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Gessert, Ferdinand: Ueber den Begriff und die Wichtigkeit der Schulzucht besonders für die Volksschulen. Münster, 1826.

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freundlicher er sich benimmt um Frömmigkeit, Liebe
und Treue zu erwecken, desto besser thut er, wenn er
dabei nur zeigt, daß diese Dinge sein höchster Ernst sind;
desto sicherer hilft er auch sie erzeugen, denn sie haben
an sich eine göttliche Kraft, und in dem Menschen
einen Treiber, der bei gehöriger Unterweisung stärker
ist als alle äußerliche Zwangsmittel: das Gewissen.

Wie dies Kapitel von der Selbstthätigkeit die
vorigen beiden ergänzt und der Gemeinsamkeit sowol
als dem Gehorsam den rechten Gehalt gibt, erhellt
von selbst. Nur den Beweis haben wir noch zu
führen, ob denn die Uebungen der Frömmigkeit, der
Liebe und der Treue nun wirklich die Bildung von
der Seite der Erziehung vollenden? oder was einer-
lei ist: ob das Kapitel von der Selbstthätigkeit nur
diesen Umfang haben könne und keinen andern?
Unmittelbar an den genannten Stücken dieses darzu-
thun, wie in den beiden ersten Kapiteln, wird
wenigstens jedem sehr weitläuftig scheinen; wir müs-
sen aber sogar solchen unmittelbaren Beweis gänz-
lich von uns ablehnen, weil es hier nicht mehr um
Dinge sich handelt, die Menschen gesetzt und für
nöthig erachtet, sondern um diejenigen, welche Gott
selbst über uns geordnet und befohlen hat, welche
auch mit den drei Bedingungen eines Christen,
Glaube, Liebe, Hoffnung, vollkommen in einander
fallen. Es gebührt uns also nicht erst zu erörtern,
ob sie gerade zur Vollendung der Bildung nöthig
und recht sind; wenn wir dies auch erreichen könn-
ten mit dem Verstand. Der unmittelbare Beweis
für sie liegt in ihnen selbst, für unser Verfahren

freundlicher er ſich benimmt um Froͤmmigkeit, Liebe
und Treue zu erwecken, deſto beſſer thut er, wenn er
dabei nur zeigt, daß dieſe Dinge ſein hoͤchſter Ernſt ſind;
deſto ſicherer hilft er auch ſie erzeugen, denn ſie haben
an ſich eine goͤttliche Kraft, und in dem Menſchen
einen Treiber, der bei gehoͤriger Unterweiſung ſtaͤrker
iſt als alle aͤußerliche Zwangsmittel: das Gewiſſen.

Wie dies Kapitel von der Selbſtthaͤtigkeit die
vorigen beiden ergaͤnzt und der Gemeinſamkeit ſowol
als dem Gehorſam den rechten Gehalt gibt, erhellt
von ſelbſt. Nur den Beweis haben wir noch zu
fuͤhren, ob denn die Uebungen der Froͤmmigkeit, der
Liebe und der Treue nun wirklich die Bildung von
der Seite der Erziehung vollenden? oder was einer-
lei iſt: ob das Kapitel von der Selbſtthaͤtigkeit nur
dieſen Umfang haben koͤnne und keinen andern?
Unmittelbar an den genannten Stuͤcken dieſes darzu-
thun, wie in den beiden erſten Kapiteln, wird
wenigſtens jedem ſehr weitlaͤuftig ſcheinen; wir muͤſ-
ſen aber ſogar ſolchen unmittelbaren Beweis gaͤnz-
lich von uns ablehnen, weil es hier nicht mehr um
Dinge ſich handelt, die Menſchen geſetzt und fuͤr
noͤthig erachtet, ſondern um diejenigen, welche Gott
ſelbſt uͤber uns geordnet und befohlen hat, welche
auch mit den drei Bedingungen eines Chriſten,
Glaube, Liebe, Hoffnung, vollkommen in einander
fallen. Es gebuͤhrt uns alſo nicht erſt zu eroͤrtern,
ob ſie gerade zur Vollendung der Bildung noͤthig
und recht ſind; wenn wir dies auch erreichen koͤnn-
ten mit dem Verſtand. Der unmittelbare Beweis
fuͤr ſie liegt in ihnen ſelbſt, fuͤr unſer Verfahren

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[42/0050] freundlicher er ſich benimmt um Froͤmmigkeit, Liebe und Treue zu erwecken, deſto beſſer thut er, wenn er dabei nur zeigt, daß dieſe Dinge ſein hoͤchſter Ernſt ſind; deſto ſicherer hilft er auch ſie erzeugen, denn ſie haben an ſich eine goͤttliche Kraft, und in dem Menſchen einen Treiber, der bei gehoͤriger Unterweiſung ſtaͤrker iſt als alle aͤußerliche Zwangsmittel: das Gewiſſen. Wie dies Kapitel von der Selbſtthaͤtigkeit die vorigen beiden ergaͤnzt und der Gemeinſamkeit ſowol als dem Gehorſam den rechten Gehalt gibt, erhellt von ſelbſt. Nur den Beweis haben wir noch zu fuͤhren, ob denn die Uebungen der Froͤmmigkeit, der Liebe und der Treue nun wirklich die Bildung von der Seite der Erziehung vollenden? oder was einer- lei iſt: ob das Kapitel von der Selbſtthaͤtigkeit nur dieſen Umfang haben koͤnne und keinen andern? Unmittelbar an den genannten Stuͤcken dieſes darzu- thun, wie in den beiden erſten Kapiteln, wird wenigſtens jedem ſehr weitlaͤuftig ſcheinen; wir muͤſ- ſen aber ſogar ſolchen unmittelbaren Beweis gaͤnz- lich von uns ablehnen, weil es hier nicht mehr um Dinge ſich handelt, die Menſchen geſetzt und fuͤr noͤthig erachtet, ſondern um diejenigen, welche Gott ſelbſt uͤber uns geordnet und befohlen hat, welche auch mit den drei Bedingungen eines Chriſten, Glaube, Liebe, Hoffnung, vollkommen in einander fallen. Es gebuͤhrt uns alſo nicht erſt zu eroͤrtern, ob ſie gerade zur Vollendung der Bildung noͤthig und recht ſind; wenn wir dies auch erreichen koͤnn- ten mit dem Verſtand. Der unmittelbare Beweis fuͤr ſie liegt in ihnen ſelbſt, fuͤr unſer Verfahren

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Zitationshilfe: Gessert, Ferdinand: Ueber den Begriff und die Wichtigkeit der Schulzucht besonders für die Volksschulen. Münster, 1826, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessert_schulzucht_1826/50>, abgerufen am 28.03.2024.