Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite
Theorie der Hammerwerke.

Da nun 500 Schläge in einer Minute erfolgen, das Vorgelege 46 Zähne, das Stirnrad
80 Zähne, das Daumenrad aber 21 Daumen hat, so muss das Wasserrad [Formel 1] Um-
drehungen in einer Minute machen.

§. 393.

Nachdem wir die Konstrukzion eines grossen Hammerwerkes sammt den dazu gehörigen
Details bereits kennen gelernt haben, kommen wir zum theoretischen Theile dieses Gegen-
standes, welchen wir auf eine bloss elementare Art abhandeln wollen.

Jedes Hammerwerk besteht aus einem oder mehreren Hämmern, deren jeder an einem
eigenen Stiele oder Helm befestigt und durch die Daumen einer Welle bewegt wird. Das Fallen
und Steigen des Hammers geschieht nach dem Gesetze der Schwere, welchem er überlassen
ist, sobald er seinen Stoss vom Hebedaumen erhalten hat, und erhält durch seinen Fall eine
Kraft, das untergelegte Metall zu schlagen. Der Schlag wird eine um so grössere Wirkung
hervorbringen, je schwerer der Hammer, je grösser seine Fallhöhe und je weicher das unter-
gelegte Metall ist. Weil aber durch einen zu grossen Schlag das untergelegte Metall zu viel
gestrekt, oder gar zertheilt werden kann, so folgt, dass die Schläge der Grösse und Be-
schaffenheit des zu bearbeitenden Metallstückes angemessen seyen, und die Absicht der vortheil-
haftern Einrichtung in der grössern Geschwindigkeit gesucht werden müsse. Es sind also für
grössere Arbeiten auch grössere Hämmer und Fallhöhen nöthig, als für kleinere, wesswegen
auch bei jedem Hammerwerke nach Verhältniss der Arbeiten, die verfertigt werden, Häm-
mer von verschiedener Form und Grösse vorhanden sind. Weil hierüber die Erfahrung allein
entscheiden kann, so müssen wir die Grösse und Fallhöhe des Hammers eben so, wie seine
Gestalt als gegeben betrachten. Ist diess bestimmt, so kommt es darauf an, die Zahl der
Schläge, die in einer gegebenen Zeit geschehen, möglichst zu vermehren.

Durch die Vermehrung der Schläge wird 1tens. der Effekt um so grösser, je mehr gleiche
Schläge in einer bestimmten Zeit geschehen. 2tens. Treffen die schnell auf einander folgen-
den Schläge das noch heisse, folglich weichere Metall, sind daher um so ausgiebiger.
3tens. Wird dadurch der Aufwand an Kohlenfeuer und Arbeitszeit verhältnissmässig vermindert,
und 4tens. wird auch der Abbrand, der nach Riemann auf jede Hitze vom Roth- bis zum
Weissglühen 2 bis 4 Prozent beträgt, verringert, weil das Eisen nicht so oft in das Feuer
gebracht werden darf.

Die Daumen, mittelst welcher der Hammer nach jedem Schlage gehoben wird, sind an
einer Welle angebracht, welche bei grossen Hammerwerken gewöhnlich durch die Kraft des
Wassers in Bewegung gesetzt wird. Ist es möglich, eine solche Einrichtung zu treffen, dass
nur eine kleine Wassermenge hiezu benöthigt wird, so werden auch in trockenen Zeiten bei
Mangel an Wasser dennoch die Hämmer in Betrieb erhalten werden. Obwohl bei uns alle
grossen Hammerwerke durch Wasser in Bewegung gesetzt werden, so gibt es doch auch
Zeug- und Waffenschmiede, Zain- und Nagelschmiede, welche sich bei ihren Arbeiten auch
der Zugkraft der Thiere bedienen.

§. 394.

Jeder Hammer fällt, sobald er vom Hebedaumen losgelassen wird, durch sein eigenes
Gewicht herab. Bezeichnen wir die Höhe, auf welche der Hammer frei gehoben wird, mit h,

Gerstner's Mechanik. Band III. 68
Theorie der Hammerwerke.

Da nun 500 Schläge in einer Minute erfolgen, das Vorgelege 46 Zähne, das Stirnrad
80 Zähne, das Daumenrad aber 21 Daumen hat, so muss das Wasserrad [Formel 1] Um-
drehungen in einer Minute machen.

