Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Bd. 2. Berlin, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite
Bacchus und Cithere.
Soll ich trinken oder küssen?
Hier winkt Bacchus, dort Cithere.
Beide winken, beide lächeln.
Baechus mit gesetzten Minen,
Und Cithere mit verliebten.
Baechus zeigt mir seine Reben,
Seht, sie sinken, schwer von Trauben!
Aber seht nur, dort im Schatten,
Dort im Schatten, unter Reben,
Liegt ein Mädchen lang gestrekket!
Seht, es schläft, es lächelt schlafend,
Und es lächelte Cithere
Nicht so reitzend, als sie winkte.
O wie süß mag es nicht schlummern!
O wie reitzend liegt das Mädchen!
Um den weissen regen Busen,
Hangen schwarze reife Trauben,
Und es glänzen um den Lokken,
Um den Rabenschwartzen Lokken,
Goldne Blumen in dem Schatten.
Weingott, winke nur nicht länger;
Denn ich muß erst, bei dem Mädchen,
Unter deinen Trauben schlummern.


Bacchus und Cithere.
Soll ich trinken oder küſſen?
Hier winkt Bacchus, dort Cithere.
Beide winken, beide lächeln.
Baechus mit geſetzten Minen,
Und Cithere mit verliebten.
Baechus zeigt mir ſeine Reben,
Seht, ſie ſinken, ſchwer von Trauben!
Aber ſeht nur, dort im Schatten,
Dort im Schatten, unter Reben,
Liegt ein Mädchen lang geſtrekket!
Seht, es ſchläft, es lächelt ſchlafend,
Und es lächelte Cithere
Nicht ſo reitzend, als ſie winkte.
O wie ſüß mag es nicht ſchlummern!
O wie reitzend liegt das Mädchen!
Um den weiſſen regen Buſen,
Hangen ſchwarze reife Trauben,
Und es glänzen um den Lokken,
Um den Rabenſchwartzen Lokken,
Goldne Blumen in dem Schatten.
Weingott, winke nur nicht länger;
Denn ich muß erſt, bei dem Mädchen,
Unter deinen Trauben ſchlummern.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0071" n="45"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Bacchus und Cithere.</hi> </head><lb/>
        <lg type="poem">
          <l><hi rendition="#in">S</hi>oll ich trinken oder kü&#x017F;&#x017F;en?</l><lb/>
          <l>Hier winkt Bacchus, dort Cithere.</l><lb/>
          <l>Beide winken, beide lächeln.</l><lb/>
          <l>Baechus mit ge&#x017F;etzten Minen,</l><lb/>
          <l>Und Cithere mit verliebten.</l><lb/>
          <l>Baechus zeigt mir &#x017F;eine Reben,</l><lb/>
          <l>Seht, &#x017F;ie &#x017F;inken, &#x017F;chwer von Trauben!</l><lb/>
          <l>Aber &#x017F;eht nur, dort im Schatten,</l><lb/>
          <l>Dort im Schatten, unter Reben,</l><lb/>
          <l>Liegt ein Mädchen lang ge&#x017F;trekket!</l><lb/>
          <l>Seht, es &#x017F;chläft, es lächelt &#x017F;chlafend,</l><lb/>
          <l>Und es lächelte Cithere</l><lb/>
          <l>Nicht &#x017F;o reitzend, als &#x017F;ie winkte.</l><lb/>
          <l>O wie &#x017F;üß mag es nicht &#x017F;chlummern!</l><lb/>
          <l>O wie reitzend liegt das Mädchen!</l><lb/>
          <l>Um den wei&#x017F;&#x017F;en regen Bu&#x017F;en,</l><lb/>
          <l>Hangen &#x017F;chwarze reife Trauben,</l><lb/>
          <l>Und es glänzen um den Lokken,</l><lb/>
          <l>Um den Raben&#x017F;chwartzen Lokken,</l><lb/>
          <l>Goldne Blumen in dem Schatten.</l><lb/>
          <l>Weingott, winke nur nicht länger;</l><lb/>
          <l>Denn ich muß er&#x017F;t, bei dem Mädchen,</l><lb/>
          <l>Unter deinen Trauben &#x017F;chlummern.</l>
        </lg>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0071] Bacchus und Cithere. Soll ich trinken oder küſſen? Hier winkt Bacchus, dort Cithere. Beide winken, beide lächeln. Baechus mit geſetzten Minen, Und Cithere mit verliebten. Baechus zeigt mir ſeine Reben, Seht, ſie ſinken, ſchwer von Trauben! Aber ſeht nur, dort im Schatten, Dort im Schatten, unter Reben, Liegt ein Mädchen lang geſtrekket! Seht, es ſchläft, es lächelt ſchlafend, Und es lächelte Cithere Nicht ſo reitzend, als ſie winkte. O wie ſüß mag es nicht ſchlummern! O wie reitzend liegt das Mädchen! Um den weiſſen regen Buſen, Hangen ſchwarze reife Trauben, Und es glänzen um den Lokken, Um den Rabenſchwartzen Lokken, Goldne Blumen in dem Schatten. Weingott, winke nur nicht länger; Denn ich muß erſt, bei dem Mädchen, Unter deinen Trauben ſchlummern.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gleim_versuch02_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gleim_versuch02_1745/71
Zitationshilfe: Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Bd. 2. Berlin, 1745, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleim_versuch02_1745/71>, abgerufen am 19.04.2024.