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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789.

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Der Herr von Linne Spec. Planta 262. No. 10.
führet eine sehr schöne Weidenart mit glatten und
zackigten Blättern an, welche zwitterblümige Blu-
menzapfen (Amenta) haben soll, übrigens aber eine
besondere Aehnlichkeit mit seiner Salice pentandra
oder Laurea hat, welches letztere unser vortreflicher
Lorberbaum oder Baumwollenweide ist. Wer die
Weide verschiedene Jahre mit Aufmerksamkeit be-
trachtet hat, wird ohne mein Erinnern bemerkt ha-
ben, daß sie sehr geneigt ist, ihre Gestalt zu verän-
dern, als wozu die vielen Saamenweiden das
meiste thun: wozu auch noch die großen Abwechselun-
gen kommen, die aus dem vielfältigen Auftragen des
Blumenmehles, durch die Bienen und andern In-
sekten vom April an, bis im Brachmonat, jährlich ent-
stehen müssen, die bis ins unkenntliche gehen.

Seit drey Jahren, da ich mir vornahm, auf
die Untersuchung der Weidenarten einigen Fleiß zu
verwenden, habe ich bey öfterer Besichtigung der
Baumwollenweide (Salix pentandra) und einer Mit-
telgattung, die ich der Beschreibung nach, mit keiner
besser, als mit der zwitterblümigen des Herrn von
Linne vergleichen kann, an den weiblichen Blumen-
zapfen bemerkt, daß manche darunter viel länger und
dünner als andere waren. Sie hatten zwar abge-
blühet, doch nur in so weit, daß ich die Ueberbleib-
sel, der zwischen den nunmehro schon verwandelten
Staubwegen (pistillis) noch stehenden Staubfaden,
als etwas ganz unerwartetes sehr gut wahrnehmen
konnte. Kurz vorher fand ich diese Erscheinung an
einzelnen weiblichen Blumenzapfen, bey unserer Fi-
scherweide (Salix viminalis), da eben einer meiner
fleißigsten Discipeln, Herr Steidel, der sich unter den
Sträuchern der gemeinen Abänderung, des kleinen
rauhen Werftes (Salix caprea), männliche und weib-

liche
D 2

Der Herr von Linné Spec. Planta 262. No. 10.
fuͤhret eine ſehr ſchoͤne Weidenart mit glatten und
zackigten Blaͤttern an, welche zwitterbluͤmige Blu-
menzapfen (Amenta) haben ſoll, uͤbrigens aber eine
beſondere Aehnlichkeit mit ſeiner Salice pentandra
oder Laurea hat, welches letztere unſer vortreflicher
Lorberbaum oder Baumwollenweide iſt. Wer die
Weide verſchiedene Jahre mit Aufmerkſamkeit be-
trachtet hat, wird ohne mein Erinnern bemerkt ha-
ben, daß ſie ſehr geneigt iſt, ihre Geſtalt zu veraͤn-
dern, als wozu die vielen Saamenweiden das
meiſte thun: wozu auch noch die großen Abwechſelun-
gen kommen, die aus dem vielfaͤltigen Auftragen des
Blumenmehles, durch die Bienen und andern In-
ſekten vom April an, bis im Brachmonat, jaͤhrlich ent-
ſtehen muͤſſen, die bis ins unkenntliche gehen.

Seit drey Jahren, da ich mir vornahm, auf
die Unterſuchung der Weidenarten einigen Fleiß zu
verwenden, habe ich bey oͤfterer Beſichtigung der
Baumwollenweide (Salix pentandra) und einer Mit-
telgattung, die ich der Beſchreibung nach, mit keiner
beſſer, als mit der zwitterbluͤmigen des Herrn von
Linné vergleichen kann, an den weiblichen Blumen-
zapfen bemerkt, daß manche darunter viel laͤnger und
duͤnner als andere waren. Sie hatten zwar abge-
bluͤhet, doch nur in ſo weit, daß ich die Ueberbleib-
ſel, der zwiſchen den nunmehro ſchon verwandelten
Staubwegen (pistillis) noch ſtehenden Staubfaden,
als etwas ganz unerwartetes ſehr gut wahrnehmen
konnte. Kurz vorher fand ich dieſe Erſcheinung an
einzelnen weiblichen Blumenzapfen, bey unſerer Fi-
ſcherweide (Salix viminalis), da eben einer meiner
fleißigſten Discipeln, Herr Steidel, der ſich unter den
Straͤuchern der gemeinen Abaͤnderung, des kleinen
rauhen Werftes (Salix caprea), maͤnnliche und weib-

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[51/0061] Der Herr von Linné Spec. Planta 262. No. 10. fuͤhret eine ſehr ſchoͤne Weidenart mit glatten und zackigten Blaͤttern an, welche zwitterbluͤmige Blu- menzapfen (Amenta) haben ſoll, uͤbrigens aber eine beſondere Aehnlichkeit mit ſeiner Salice pentandra oder Laurea hat, welches letztere unſer vortreflicher Lorberbaum oder Baumwollenweide iſt. Wer die Weide verſchiedene Jahre mit Aufmerkſamkeit be- trachtet hat, wird ohne mein Erinnern bemerkt ha- ben, daß ſie ſehr geneigt iſt, ihre Geſtalt zu veraͤn- dern, als wozu die vielen Saamenweiden das meiſte thun: wozu auch noch die großen Abwechſelun- gen kommen, die aus dem vielfaͤltigen Auftragen des Blumenmehles, durch die Bienen und andern In- ſekten vom April an, bis im Brachmonat, jaͤhrlich ent- ſtehen muͤſſen, die bis ins unkenntliche gehen. Seit drey Jahren, da ich mir vornahm, auf die Unterſuchung der Weidenarten einigen Fleiß zu verwenden, habe ich bey oͤfterer Beſichtigung der Baumwollenweide (Salix pentandra) und einer Mit- telgattung, die ich der Beſchreibung nach, mit keiner beſſer, als mit der zwitterbluͤmigen des Herrn von Linné vergleichen kann, an den weiblichen Blumen- zapfen bemerkt, daß manche darunter viel laͤnger und duͤnner als andere waren. Sie hatten zwar abge- bluͤhet, doch nur in ſo weit, daß ich die Ueberbleib- ſel, der zwiſchen den nunmehro ſchon verwandelten Staubwegen (pistillis) noch ſtehenden Staubfaden, als etwas ganz unerwartetes ſehr gut wahrnehmen konnte. Kurz vorher fand ich dieſe Erſcheinung an einzelnen weiblichen Blumenzapfen, bey unſerer Fi- ſcherweide (Salix viminalis), da eben einer meiner fleißigſten Discipeln, Herr Steidel, der ſich unter den Straͤuchern der gemeinen Abaͤnderung, des kleinen rauhen Werftes (Salix caprea), maͤnnliche und weib- liche D 2

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Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen03_1789/61>, abgerufen am 24.04.2024.