§. 393.

Nachdem wir die Konstrukzion eines grossen Hammerwerkes sammt den dazu gehörigen
Details bereits kennen gelernt haben, kommen wir zum theoretischen Theile dieses Gegen-
standes, welchen wir auf eine bloss elementare Art abhandeln wollen.

Jedes Hammerwerk besteht aus einem oder mehreren Hämmern, deren jeder an einem
eigenen Stiele oder Helm befestigt und durch die Daumen einer Welle bewegt wird. Das Fallen
und Steigen des Hammers geschieht nach dem Gesetze der Schwere, welchem er überlassen
ist, sobald er seinen Stoss vom Hebedaumen erhalten hat, und erhält durch seinen Fall eine
Kraft, das untergelegte Metall zu schlagen. Der Schlag wird eine um so grössere Wirkung
hervorbringen, je schwerer der Hammer, je grösser seine Fallhöhe und je weicher das unter-
gelegte Metall ist. Weil aber durch einen zu grossen Schlag das untergelegte Metall zu viel
gestrekt, oder gar zertheilt werden kann, so folgt, dass die Schläge der Grösse und Be-
schaffenheit des zu bearbeitenden Metallstückes angemessen seyen, und die Absicht der vortheil-
haftern Einrichtung in der grössern Geschwindigkeit gesucht werden müsse. Es sind also für
grössere Arbeiten auch grössere Hämmer und Fallhöhen nöthig, als für kleinere, wesswegen
auch bei jedem Hammerwerke nach Verhältniss der Arbeiten, die verfertigt werden, Häm-
mer von verschiedener Form und Grösse vorhanden sind. Weil hierüber die Erfahrung allein
entscheiden kann, so müssen wir die Grösse und Fallhöhe des Hammers eben so, wie seine
Gestalt als gegeben betrachten. Ist diess bestimmt, so kommt es darauf an, die Zahl der
Schläge, die in einer gegebenen Zeit geschehen, möglichst zu vermehren.

Durch die Vermehrung der Schläge wird 1tens. der Effekt um so grösser, je mehr gleiche
Schläge in einer bestimmten Zeit geschehen. 2tens. Treffen die schnell auf einander folgen-
den Schläge das noch heisse, folglich weichere Metall, sind daher um so ausgiebiger.
3tens. Wird dadurch der Aufwand an Kohlenfeuer und Arbeitszeit verhältnissmässig vermindert,
und 4tens. wird auch der Abbrand, der nach Riemann auf jede Hitze vom Roth- bis zum
Weissglühen 2 bis 4 Prozent beträgt, verringert, weil das Eisen nicht so oft in das Feuer
gebracht werden darf.

Die Daumen, mittelst welcher der Hammer nach jedem Schlage gehoben wird, sind an
einer Welle angebracht, welche bei grossen Hammerwerken gewöhnlich durch die Kraft des
Wassers in Bewegung gesetzt wird. Ist es möglich, eine solche Einrichtung zu treffen, dass
nur eine kleine Wassermenge hiezu benöthigt wird, so werden auch in trockenen Zeiten bei
Mangel an Wasser dennoch die Hämmer in Betrieb erhalten werden. Obwohl bei uns alle
grossen Hammerwerke durch Wasser in Bewegung gesetzt werden, so gibt es doch auch
Zeug- und Waffenschmiede, Zain- und Nagelschmiede, welche sich bei ihren Arbeiten auch
der Zugkraft der Thiere bedienen.

§. 394.

Jeder Hammer fällt, sobald er vom Hebedaumen losgelassen wird, durch sein eigenes
Gewicht herab. Bezeichnen wir die Höhe, auf welche der Hammer frei gehoben wird, mit h,

