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[Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740.

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Vernünftige Gedancken
denn nicht auch ein Setzer in der Buchdruckerey? Wer
jemals dem Druck etwas von seiner Arbeit überlassen
hat, der wird es aus eigener Erfahrung wohl wahrge-
nommen haben. Und wenn ihm auch dieses noch nicht
selbsten begegnet, weil er in seinem Leben niemals et-
was zum Druck befördert; So sieht er es doch aus
andern bereits gedruckten Schriften zu seinem Ver-
druß. Bald ist ein Buchstabe, oder Wort, zu viel,
bald fehlt eines, bald steht eines verkehrt, oder wohl
gar falsch, da. Auf wem ist nun die Schuld zu schie-
ben? Beklage ich mich deßwegen bey dem Verleger,
so schiebt er die Schuld auf den Buchdrucker; Höre
ich den Buchdrucker, so spricht er der Corrector ist
Schuld daran; Nehme ich diesen in Anspruch, so ent-
schuldigt er sich, und spricht: Der Verfasser ist die
Ursache dieses Ubels. Welchem soll ich nun glauben?
Keinem unter allen. Warum? Sie können alle mit
einander daran Schuld haben, und haben sie auch öf-
ters würcklich. Und dieses will ich sattsam erweisen, zu-
gleich aber auch zeigen, wie diesem Ubel abzuhelfen sey.

§. 2.

Jch gebe demnach erstlich den Buchhänd-
ler, oder Verleger eines Buchs, als eine Ursache der so
häufigen Druckfehler an; Jedoch mit der Bedin-
gung, daß ich hier nicht von allen und jeden, sondern
nur von einigen rede, welche ich gleich näher beschreiben
will. Es ist bekannt, daß heut zu Tage die meisten
Bücher auf Kosten der Herren Buchhändler gedruckt
werden. Hat nun ein Buchhändler ein Manuscript
von einem Verfasser, gegen billige Erkänntlichkeit sei-
ner Bemühung, rechtmäßiger Weise an sich gebracht;
So ist alsdenn seine Schuldigkeit, daß er alle ersinnli-
che Sorgfalt anwende, wie nunmehro sein Werck auf
gut Pappier, mit feinen Littern, und, so viel sich nur
thun lassen will, correct abgedruckt werde. Jch woll-

te

Vernuͤnftige Gedancken
denn nicht auch ein Setzer in der Buchdruckerey? Wer
jemals dem Druck etwas von ſeiner Arbeit uͤberlaſſen
hat, der wird es aus eigener Erfahrung wohl wahrge-
nommen haben. Und wenn ihm auch dieſes noch nicht
ſelbſten begegnet, weil er in ſeinem Leben niemals et-
was zum Druck befoͤrdert; So ſieht er es doch aus
andern bereits gedruckten Schriften zu ſeinem Ver-
druß. Bald iſt ein Buchſtabe, oder Wort, zu viel,
bald fehlt eines, bald ſteht eines verkehrt, oder wohl
gar falſch, da. Auf wem iſt nun die Schuld zu ſchie-
ben? Beklage ich mich deßwegen bey dem Verleger,
ſo ſchiebt er die Schuld auf den Buchdrucker; Hoͤre
ich den Buchdrucker, ſo ſpricht er der Corrector iſt
Schuld daran; Nehme ich dieſen in Anſpruch, ſo ent-
ſchuldigt er ſich, und ſpricht: Der Verfaſſer iſt die
Urſache dieſes Ubels. Welchem ſoll ich nun glauben?
Keinem unter allen. Warum? Sie koͤnnen alle mit
einander daran Schuld haben, und haben ſie auch oͤf-
ters wuͤrcklich. Und dieſes will ich ſattſam erweiſen, zu-
gleich aber auch zeigen, wie dieſem Ubel abzuhelfen ſey.

§. 2.

Jch gebe demnach erſtlich den Buchhaͤnd-
ler, oder Verleger eines Buchs, als eine Urſache der ſo
haͤufigen Druckfehler an; Jedoch mit der Bedin-
gung, daß ich hier nicht von allen und jeden, ſondern
nur von einigen rede, welche ich gleich naͤher beſchreiben
will. Es iſt bekannt, daß heut zu Tage die meiſten
Buͤcher auf Koſten der Herren Buchhaͤndler gedruckt
werden. Hat nun ein Buchhaͤndler ein Manuſcript
von einem Verfaſſer, gegen billige Erkaͤnntlichkeit ſei-
ner Bemuͤhung, rechtmaͤßiger Weiſe an ſich gebracht;
So iſt alsdenn ſeine Schuldigkeit, daß er alle erſinnli-
che Sorgfalt anwende, wie nunmehro ſein Werck auf
gut Pappier, mit feinen Littern, und, ſo viel ſich nur
thun laſſen will, correct abgedruckt werde. Jch woll-

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[120/0367] Vernuͤnftige Gedancken denn nicht auch ein Setzer in der Buchdruckerey? Wer jemals dem Druck etwas von ſeiner Arbeit uͤberlaſſen hat, der wird es aus eigener Erfahrung wohl wahrge- nommen haben. Und wenn ihm auch dieſes noch nicht ſelbſten begegnet, weil er in ſeinem Leben niemals et- was zum Druck befoͤrdert; So ſieht er es doch aus andern bereits gedruckten Schriften zu ſeinem Ver- druß. Bald iſt ein Buchſtabe, oder Wort, zu viel, bald fehlt eines, bald ſteht eines verkehrt, oder wohl gar falſch, da. Auf wem iſt nun die Schuld zu ſchie- ben? Beklage ich mich deßwegen bey dem Verleger, ſo ſchiebt er die Schuld auf den Buchdrucker; Hoͤre ich den Buchdrucker, ſo ſpricht er der Corrector iſt Schuld daran; Nehme ich dieſen in Anſpruch, ſo ent- ſchuldigt er ſich, und ſpricht: Der Verfaſſer iſt die Urſache dieſes Ubels. Welchem ſoll ich nun glauben? Keinem unter allen. Warum? Sie koͤnnen alle mit einander daran Schuld haben, und haben ſie auch oͤf- ters wuͤrcklich. Und dieſes will ich ſattſam erweiſen, zu- gleich aber auch zeigen, wie dieſem Ubel abzuhelfen ſey. §. 2. Jch gebe demnach erſtlich den Buchhaͤnd- ler, oder Verleger eines Buchs, als eine Urſache der ſo haͤufigen Druckfehler an; Jedoch mit der Bedin- gung, daß ich hier nicht von allen und jeden, ſondern nur von einigen rede, welche ich gleich naͤher beſchreiben will. Es iſt bekannt, daß heut zu Tage die meiſten Buͤcher auf Koſten der Herren Buchhaͤndler gedruckt werden. Hat nun ein Buchhaͤndler ein Manuſcript von einem Verfaſſer, gegen billige Erkaͤnntlichkeit ſei- ner Bemuͤhung, rechtmaͤßiger Weiſe an ſich gebracht; So iſt alsdenn ſeine Schuldigkeit, daß er alle erſinnli- che Sorgfalt anwende, wie nunmehro ſein Werck auf gut Pappier, mit feinen Littern, und, ſo viel ſich nur thun laſſen will, correct abgedruckt werde. Jch woll- te

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Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst01_1740/367>, abgerufen am 28.03.2024.