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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789.

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eine Königin eines Ablegers befruchtet werden; da-
her höchst wahrscheinlich die Befruchtung hier, so
wie im ganzen Naturreiche von statten gehet. Es
liegt in einem jeglichen Bieneney, in der kleinsten
Feinheit, die männliche Befruchtung, so wie bey den
Hünereyern. Von dem männlichen Saamen rühret
das Leben des Eyes her, das durch die Bebrütung
weiter entwickelt, und durch die gehörige Nahrung
zur weitern Vollkommenheit gebracht wird. Käme
es hauptsächlich auf das weibliche Geschlecht an, und
hätten die weiblichen Eyer vor sich die Kraft, reiche
Nachkommenschaften zu liefern; so brauchte man
nicht nur keine andere Geschlechtsarten, sondern es
wäre auch die fleischliche Vermischung überflüßig, und
das weibliche Geschlecht müßte vor dem männlichen
den Vorzug behaupten, welches wider die natürliche
und sittliche Einrichtung der Natur liefe.

§. 4.

Die Thränen haben alle Kennzeichen der Män-
ner an sich. Es sind freylich viel Männer zu einem
Weibe, allein nicht alle sind zur Begattung bestimmt,
sondern nur einige wenige. Der meiste Theil wirft sei-
nen Saamen freywillig in diejenige Zelle, worin zuvor
die Königin ein Ey gelegt hatte. Daß dem so sey,
ist klar, weil die meisten Thränen Hoden, obgleich
keine männliche Ruthe haben: Hoden aber sind nichts
anders, als männliche Werkzeuge oder männliche
Gliedmaßen, wo der Saame in gewisse Saamenge-
fäße bereitet und aufbehalten wird. Es kann also
der größte Theil der Thränen dazu erschaffen worden
seyn, den männlichen Saamen, als einen Futterbrey
in diejenige Zelle fallen zu lassen, wo die Königinn
bereits ihre Eyer hingelegt hat. Diese Muthmaßung
wird durch die Ablegerkunst höchst wahrscheinlich, weil
das Ey ein gewisses Alter und Brey haben muß,

wenn
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eine Koͤnigin eines Ablegers befruchtet werden; da-
her hoͤchſt wahrſcheinlich die Befruchtung hier, ſo
wie im ganzen Naturreiche von ſtatten gehet. Es
liegt in einem jeglichen Bieneney, in der kleinſten
Feinheit, die maͤnnliche Befruchtung, ſo wie bey den
Huͤnereyern. Von dem maͤnnlichen Saamen ruͤhret
das Leben des Eyes her, das durch die Bebruͤtung
weiter entwickelt, und durch die gehoͤrige Nahrung
zur weitern Vollkommenheit gebracht wird. Kaͤme
es hauptſaͤchlich auf das weibliche Geſchlecht an, und
haͤtten die weiblichen Eyer vor ſich die Kraft, reiche
Nachkommenſchaften zu liefern; ſo brauchte man
nicht nur keine andere Geſchlechtsarten, ſondern es
waͤre auch die fleiſchliche Vermiſchung uͤberfluͤßig, und
das weibliche Geſchlecht muͤßte vor dem maͤnnlichen
den Vorzug behaupten, welches wider die natuͤrliche
und ſittliche Einrichtung der Natur liefe.

§. 4.

Die Thraͤnen haben alle Kennzeichen der Maͤn-
ner an ſich. Es ſind freylich viel Maͤnner zu einem
Weibe, allein nicht alle ſind zur Begattung beſtimmt,
ſondern nur einige wenige. Der meiſte Theil wirft ſei-
nen Saamen freywillig in diejenige Zelle, worin zuvor
die Koͤnigin ein Ey gelegt hatte. Daß dem ſo ſey,
iſt klar, weil die meiſten Thraͤnen Hoden, obgleich
keine maͤnnliche Ruthe haben: Hoden aber ſind nichts
anders, als maͤnnliche Werkzeuge oder maͤnnliche
Gliedmaßen, wo der Saame in gewiſſe Saamenge-
faͤße bereitet und aufbehalten wird. Es kann alſo
der groͤßte Theil der Thraͤnen dazu erſchaffen worden
ſeyn, den maͤnnlichen Saamen, als einen Futterbrey
in diejenige Zelle fallen zu laſſen, wo die Koͤniginn
bereits ihre Eyer hingelegt hat. Dieſe Muthmaßung
wird durch die Ablegerkunſt hoͤchſt wahrſcheinlich, weil
das Ey ein gewiſſes Alter und Brey haben muß,

wenn
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[57/0067] eine Koͤnigin eines Ablegers befruchtet werden; da- her hoͤchſt wahrſcheinlich die Befruchtung hier, ſo wie im ganzen Naturreiche von ſtatten gehet. Es liegt in einem jeglichen Bieneney, in der kleinſten Feinheit, die maͤnnliche Befruchtung, ſo wie bey den Huͤnereyern. Von dem maͤnnlichen Saamen ruͤhret das Leben des Eyes her, das durch die Bebruͤtung weiter entwickelt, und durch die gehoͤrige Nahrung zur weitern Vollkommenheit gebracht wird. Kaͤme es hauptſaͤchlich auf das weibliche Geſchlecht an, und haͤtten die weiblichen Eyer vor ſich die Kraft, reiche Nachkommenſchaften zu liefern; ſo brauchte man nicht nur keine andere Geſchlechtsarten, ſondern es waͤre auch die fleiſchliche Vermiſchung uͤberfluͤßig, und das weibliche Geſchlecht muͤßte vor dem maͤnnlichen den Vorzug behaupten, welches wider die natuͤrliche und ſittliche Einrichtung der Natur liefe. §. 4. Die Thraͤnen haben alle Kennzeichen der Maͤn- ner an ſich. Es ſind freylich viel Maͤnner zu einem Weibe, allein nicht alle ſind zur Begattung beſtimmt, ſondern nur einige wenige. Der meiſte Theil wirft ſei- nen Saamen freywillig in diejenige Zelle, worin zuvor die Koͤnigin ein Ey gelegt hatte. Daß dem ſo ſey, iſt klar, weil die meiſten Thraͤnen Hoden, obgleich keine maͤnnliche Ruthe haben: Hoden aber ſind nichts anders, als maͤnnliche Werkzeuge oder maͤnnliche Gliedmaßen, wo der Saame in gewiſſe Saamenge- faͤße bereitet und aufbehalten wird. Es kann alſo der groͤßte Theil der Thraͤnen dazu erſchaffen worden ſeyn, den maͤnnlichen Saamen, als einen Futterbrey in diejenige Zelle fallen zu laſſen, wo die Koͤniginn bereits ihre Eyer hingelegt hat. Dieſe Muthmaßung wird durch die Ablegerkunſt hoͤchſt wahrſcheinlich, weil das Ey ein gewiſſes Alter und Brey haben muß, wenn D 5

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Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen03_1789/67>, abgerufen am 28.03.2024.