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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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de Legibus, Senatusconsultis et longa consuet.
werfen hingegen diese Begriffe schlechterdings, und glau-
ben, daß solche dem römischen Sprachgebrauch ganz zu-
wieder wären; nach diesem sey vielmehr ius scriptum
dasienige Recht zu nennen, was schriftlich aufgezeichnet
ist; ius non scriptum aber heisse ein solches, welches
blos durch das Gedächtniß und den Gebrauch, ohne
schriftlichen Aufsatz, erhalten wird 6). Noch andere 7)
wollen auch diese Begriffe nicht ganz billigen, sondern
erfordern zu einem geschriebenen Rechte im Sinn
des römischen Rechts, erstens, daß es sich auf den
ausdrücklich erklärten Willen des Gesezgebers gründe,
und zweitens, daß es schriftlich abgefaßt sey. In-
sonderheit aber sey in den ältesten Zeiten der Römer
ius scriptum dasienige Recht genennet worden, was
feyerlichst durch die Stimmen des Volks auf den Comi-
tien als Gesez gebilliget, und in ehernen Tafeln aufge-
zeichnet worden; in den neuern Zeiten aber habe man
mit diesem Nahmen dasienige Recht bezeichnet, was
vom Kaiser selbst, oder wenigstens unter Auctorität
und mit ausdrücklicher Genehmigung desselben schriftlich
wäre bekannt gemacht worden. Alles dieses bestättige
die unten angeführte Stelle des Kr. Justinians 8),
in welcher die verschiedenen Gattungen des geschriebenen
Rechts der Römer aufgezähler werden. Scriptum ius

est
6) hofacker Princip. iur. civ. Rom. Germ. Tom. I.
§. 102. S. 84. -- scriptum ius dicitur, quod in scri-
pturam comprehensum
custoditur; non scriptum vero,
quod memoriae tantum mandatur, ut pro lege observe-
tur.
7) Besonders Gottl. sturm in Diss. de distinctione iuris
scripti et non scripti antiquitati restituta. Ienae 1725 in-
ter eius Dissertat. Ienens. Vitembergae aditas.
S. 20.
und folgg.
8) §. 3. I. de I. N. G. et C,
D d 3

de Legibus, Senatusconſultis et longa conſuet.
werfen hingegen dieſe Begriffe ſchlechterdings, und glau-
ben, daß ſolche dem roͤmiſchen Sprachgebrauch ganz zu-
wieder waͤren; nach dieſem ſey vielmehr ius ſcriptum
dasienige Recht zu nennen, was ſchriftlich aufgezeichnet
iſt; ius non ſcriptum aber heiſſe ein ſolches, welches
blos durch das Gedaͤchtniß und den Gebrauch, ohne
ſchriftlichen Aufſatz, erhalten wird 6). Noch andere 7)
wollen auch dieſe Begriffe nicht ganz billigen, ſondern
erfordern zu einem geſchriebenen Rechte im Sinn
des roͤmiſchen Rechts, erſtens, daß es ſich auf den
ausdruͤcklich erklaͤrten Willen des Geſezgebers gruͤnde,
und zweitens, daß es ſchriftlich abgefaßt ſey. In-
ſonderheit aber ſey in den aͤlteſten Zeiten der Roͤmer
ius ſcriptum dasienige Recht genennet worden, was
feyerlichſt durch die Stimmen des Volks auf den Comi-
tien als Geſez gebilliget, und in ehernen Tafeln aufge-
zeichnet worden; in den neuern Zeiten aber habe man
mit dieſem Nahmen dasienige Recht bezeichnet, was
vom Kaiſer ſelbſt, oder wenigſtens unter Auctoritaͤt
und mit ausdruͤcklicher Genehmigung deſſelben ſchriftlich
waͤre bekannt gemacht worden. Alles dieſes beſtaͤttige
die unten angefuͤhrte Stelle des Kr. Juſtinians 8),
in welcher die verſchiedenen Gattungen des geſchriebenen
Rechts der Roͤmer aufgezaͤhler werden. Scriptum ius

eſt
6) hofacker Princip. iur. civ. Rom. Germ. Tom. I.
§. 102. S. 84. — scriptum ius dicitur, quod in ſcri-
pturam comprehenſum
cuſtoditur; non scriptum vero,
quod memoriae tantum mandatur, ut pro lege obſerve-
tur.
7) Beſonders Gottl. sturm in Diſſ. de diſtinctione iuris
ſcripti et non ſcripti antiquitati reſtituta. Ienae 1725 in-
ter eius Diſſertat. Ienenſ. Vitembergae aditas.
S. 20.
und folgg.
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D d 3
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[419/0439] de Legibus, Senatusconſultis et longa conſuet. werfen hingegen dieſe Begriffe ſchlechterdings, und glau- ben, daß ſolche dem roͤmiſchen Sprachgebrauch ganz zu- wieder waͤren; nach dieſem ſey vielmehr ius ſcriptum dasienige Recht zu nennen, was ſchriftlich aufgezeichnet iſt; ius non ſcriptum aber heiſſe ein ſolches, welches blos durch das Gedaͤchtniß und den Gebrauch, ohne ſchriftlichen Aufſatz, erhalten wird 6). Noch andere 7) wollen auch dieſe Begriffe nicht ganz billigen, ſondern erfordern zu einem geſchriebenen Rechte im Sinn des roͤmiſchen Rechts, erſtens, daß es ſich auf den ausdruͤcklich erklaͤrten Willen des Geſezgebers gruͤnde, und zweitens, daß es ſchriftlich abgefaßt ſey. In- ſonderheit aber ſey in den aͤlteſten Zeiten der Roͤmer ius ſcriptum dasienige Recht genennet worden, was feyerlichſt durch die Stimmen des Volks auf den Comi- tien als Geſez gebilliget, und in ehernen Tafeln aufge- zeichnet worden; in den neuern Zeiten aber habe man mit dieſem Nahmen dasienige Recht bezeichnet, was vom Kaiſer ſelbſt, oder wenigſtens unter Auctoritaͤt und mit ausdruͤcklicher Genehmigung deſſelben ſchriftlich waͤre bekannt gemacht worden. Alles dieſes beſtaͤttige die unten angefuͤhrte Stelle des Kr. Juſtinians 8), in welcher die verſchiedenen Gattungen des geſchriebenen Rechts der Roͤmer aufgezaͤhler werden. Scriptum ius eſt 6) hofacker Princip. iur. civ. Rom. Germ. Tom. I. §. 102. S. 84. — scriptum ius dicitur, quod in ſcri- pturam comprehenſum cuſtoditur; non scriptum vero, quod memoriae tantum mandatur, ut pro lege obſerve- tur. 7) Beſonders Gottl. sturm in Diſſ. de diſtinctione iuris ſcripti et non ſcripti antiquitati reſtituta. Ienae 1725 in- ter eius Diſſertat. Ienenſ. Vitembergae aditas. S. 20. und folgg. 8) §. 3. I. de I. N. G. et C, D d 3

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/439>, abgerufen am 16.04.2024.