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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834.

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XIV. Kapitel.
Walzwerke.

§. 401.

Die Streck- oder Stabeisenwalzwerke gehören zu jenen Maschinenwerken,
welche immer mehr in Anwendung kommen. Obgleich seit mehr als 30 Jahren in England
und später auch in Frankreich eingeführt, fanden selbe doch erst in den letztern Jahren in
Deutschland, vorzüglich in den Rheingegenden Aufnahme, und werden gegenwärtig immer
mehr angelegt, nachdem die Anwendung der Puddlings-Methode die frühere Frischmani-
pulazion immer mehr und mehr verdrängt.

In den österreichischen Staaten ist die Puddlings-Methode gegenwärtig (July 1834) erst
auf den Eisenwerken des Erzbisthumes von Ollmütz in Mähren, dann auf den Werken zu
Wolfsperg in Kärnthen, welche letztern dermalen einer Akziengesellschaft gehören, einge-
führt worden. Dagegen haben Blechwalzwerke seit 15 bis 20 Jahren so überhandge-
nommen, dass sie die frühere Blecherzeugung auf Hammerwerken bereits ganz verdrängten;
Stabeisenwalzwerke bestehen aber ausser jenen, die mit den genannten Puddlings-Werken in
Verbindung stehen, noch sehr wenige.

Das vorzüglichste Werk dieser Art, welches gegenwärtig in einem sehr lebhaften Be-
triebe steht, wurde im Sommer 1830 auf Befehl der k. k. Hofkammer zu Lanau nächst Mürz-
steg
, auf der Herrschaft Neuberg in Ober-Steyermark durch den dortigen Herrn Oberver-
weser Joseph Hampe, welchem die Leitung dieses grossen Aerarial-Werkes seit 1825 anver-
traut ist, errichtet. Es wird daselbst nicht bloss Stabeisen, sondern auch Blech ge-
walzt, und die Leistungen des Werkes zeigen hinreichend, dass man auf diesem Wege ein
sehr gutes und auch etwas wohlfeileres Eisen erhält, als es bei der frühern Frischmethode in
Hämmern der Fall war.

Die Tafeln Nr. 107 bis 109 enthalten die Details des Lanauer-Stabeisenwalzwer-Tab.
107.
bis
109.

kes. Vor der Beschreibung desselben wollen wir aber unsern Lesern, wie wir es bei den Wer-
ken zu Neu-Joachimsthal und Rostock in Böhmen gethan haben, eine kurze Skizze der Ver-
hältnisse und des Betriebes jenes Eisenwerkes mittheilen.

§. 402.

Geschichtlichen Daten zu Folge wurde das Zisterzienser-Stift, welchem die Herrschaft
Neuberg früher gehörte, im Jahre 1331 von Herzog Otto dem Fröhlichen gegründet,
und diesem Stifte zugleich ein jährlicher Bezug von 10 Mass (200 Zentner Rauhgewichte)

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XIV. Kapitel.
Walzwerke.

§. 401.

Die Streck- oder Stabeisenwalzwerke gehören zu jenen Maschinenwerken,
welche immer mehr in Anwendung kommen. Obgleich seit mehr als 30 Jahren in England
und später auch in Frankreich eingeführt, fanden selbe doch erst in den letztern Jahren in
Deutschland, vorzüglich in den Rheingegenden Aufnahme, und werden gegenwärtig immer
mehr angelegt, nachdem die Anwendung der Puddlings-Methode die frühere Frischmani-
pulazion immer mehr und mehr verdrängt.

In den österreichischen Staaten ist die Puddlings-Methode gegenwärtig (July 1834) erst
auf den Eisenwerken des Erzbisthumes von Ollmütz in Mähren, dann auf den Werken zu
Wolfsperg in Kärnthen, welche letztern dermalen einer Akziengesellschaft gehören, einge-
führt worden. Dagegen haben Blechwalzwerke seit 15 bis 20 Jahren so überhandge-
nommen, dass sie die frühere Blecherzeugung auf Hammerwerken bereits ganz verdrängten;
Stabeisenwalzwerke bestehen aber ausser jenen, die mit den genannten Puddlings-Werken in
Verbindung stehen, noch sehr wenige.