Gerstner’s Mechanik. Band III. 68
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0573" n="537"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#i">Theorie der Hammerwerke.</hi> </fw><lb/>
            <p>Da nun 500 Schläge in einer Minute erfolgen, das Vorgelege 46 Zähne, das Stirnrad<lb/>
80 Zähne, das Daumenrad aber 21 Daumen hat, so muss das Wasserrad <formula/> Um-<lb/>
drehungen in einer Minute machen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 393.</head><lb/>
            <p>Nachdem wir die Konstrukzion eines grossen Hammerwerkes sammt den dazu gehörigen<lb/>
Details bereits kennen gelernt haben, kommen wir zum theoretischen Theile dieses Gegen-<lb/>
standes, welchen wir auf eine bloss elementare Art abhandeln wollen.</p><lb/>
            <p>Jedes Hammerwerk besteht aus einem oder mehreren Hämmern, deren jeder an einem<lb/>
eigenen Stiele oder Helm befestigt und durch die Daumen einer Welle bewegt wird. Das Fallen<lb/>
und Steigen des Hammers geschieht nach dem Gesetze der Schwere, welchem er überlassen<lb/>
ist, sobald er seinen Stoss vom Hebedaumen erhalten hat, und erhält durch seinen Fall eine<lb/>
Kraft, das untergelegte Metall zu schlagen. Der Schlag wird eine um so grössere Wirkung<lb/>
hervorbringen, je schwerer der Hammer, je grösser seine Fallhöhe und je weicher das unter-<lb/>
gelegte Metall ist. Weil aber durch einen zu grossen Schlag das untergelegte Metall zu viel<lb/>
gestrekt, oder gar zertheilt werden kann, so folgt, dass die Schläge der Grösse und Be-<lb/>
schaffenheit des zu bearbeitenden Metallstückes angemessen seyen, und die Absicht der vortheil-<lb/>
haftern Einrichtung in der grössern Geschwindigkeit gesucht werden müsse. Es sind also für<lb/>
grössere Arbeiten auch grössere Hämmer und Fallhöhen nöthig, als für kleinere, wesswegen<lb/>
auch bei jedem Hammerwerke nach Verhältniss der Arbeiten, die verfertigt werden, Häm-<lb/>
mer von verschiedener Form und Grösse vorhanden sind. Weil hierüber die Erfahrung allein<lb/>
entscheiden kann, so müssen wir die Grösse und Fallhöhe des Hammers eben so, wie seine<lb/>
Gestalt als gegeben betrachten. Ist diess bestimmt, so kommt es darauf an, die Zahl der<lb/>
Schläge, die in einer gegebenen Zeit geschehen, möglichst zu vermehren.</p><lb/>
            <p>Durch die Vermehrung der Schläge wird 1<hi rendition="#sup">tens.</hi> der Effekt um so grösser, je mehr gleiche<lb/>
Schläge in einer bestimmten Zeit geschehen. 2<hi rendition="#sup">tens.</hi> Treffen die schnell auf einander folgen-<lb/>
den Schläge das noch heisse, folglich weichere Metall, sind daher um so ausgiebiger.<lb/>
3<hi rendition="#sup">tens.</hi> Wird dadurch der Aufwand an Kohlenfeuer und Arbeitszeit verhältnissmässig vermindert,<lb/>
und 4<hi rendition="#sup">tens.</hi> wird auch der Abbrand, der nach <hi rendition="#i">Riemann</hi> auf jede Hitze vom Roth- bis zum<lb/>
Weissglühen 2 bis 4 Prozent beträgt, verringert, weil das Eisen nicht so oft in das Feuer<lb/>
gebracht werden darf.</p><lb/>
            <p>Die Daumen, mittelst welcher der Hammer nach jedem Schlage gehoben wird, sind an<lb/>
einer Welle angebracht, welche bei grossen Hammerwerken gewöhnlich durch die Kraft des<lb/>
Wassers in Bewegung gesetzt wird. Ist es möglich, eine solche Einrichtung zu treffen, dass<lb/>
nur eine kleine Wassermenge hiezu benöthigt wird, so werden auch in trockenen Zeiten bei<lb/>
Mangel an Wasser dennoch die Hämmer in Betrieb erhalten werden. Obwohl bei uns alle<lb/>
grossen Hammerwerke durch Wasser in Bewegung gesetzt werden, so gibt es doch auch<lb/>
Zeug- und Waffenschmiede, Zain- und Nagelschmiede, welche sich bei ihren Arbeiten auch<lb/>
der Zugkraft der Thiere bedienen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 394.</head><lb/>
