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[Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740.

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Bericht von dem Schriftgiesen.
werden können. Jn der Matrice aber, die unten an
das Jnstrument angebunden, und im Zusammen-
schlagen desselben gefasset, worauf der Drath, oder Fe-
der,
gesetzet und damit befestiget wird, bekommt der
Buchstabe seinen eigentlichen Character und Bedeu-
tung. Die Matrices werden zuvor sehr accurat
gleich gemacht, dergestalt, daß der eigentliche Chara-
cter einer jeden Matrice gleich tief, und eben so höchst
accurat in gleicher Distanz des obern Endes, und auch
eben so gerade, im Kupfer eingesencket stehe: Welche
Arbeit das justiren genennet wird. Die Kerne an
diesem Jnstrument sind beweglich, und lassen sich ein
und auswärts treiben. Jst demnach die Mater, zum
Exempel, ein m; So werden die Kerne aus-
wärts getrieben. Wenn aber hernach a oder e ge-
gossen wird, welche mercklich schmäler sind, als ein m,
werden sie wiederum einwärts geschlagen, und dadurch
bekömmt der Buchstabe seine proportionirte Breite.
Durch diese Kerne wird auch der Kegel einer jeden
Schrift bestimmt. Denn so lang, zum Exempel, in ei-
ner Schrift das s oder f ist, so hoch muß auch der Ke-
gel
aufs wenigste seyn, darauf eine Schrift gegossen
wird. Daher kommen die Benennungen der Schrif-
ten, zum Exempel, Cicero Kegel, Corpus Kegel etc.
Diese Kerne geben auch den Littern eine gewisse Hö-
he. Eine jede Buchdruckerey kan sich nemlich eine be-
sondere Höhe erkiesen, wodurch man zu verhindern su-
chet, wenn aus einer Buchdruckerey Schriften sollten
entwendet werden, daß sie nicht leicht in einer andern
wiederum, wo man zumal accurat seyn will, gebrau-
chet werden können. Die groben Schriften, zum
Exempel, Canon, Missal etc. werden nicht in Stahl,
sondern in Meßing geschnitten. Denn so grosse Schrif-

ten

Bericht von dem Schriftgieſen.
werden koͤnnen. Jn der Matrice aber, die unten an
das Jnſtrument angebunden, und im Zuſammen-
ſchlagen deſſelben gefaſſet, worauf der Drath, oder Fe-
der,
geſetzet und damit befeſtiget wird, bekommt der
Buchſtabe ſeinen eigentlichen Character und Bedeu-
tung. Die Matrices werden zuvor ſehr accurat
gleich gemacht, dergeſtalt, daß der eigentliche Chara-
cter einer jeden Matrice gleich tief, und eben ſo hoͤchſt
accurat in gleicher Diſtanz des obern Endes, und auch
eben ſo gerade, im Kupfer eingeſencket ſtehe: Welche
Arbeit das juſtiren genennet wird. Die Kerne an
dieſem Jnſtrument ſind beweglich, und laſſen ſich ein
und auswaͤrts treiben. Jſt demnach die Mater, zum
Exempel, ein m; So werden die Kerne aus-
waͤrts getrieben. Wenn aber hernach a oder e ge-
goſſen wird, welche mercklich ſchmaͤler ſind, als ein m,
werden ſie wiederum einwaͤrts geſchlagen, und dadurch
bekoͤmmt der Buchſtabe ſeine proportionirte Breite.
Durch dieſe Kerne wird auch der Kegel einer jeden
Schrift beſtimmt. Denn ſo lang, zum Exempel, in ei-
ner Schrift das ſ oder f iſt, ſo hoch muß auch der Ke-
gel
aufs wenigſte ſeyn, darauf eine Schrift gegoſſen
wird. Daher kommen die Benennungen der Schrif-
ten, zum Exempel, Cicero Kegel, Corpus Kegel ꝛc.
Dieſe Kerne geben auch den Littern eine gewiſſe Hoͤ-
he. Eine jede Buchdruckerey kan ſich nemlich eine be-
ſondere Hoͤhe erkieſen, wodurch man zu verhindern ſu-
chet, wenn aus einer Buchdruckerey Schriften ſollten
entwendet werden, daß ſie nicht leicht in einer andern
wiederum, wo man zumal accurat ſeyn will, gebrau-
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[132/0380] Bericht von dem Schriftgieſen. werden koͤnnen. Jn der Matrice aber, die unten an das Jnſtrument angebunden, und im Zuſammen- ſchlagen deſſelben gefaſſet, worauf der Drath, oder Fe- der, geſetzet und damit befeſtiget wird, bekommt der Buchſtabe ſeinen eigentlichen Character und Bedeu- tung. Die Matrices werden zuvor ſehr accurat gleich gemacht, dergeſtalt, daß der eigentliche Chara- cter einer jeden Matrice gleich tief, und eben ſo hoͤchſt accurat in gleicher Diſtanz des obern Endes, und auch eben ſo gerade, im Kupfer eingeſencket ſtehe: Welche Arbeit das juſtiren genennet wird. Die Kerne an dieſem Jnſtrument ſind beweglich, und laſſen ſich ein und auswaͤrts treiben. Jſt demnach die Mater, zum Exempel, ein m; So werden die Kerne aus- waͤrts getrieben. Wenn aber hernach a oder e ge- goſſen wird, welche mercklich ſchmaͤler ſind, als ein m, werden ſie wiederum einwaͤrts geſchlagen, und dadurch bekoͤmmt der Buchſtabe ſeine proportionirte Breite. Durch dieſe Kerne wird auch der Kegel einer jeden Schrift beſtimmt. Denn ſo lang, zum Exempel, in ei- ner Schrift das ſ oder f iſt, ſo hoch muß auch der Ke- gel aufs wenigſte ſeyn, darauf eine Schrift gegoſſen wird. Daher kommen die Benennungen der Schrif- ten, zum Exempel, Cicero Kegel, Corpus Kegel ꝛc. Dieſe Kerne geben auch den Littern eine gewiſſe Hoͤ- he. Eine jede Buchdruckerey kan ſich nemlich eine be- ſondere Hoͤhe erkieſen, wodurch man zu verhindern ſu- chet, wenn aus einer Buchdruckerey Schriften ſollten entwendet werden, daß ſie nicht leicht in einer andern wiederum, wo man zumal accurat ſeyn will, gebrau- chet werden koͤnnen. Die groben Schriften, zum Exempel, Canon, Miſſal ꝛc. werden nicht in Stahl, ſondern in Meßing geſchnitten. Denn ſo groſſe Schrif- ten

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Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst01_1740/380>, abgerufen am 24.04.2024.