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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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de Legibus, Senatusconsultis et longa consuet.
Statuten zu beurtheilen. Man will dieses Gesellschafts-
recht mit dem Namen einer Conventional-Ge-
richtsbarkeit
belegen, doch immer nur in uneigentli-
lichen Verstande, indem, wenn Gewalt zu brauchen nö-
thig ist, die Hülfe der Obrigkeit angerufen werden muß.
Ein anders wäre es, wenn einer Gemeinheit die ordentli-
che Gerichtsbarkeit als ein besonderes Recht verliehen wor-
den. Endlich ist

6) noch dieses zu bemerken, das Gemeindeschlusse,
sie mögen hernach den Schein der Billigkeit vor oder wi-
der sich haben, schlechthin zu befolgen, und unter dem
Vorwand einer Unbilligkeit von einzelnen Gemeindeglie-
dern nicht umgestossen werden können, da sie eines Theils
einer freywilligen Zusammentretung und Uebereinstim-
mung der Gemeindeglieder ihren Ursprung zu danken ha-
ben, andern Theils aber auch eine Gemeinde die Ver-
muthung für sich hat, daß sie zu Abfassung eines Schlus-
ses aus hinlänglichen Gründen geschritten seyn werde 91).

§. 91.
Von Errichtung der Gemeindeschlüsse.

Vor allen Dingen kommt es jedoch bey der Frage,
ob Statuten gültig und verbindlich sind, auf die Art
ihrer Errichtung
an. Ist diese durch besondere
Grundgesetze, oder durch Observanz festgesetzt, so muß es
dabey bleiben, und die in Gemäßheit derselben abgefaßte
Statuta sind sodann allerdings für die ganze Gemeinde
verbindlich, wenn sie auch nicht einzeln darein gewilliget
haben sollte. So z. B. stehet oft dem Stadtmagistrat in
den Landstädten das ius statuendi vermöge eines landes-

herr-
91) S. gemeinnützige jurist Beobachtungen und Rechtsfälle.
3. Band N. V. S. 57. u. folgg.

de Legibus, Senatusconſultis et longa conſuet.
Statuten zu beurtheilen. Man will dieſes Geſellſchafts-
recht mit dem Namen einer Conventional-Ge-
richtsbarkeit
belegen, doch immer nur in uneigentli-
lichen Verſtande, indem, wenn Gewalt zu brauchen noͤ-
thig iſt, die Huͤlfe der Obrigkeit angerufen werden muß.
Ein anders waͤre es, wenn einer Gemeinheit die ordentli-
che Gerichtsbarkeit als ein beſonderes Recht verliehen wor-
den. Endlich iſt

6) noch dieſes zu bemerken, das Gemeindeſchluſſe,
ſie moͤgen hernach den Schein der Billigkeit vor oder wi-
der ſich haben, ſchlechthin zu befolgen, und unter dem
Vorwand einer Unbilligkeit von einzelnen Gemeindeglie-
dern nicht umgeſtoſſen werden koͤnnen, da ſie eines Theils
einer freywilligen Zuſammentretung und Uebereinſtim-
mung der Gemeindeglieder ihren Urſprung zu danken ha-
ben, andern Theils aber auch eine Gemeinde die Ver-
muthung fuͤr ſich hat, daß ſie zu Abfaſſung eines Schluſ-
ſes aus hinlaͤnglichen Gruͤnden geſchritten ſeyn werde 91).

§. 91.
Von Errichtung der Gemeindeſchluͤſſe.

Vor allen Dingen kommt es jedoch bey der Frage,
ob Statuten guͤltig und verbindlich ſind, auf die Art
ihrer Errichtung
an. Iſt dieſe durch beſondere
Grundgeſetze, oder durch Obſervanz feſtgeſetzt, ſo muß es
dabey bleiben, und die in Gemaͤßheit derſelben abgefaßte
Statuta ſind ſodann allerdings fuͤr die ganze Gemeinde
verbindlich, wenn ſie auch nicht einzeln darein gewilliget
haben ſollte. So z. B. ſtehet oft dem Stadtmagiſtrat in
den Landſtaͤdten das ius ſtatuendi vermoͤge eines landes-

herr-
91) S. gemeinnuͤtzige juriſt Beobachtungen und Rechtsfaͤlle.
3. Band N. V. S. 57. u. folgg.
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[491/0511] de Legibus, Senatusconſultis et longa conſuet. Statuten zu beurtheilen. Man will dieſes Geſellſchafts- recht mit dem Namen einer Conventional-Ge- richtsbarkeit belegen, doch immer nur in uneigentli- lichen Verſtande, indem, wenn Gewalt zu brauchen noͤ- thig iſt, die Huͤlfe der Obrigkeit angerufen werden muß. Ein anders waͤre es, wenn einer Gemeinheit die ordentli- che Gerichtsbarkeit als ein beſonderes Recht verliehen wor- den. Endlich iſt 6) noch dieſes zu bemerken, das Gemeindeſchluſſe, ſie moͤgen hernach den Schein der Billigkeit vor oder wi- der ſich haben, ſchlechthin zu befolgen, und unter dem Vorwand einer Unbilligkeit von einzelnen Gemeindeglie- dern nicht umgeſtoſſen werden koͤnnen, da ſie eines Theils einer freywilligen Zuſammentretung und Uebereinſtim- mung der Gemeindeglieder ihren Urſprung zu danken ha- ben, andern Theils aber auch eine Gemeinde die Ver- muthung fuͤr ſich hat, daß ſie zu Abfaſſung eines Schluſ- ſes aus hinlaͤnglichen Gruͤnden geſchritten ſeyn werde 91). §. 91. Von Errichtung der Gemeindeſchluͤſſe. Vor allen Dingen kommt es jedoch bey der Frage, ob Statuten guͤltig und verbindlich ſind, auf die Art ihrer Errichtung an. Iſt dieſe durch beſondere Grundgeſetze, oder durch Obſervanz feſtgeſetzt, ſo muß es dabey bleiben, und die in Gemaͤßheit derſelben abgefaßte Statuta ſind ſodann allerdings fuͤr die ganze Gemeinde verbindlich, wenn ſie auch nicht einzeln darein gewilliget haben ſollte. So z. B. ſtehet oft dem Stadtmagiſtrat in den Landſtaͤdten das ius ſtatuendi vermoͤge eines landes- herr- 91) S. gemeinnuͤtzige juriſt Beobachtungen und Rechtsfaͤlle. 3. Band N. V. S. 57. u. folgg.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/511>, abgerufen am 28.03.2024.