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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 3. Tit.
gens von Mitgliedern des Collegiums sowohl, als auch
von Fremden vorgenommen werden, indem auch diese
dadurch ein Recht in einer Gesellschaft, deren Genoßen
sie nicht sind, erlangen können 53). II) Die Gewohn-
heit
erhält ihre verbindliche Kraft durch die Genehmi-
gung des Landesherrn; die Observanz aber durch die
stillschweigende Einwilligung des Kollegiums, oder der-
ienigen Mitglieder desselben, welche bey der Sache in-
teressirt sind. III) Die Gewohnheit hat demnach die
Kraft eines eigentlichen Gesetzes; die Observanz aber
die Kraft eines stillschweigenden Vertrags (vim taciti
pacti
) 54). IV) Zur Einführung einer Gewohnheit
werden mehrere, und eine lange Zeit hindurch fortgesezte
Handlungen erfordert, zur Observanz aber nicht, weil
zu einem durch Vertrag erworbenen Rechte weder meh-
rere Handlungen, noch der Ablauf einer gewissen Zeit
vonnöthen ist 55).


§. 85.
53) So z. B. kann das Recht bey der Wahl eines Prälaten zu
concurriren, und ein Stimmrecht auszuüben, durch Obser-
vanz
von Fremden erworben werden, die sonst keine Mit-
glieder des Capitels der verwaißten Kirche sind, und also
ordentlicher weise in demselben keinen Sitz und Stimme haben.
cap. 8. X. de consuet. c. 50. X. de elect. Auch das Recht,
für eine erledigte Pfründe einen Geistlichen zu ernennen, kann
man durch Observanz acquiriren. c. 24. X. eodem. S.
boehmer a. a. O. §. 236. not. d. Eibel kathol. Kirchen-
recht IV. Th. 1. Band 6. Hauptst. §. 311. Maur. schen-
ckel
in Iuris Eccles. statui Germ. maxime et Bavariae ac-
commod. Syntagm. (Salisb. 1786. 8.)
§. 467.
54) Fratr. becmannorum Consil. et Decis. P. II. Decis. LI.
n.
17. S. 104.
55) Bey der Lehre von der kirchlichen Observanz hat
der berühmte Herr Geh. JustizR. Böhmer in seinem vor-
treflichen

1. Buch. 3. Tit.
gens von Mitgliedern des Collegiums ſowohl, als auch
von Fremden vorgenommen werden, indem auch dieſe
dadurch ein Recht in einer Geſellſchaft, deren Genoßen
ſie nicht ſind, erlangen koͤnnen 53). II) Die Gewohn-
heit
erhaͤlt ihre verbindliche Kraft durch die Genehmi-
gung des Landesherrn; die Obſervanz aber durch die
ſtillſchweigende Einwilligung des Kollegiums, oder der-
ienigen Mitglieder deſſelben, welche bey der Sache in-
tereſſirt ſind. III) Die Gewohnheit hat demnach die
Kraft eines eigentlichen Geſetzes; die Obſervanz aber
die Kraft eines ſtillſchweigenden Vertrags (vim taciti
pacti
) 54). IV) Zur Einfuͤhrung einer Gewohnheit
werden mehrere, und eine lange Zeit hindurch fortgeſezte
Handlungen erfordert, zur Obſervanz aber nicht, weil
zu einem durch Vertrag erworbenen Rechte weder meh-
rere Handlungen, noch der Ablauf einer gewiſſen Zeit
vonnoͤthen iſt 55).


§. 85.
53) So z. B. kann das Recht bey der Wahl eines Praͤlaten zu
concurriren, und ein Stimmrecht auszuuͤben, durch Obſer-
vanz
von Fremden erworben werden, die ſonſt keine Mit-
glieder des Capitels der verwaißten Kirche ſind, und alſo
ordentlicher weiſe in demſelben keinen Sitz und Stimme haben.
cap. 8. X. de conſuet. c. 50. X. de elect. Auch das Recht,
fuͤr eine erledigte Pfruͤnde einen Geiſtlichen zu ernennen, kann
man durch Obſervanz acquiriren. c. 24. X. eodem. S.
boehmer a. a. O. §. 236. not. d. Eibel kathol. Kirchen-
recht IV. Th. 1. Band 6. Hauptſt. §. 311. Maur. schen-
ckel
in Iuris Eccleſ. ſtatui Germ. maxime et Bavariae ac-
commod. Syntagm. (Salisb. 1786. 8.)
§. 467.
54) Fratr. becmannorum Conſil. et Deciſ. P. II. Deciſ. LI.
n.
17. S. 104.
55) Bey der Lehre von der kirchlichen Obſervanz hat
der beruͤhmte Herr Geh. JuſtizR. Boͤhmer in ſeinem vor-
treflichen
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[436/0456] 1. Buch. 3. Tit. gens von Mitgliedern des Collegiums ſowohl, als auch von Fremden vorgenommen werden, indem auch dieſe dadurch ein Recht in einer Geſellſchaft, deren Genoßen ſie nicht ſind, erlangen koͤnnen 53). II) Die Gewohn- heit erhaͤlt ihre verbindliche Kraft durch die Genehmi- gung des Landesherrn; die Obſervanz aber durch die ſtillſchweigende Einwilligung des Kollegiums, oder der- ienigen Mitglieder deſſelben, welche bey der Sache in- tereſſirt ſind. III) Die Gewohnheit hat demnach die Kraft eines eigentlichen Geſetzes; die Obſervanz aber die Kraft eines ſtillſchweigenden Vertrags (vim taciti pacti) 54). IV) Zur Einfuͤhrung einer Gewohnheit werden mehrere, und eine lange Zeit hindurch fortgeſezte Handlungen erfordert, zur Obſervanz aber nicht, weil zu einem durch Vertrag erworbenen Rechte weder meh- rere Handlungen, noch der Ablauf einer gewiſſen Zeit vonnoͤthen iſt 55). §. 85. 53) So z. B. kann das Recht bey der Wahl eines Praͤlaten zu concurriren, und ein Stimmrecht auszuuͤben, durch Obſer- vanz von Fremden erworben werden, die ſonſt keine Mit- glieder des Capitels der verwaißten Kirche ſind, und alſo ordentlicher weiſe in demſelben keinen Sitz und Stimme haben. cap. 8. X. de conſuet. c. 50. X. de elect. Auch das Recht, fuͤr eine erledigte Pfruͤnde einen Geiſtlichen zu ernennen, kann man durch Obſervanz acquiriren. c. 24. X. eodem. S. boehmer a. a. O. §. 236. not. d. Eibel kathol. Kirchen- recht IV. Th. 1. Band 6. Hauptſt. §. 311. Maur. schen- ckel in Iuris Eccleſ. ſtatui Germ. maxime et Bavariae ac- commod. Syntagm. (Salisb. 1786. 8.) §. 467. 54) Fratr. becmannorum Conſil. et Deciſ. P. II. Deciſ. LI. n. 17. S. 104. 55) Bey der Lehre von der kirchlichen Obſervanz hat der beruͤhmte Herr Geh. JuſtizR. Boͤhmer in ſeinem vor- treflichen

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/456>, abgerufen am 23.04.2024.