
ben zu gewältigen sind, werden oberschlächtige Räder, Wassersäulenmaschinen oder
auch Dampfmaschinen zu ihrem Betriebe verwendet.

§. 188.

Bei einer jeden Saugpumpe kommen die Theile, aus welchen sie besteht, nämlich
das Saugrohr, das Kolbenrohr mit den Aufsatzröhren, das Saug- und Kolben-
ventil
, der Kolben und die Kolbenstange, besonders zu betrachten.

Bei dem Saugrohre (tuyau d'aspiration) ist zuerst die Höhe oder Länge desselben
zu bestimmen. Wir haben schon §. 91 und 92 im II. Bande gezeigt, dass die grösste Höhe,
auf welche das Wasser durch das Ansaugen bei einem atmosphärischen Drucke von 32 Fuss
steigt, nur 20 bis 25 Fuss für die gewöhnlichen Saugpumpen betrage. Diese Höhe ist aber
bei den in hohen Gebirgen gelegenen Bergwerken, wo der Druck der Atmosphäre ge-
ringer ist, auch minder bedeutend. Delius führt in seiner Anleitung zu der Bergbaukunst,
Wien 1773, Seite 321 an, dass zu Schemnitz in Ungarn auf dem Francisci-Erbstollen, bis
wohin die Kunstsätze aus der Tiefe reichen, der mittlere Barometer-Stand 26 Zoll 5 Linien
par. betrage. Da nun 1 pariser Fuss = 1,0276 N. Oe. Fuss, und die spezifische Schwere
des Quecksilbers 13,6 beträgt, so gibt der angeführte Barometer-Stand nur eine Wasser-
säule von 26 5/12 . 1,0276. 13,6. 1/12 = 30,77 N. Oe. Fuss; es wird daher auch die grösste Höhe
bis zu welcher das Wasser durch Ansaugen gehoben werden kann, weniger betragen.

IX. Kapitel.
Saugpumpen und Kunstsätze.

§. 187.

Die Saugpumpen (pompes aspirantes) gehören zu den ältesten Maschinen, da sie
gegen 120 Jahre vor Christo von Ctesibius, einem Mathematiker in Alexandrien erfunden
wurden. Der häufige Gebrauch, welcher von diesen Maschinen gemacht wird, gibt ihrer
Theorie überdiess eine grössere Wichtigkeit, als es bei vielen anderen Maschinen der
Fall ist. Wir haben bereits im II. Bande dieses Werkes §. 90 bis 100 die verschiedenen
Gattungen Pumpen, nebst ihren Haupttheilen, nämlich den Kolben und Ventilen umständ-
lich erklärt, durch die nothwendigen Zeichnungen erläutert, und nebstbei die statische
Theorie derselben, oder die Berechnung der Kraft, welche zum Betriebe der Pum-
pen ohne Rücksicht auf Widerstände erfordert wird, angeführt.

Unter den drei Gattungen Pumpen, nämlich den Saugpumpen, den Druckpumpen,
und den vereinigten Saug- und Druckpumpen, sind die Saugpumpen die gebräuch-
lichsten; sie werden häufig, wie es bei unseren Brunnen der Fall ist, durch menschliche
Kräfte betrieben; in den Bergwerken aber, wo bedeutende Wassermassen mittelst dersel-
ben zu gewältigen sind, werden oberschlächtige Räder, Wassersäulenmaschinen oder
auch Dampfmaschinen zu ihrem Betriebe verwendet.

§. 188.

Bei einer jeden Saugpumpe kommen die Theile, aus welchen sie besteht, nämlich
das Saugrohr, das Kolbenrohr mit den Aufsatzröhren, das Saug- und Kolben-
ventil
, der Kolben und die Kolbenstange, besonders zu betrachten.

