Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.

Bild:
<< vorherige Seite
PALEMON.

WIe lieblich glänzet das Morgenroth durch die
Haselstaude und die wilden Rosen am Fenster!
Wie froh singet die Schwalbe auf dem Balken
unter meinem Dach! und die kleine Lerche in
der hohen Luft! Alles ist munter, und jede Pflanze
hat sich im Thau verjüngt; auch ich, auch ich
scheine verjüngt; mein Stab soll mich Greisen vor
die Schwelle meiner Hütte führen, da will ich
mich der kommenden Sonne gegenüber sezen,
und über die grünen Wiesen hinsehn. O wie
schön ist alles um mich her! Alles was ich höre
sind Stimmen der Freude und des Danks. Die
Vögel in der Luft und der Hirt auf dem Felde sin-
gen ihr Entzüken, auch die Herden brüllen ihre
Freude von den grasreichen Hügeln und aus dem
durchwässerten Thal. O wie lang, wie lang,
ihr Götter! soll ich noch eurer Gütigkeit Zeuge

PALEMON.

WIe lieblich glänzet das Morgenroth durch die
Haſelſtaude und die wilden Roſen am Fenſter!
Wie froh ſinget die Schwalbe auf dem Balken
unter meinem Dach! und die kleine Lerche in
der hohen Luft! Alles iſt munter, und jede Pflanze
hat ſich im Thau verjüngt; auch ich, auch ich
ſcheine verjüngt; mein Stab ſoll mich Greiſen vor
die Schwelle meiner Hütte führen, da will ich
mich der kommenden Sonne gegenüber ſezen,
und über die grünen Wieſen hinſehn. O wie
ſchön iſt alles um mich her! Alles was ich höre
ſind Stimmen der Freude und des Danks. Die
Vögel in der Luft und der Hirt auf dem Felde ſin-
gen ihr Entzüken, auch die Herden brüllen ihre
Freude von den graſreichen Hügeln und aus dem
durchwäſſerten Thal. O wie lang, wie lang,
ihr Götter! ſoll ich noch eurer Gütigkeit Zeuge

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0067" n="62"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">PALEMON</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">W</hi>Ie lieblich glänzet das Morgenroth durch die<lb/>
Ha&#x017F;el&#x017F;taude und die wilden Ro&#x017F;en am Fen&#x017F;ter!<lb/>
Wie froh &#x017F;inget die Schwalbe auf dem Balken<lb/>
unter meinem Dach! und die kleine Lerche in<lb/>
der hohen Luft! Alles i&#x017F;t munter, und jede Pflanze<lb/>
hat &#x017F;ich im Thau verjüngt; auch ich, auch ich<lb/>
&#x017F;cheine verjüngt; mein Stab &#x017F;oll mich Grei&#x017F;en vor<lb/>
die Schwelle meiner Hütte führen, da will ich<lb/>
mich der kommenden Sonne gegenüber &#x017F;ezen,<lb/>
und über die grünen Wie&#x017F;en hin&#x017F;ehn. O wie<lb/>
&#x017F;chön i&#x017F;t alles um mich her! Alles was ich höre<lb/>
&#x017F;ind Stimmen der Freude und des Danks. Die<lb/>
Vögel in der Luft und der Hirt auf dem Felde &#x017F;in-<lb/>
gen ihr Entzüken, auch die Herden brüllen ihre<lb/>
Freude von den gra&#x017F;reichen Hügeln und aus dem<lb/>
durchwä&#x017F;&#x017F;erten Thal. O wie lang, wie lang,<lb/>
ihr Götter! &#x017F;oll ich noch eurer Gütigkeit Zeuge<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0067] PALEMON. WIe lieblich glänzet das Morgenroth durch die Haſelſtaude und die wilden Roſen am Fenſter! Wie froh ſinget die Schwalbe auf dem Balken unter meinem Dach! und die kleine Lerche in der hohen Luft! Alles iſt munter, und jede Pflanze hat ſich im Thau verjüngt; auch ich, auch ich ſcheine verjüngt; mein Stab ſoll mich Greiſen vor die Schwelle meiner Hütte führen, da will ich mich der kommenden Sonne gegenüber ſezen, und über die grünen Wieſen hinſehn. O wie ſchön iſt alles um mich her! Alles was ich höre ſind Stimmen der Freude und des Danks. Die Vögel in der Luft und der Hirt auf dem Felde ſin- gen ihr Entzüken, auch die Herden brüllen ihre Freude von den graſreichen Hügeln und aus dem durchwäſſerten Thal. O wie lang, wie lang, ihr Götter! ſoll ich noch eurer Gütigkeit Zeuge

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/67
Zitationshilfe: [Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/67>, abgerufen am 25.04.2024.