            <p>Jeder Hammer fällt, sobald er vom Hebedaumen losgelassen wird, durch sein eigenes<lb/>
Gewicht herab. Bezeichnen wir die Höhe, auf welche der Hammer frei gehoben wird, mit h,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Gerstner&#x2019;s Mechanik. Band III. 68</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[537/0573] Theorie der Hammerwerke. Da nun 500 Schläge in einer Minute erfolgen, das Vorgelege 46 Zähne, das Stirnrad 80 Zähne, das Daumenrad aber 21 Daumen hat, so muss das Wasserrad [FORMEL] Um- drehungen in einer Minute machen. §. 393. Nachdem wir die Konstrukzion eines grossen Hammerwerkes sammt den dazu gehörigen Details bereits kennen gelernt haben, kommen wir zum theoretischen Theile dieses Gegen- standes, welchen wir auf eine bloss elementare Art abhandeln wollen. Jedes Hammerwerk besteht aus einem oder mehreren Hämmern, deren jeder an einem eigenen Stiele oder Helm befestigt und durch die Daumen einer Welle bewegt wird. Das Fallen und Steigen des Hammers geschieht nach dem Gesetze der Schwere, welchem er überlassen ist, sobald er seinen Stoss vom Hebedaumen erhalten hat, und erhält durch seinen Fall eine Kraft, das untergelegte Metall zu schlagen. Der Schlag wird eine um so grössere Wirkung hervorbringen, je schwerer der Hammer, je grösser seine Fallhöhe und je weicher das unter- gelegte Metall ist. Weil aber durch einen zu grossen Schlag das untergelegte Metall zu viel gestrekt, oder gar zertheilt werden kann, so folgt, dass die Schläge der Grösse und Be- schaffenheit des zu bearbeitenden Metallstückes angemessen seyen, und die Absicht der vortheil- haftern Einrichtung in der grössern Geschwindigkeit gesucht werden müsse. Es sind also für grössere Arbeiten auch grössere Hämmer und Fallhöhen nöthig, als für kleinere, wesswegen auch bei jedem Hammerwerke nach Verhältniss der Arbeiten, die verfertigt werden, Häm- mer von verschiedener Form und Grösse vorhanden sind. Weil hierüber die Erfahrung allein entscheiden kann, so müssen wir die Grösse und Fallhöhe des Hammers eben so, wie seine Gestalt als gegeben betrachten. Ist diess bestimmt, so kommt es darauf an, die Zahl der Schläge, die in einer gegebenen Zeit geschehen, möglichst zu vermehren. Durch die Vermehrung der Schläge wird 1tens. der Effekt um so grösser, je mehr gleiche Schläge in einer bestimmten Zeit geschehen. 2tens. Treffen die schnell auf einander folgen- den Schläge das noch heisse, folglich weichere Metall, sind daher um so ausgiebiger. 3tens. Wird dadurch der Aufwand an Kohlenfeuer und Arbeitszeit verhältnissmässig vermindert, und 4tens. wird auch der Abbrand, der nach Riemann auf jede Hitze vom Roth- bis zum Weissglühen 2 bis 4 Prozent beträgt, verringert, weil das Eisen nicht so oft in das Feuer gebracht werden darf. Die Daumen, mittelst welcher der Hammer nach jedem Schlage gehoben wird, sind an einer Welle angebracht, welche bei grossen Hammerwerken gewöhnlich durch die Kraft des Wassers in Bewegung gesetzt wird. Ist es möglich, eine solche Einrichtung zu treffen, dass nur eine kleine Wassermenge hiezu benöthigt wird, so werden auch in trockenen Zeiten bei Mangel an Wasser dennoch die Hämmer in Betrieb erhalten werden. Obwohl bei uns alle grossen Hammerwerke durch Wasser in Bewegung gesetzt werden, so gibt es doch auch Zeug- und Waffenschmiede, Zain- und Nagelschmiede, welche sich bei ihren Arbeiten auch der Zugkraft der Thiere bedienen. §. 394. Jeder Hammer fällt, sobald er vom Hebedaumen losgelassen wird, durch sein eigenes Gewicht herab. Bezeichnen wir die Höhe, auf welche der Hammer frei gehoben wird, mit h, Gerstner’s Mechanik. Band III. 68

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/573
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/573>, abgerufen am 25.04.2024.