Bei dem Saugrohre (tuyau d’aspiration) ist zuerst die Höhe oder Länge desselben
zu bestimmen. Wir haben schon §. 91 und 92 im II. Bande gezeigt, dass die grösste Höhe,
auf welche das Wasser durch das Ansaugen bei einem atmosphärischen Drucke von 32 Fuss
steigt, nur 20 bis 25 Fuss für die gewöhnlichen Saugpumpen betrage. Diese Höhe ist aber
bei den in hohen Gebirgen gelegenen Bergwerken, wo der Druck der Atmosphäre ge-
ringer ist, auch minder bedeutend. Delius führt in seiner Anleitung zu der Bergbaukunst,
Wien 1773, Seite 321 an, dass zu Schemnitz in Ungarn auf dem Francisci-Erbstollen, bis
wohin die Kunstsätze aus der Tiefe reichen, der mittlere Barometer-Stand 26 Zoll 5 Linien
par. betrage. Da nun 1 pariser Fuss = 1,0276 N. Oe. Fuss, und die spezifische Schwere
des Quecksilbers 13,6 beträgt, so gibt der angeführte Barometer-Stand nur eine Wasser-
säule von 26 5/12 . 1,0276. 13,6. 1/12 = 30,77 N. Oe. Fuss; es wird daher auch die grösste Höhe
bis zu welcher das Wasser durch Ansaugen gehoben werden kann, weniger betragen.

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[263/0299] IX. Kapitel. Saugpumpen und Kunstsätze. §. 187. Die Saugpumpen (pompes aspirantes) gehören zu den ältesten Maschinen, da sie gegen 120 Jahre vor Christo von Ctesibius, einem Mathematiker in Alexandrien erfunden wurden. Der häufige Gebrauch, welcher von diesen Maschinen gemacht wird, gibt ihrer Theorie überdiess eine grössere Wichtigkeit, als es bei vielen anderen Maschinen der Fall ist. Wir haben bereits im II. Bande dieses Werkes §. 90 bis 100 die verschiedenen Gattungen Pumpen, nebst ihren Haupttheilen, nämlich den Kolben und Ventilen umständ- lich erklärt, durch die nothwendigen Zeichnungen erläutert, und nebstbei die statische Theorie derselben, oder die Berechnung der Kraft, welche zum Betriebe der Pum- pen ohne Rücksicht auf Widerstände erfordert wird, angeführt. Unter den drei Gattungen Pumpen, nämlich den Saugpumpen, den Druckpumpen, und den vereinigten Saug- und Druckpumpen, sind die Saugpumpen die gebräuch- lichsten; sie werden häufig, wie es bei unseren Brunnen der Fall ist, durch menschliche Kräfte betrieben; in den Bergwerken aber, wo bedeutende Wassermassen mittelst dersel- ben zu gewältigen sind, werden oberschlächtige Räder, Wassersäulenmaschinen oder auch Dampfmaschinen zu ihrem Betriebe verwendet. §. 188. Bei einer jeden Saugpumpe kommen die Theile, aus welchen sie besteht, nämlich das Saugrohr, das Kolbenrohr mit den Aufsatzröhren, das Saug- und Kolben- ventil, der Kolben und die Kolbenstange, besonders zu betrachten. Bei dem Saugrohre (tuyau d’aspiration) ist zuerst die Höhe oder Länge desselben zu bestimmen. Wir haben schon §. 91 und 92 im II. Bande gezeigt, dass die grösste Höhe, auf welche das Wasser durch das Ansaugen bei einem atmosphärischen Drucke von 32 Fuss steigt, nur 20 bis 25 Fuss für die gewöhnlichen Saugpumpen betrage. Diese Höhe ist aber bei den in hohen Gebirgen gelegenen Bergwerken, wo der Druck der Atmosphäre ge- ringer ist, auch minder bedeutend. Delius führt in seiner Anleitung zu der Bergbaukunst, Wien 1773, Seite 321 an, dass zu Schemnitz in Ungarn auf dem Francisci-Erbstollen, bis wohin die Kunstsätze aus der Tiefe reichen, der mittlere Barometer-Stand 26 Zoll 5 Linien par. betrage. Da nun 1 pariser Fuss = 1,0276 N. Oe. Fuss, und die spezifische Schwere des Quecksilbers 13,6 beträgt, so gibt der angeführte Barometer-Stand nur eine Wasser- säule von 26 5/12 . 1,0276. 13,6. 1/12 = 30,77 N. Oe. Fuss; es wird daher auch die grösste Höhe bis zu welcher das Wasser durch Ansaugen gehoben werden kann, weniger betragen.

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/299>, abgerufen am 18.04.2024.