Das vorzüglichste Werk dieser Art, welches gegenwärtig in einem sehr lebhaften Be-
triebe steht, wurde im Sommer 1830 auf Befehl der k. k. Hofkammer zu Lanau nächst Mürz-
steg
, auf der Herrschaft Neuberg in Ober-Steyermark durch den dortigen Herrn Oberver-
weser Joseph Hampe, welchem die Leitung dieses grossen Aerarial-Werkes seit 1825 anver-
traut ist, errichtet. Es wird daselbst nicht bloss Stabeisen, sondern auch Blech ge-
walzt, und die Leistungen des Werkes zeigen hinreichend, dass man auf diesem Wege ein
sehr gutes und auch etwas wohlfeileres Eisen erhält, als es bei der frühern Frischmethode in
Hämmern der Fall war.

Die Tafeln Nr. 107 bis 109 enthalten die Details des Lanauer-Stabeisenwalzwer-Tab.
107.
bis
109.

kes. Vor der Beschreibung desselben wollen wir aber unsern Lesern, wie wir es bei den Wer-
ken zu Neu-Joachimsthal und Rostock in Böhmen gethan haben, eine kurze Skizze der Ver-
hältnisse und des Betriebes jenes Eisenwerkes mittheilen.

§. 402.

Geschichtlichen Daten zu Folge wurde das Zisterzienser-Stift, welchem die Herrschaft
Neuberg früher gehörte, im Jahre 1331 von Herzog Otto dem Fröhlichen gegründet,
und diesem Stifte zugleich ein jährlicher Bezug von 10 Mass (200 Zentner Rauhgewichte)

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[547/0583] XIV. Kapitel. Walzwerke. §. 401. Die Streck- oder Stabeisenwalzwerke gehören zu jenen Maschinenwerken, welche immer mehr in Anwendung kommen. Obgleich seit mehr als 30 Jahren in England und später auch in Frankreich eingeführt, fanden selbe doch erst in den letztern Jahren in Deutschland, vorzüglich in den Rheingegenden Aufnahme, und werden gegenwärtig immer mehr angelegt, nachdem die Anwendung der Puddlings-Methode die frühere Frischmani- pulazion immer mehr und mehr verdrängt. In den österreichischen Staaten ist die Puddlings-Methode gegenwärtig (July 1834) erst auf den Eisenwerken des Erzbisthumes von Ollmütz in Mähren, dann auf den Werken zu Wolfsperg in Kärnthen, welche letztern dermalen einer Akziengesellschaft gehören, einge- führt worden. Dagegen haben Blechwalzwerke seit 15 bis 20 Jahren so überhandge- nommen, dass sie die frühere Blecherzeugung auf Hammerwerken bereits ganz verdrängten; Stabeisenwalzwerke bestehen aber ausser jenen, die mit den genannten Puddlings-Werken in Verbindung stehen, noch sehr wenige. Das vorzüglichste Werk dieser Art, welches gegenwärtig in einem sehr lebhaften Be- triebe steht, wurde im Sommer 1830 auf Befehl der k. k. Hofkammer zu Lanau nächst Mürz- steg, auf der Herrschaft Neuberg in Ober-Steyermark durch den dortigen Herrn Oberver- weser Joseph Hampe, welchem die Leitung dieses grossen Aerarial-Werkes seit 1825 anver- traut ist, errichtet. Es wird daselbst nicht bloss Stabeisen, sondern auch Blech ge- walzt, und die Leistungen des Werkes zeigen hinreichend, dass man auf diesem Wege ein sehr gutes und auch etwas wohlfeileres Eisen erhält, als es bei der frühern Frischmethode in Hämmern der Fall war. Die Tafeln Nr. 107 bis 109 enthalten die Details des Lanauer-Stabeisenwalzwer- kes. Vor der Beschreibung desselben wollen wir aber unsern Lesern, wie wir es bei den Wer- ken zu Neu-Joachimsthal und Rostock in Böhmen gethan haben, eine kurze Skizze der Ver- hältnisse und des Betriebes jenes Eisenwerkes mittheilen. Tab. 107. bis 109. §. 402. Geschichtlichen Daten zu Folge wurde das Zisterzienser-Stift, welchem die Herrschaft Neuberg früher gehörte, im Jahre 1331 von Herzog Otto dem Fröhlichen gegründet, und diesem Stifte zugleich ein jährlicher Bezug von 10 Mass (200 Zentner Rauhgewichte) 69*

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/583>, abgerufen am 19.04.2024.