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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 7. Tit. §. 150.
zu Tage die landesherrliche Bestättigung für nö-
thig hält.

§. 150.
Folgen aus den zweyten und dritten Grundsatz. Genauere Be-
stimmung der Regel: adoptio imitatur naturam.

Auch der zweyte Grundsatz: die Adoption ah-
met die Natur nach
, ist nicht minder fruchtbar an
Folgen. Es wird jedoch zuvörderst nöthig seyn, den ei-
gentlichen Sinn dieses Grundsatzes noch etwas genauer zu
bestimmen, damit man ihn nicht weiter ausdehnt, als
die Absicht der Gesetzgeber ist. Schon Hermann Can-
negieter
33) bemerkte gegen Huber, daß gedachter Grund-
satz nicht überall, sondern nur hauptsächlich in den von
Tribonian §. 4. und 5. J. h. t. bestimmten Fällen seine
Anwendung finde, in übrigen aber nichts so ungereimtes
und unnatürliches gedacht werden könne, was nicht durch
Adoptionen zu bewerkstelligen sey. So z. B. ist es ein
der Natur nach unauflösbares Räthsel, daß ein Großva-
ter einen Enkel haben könne, der ihm von zwey Söhnen
ist erzeugt worden, und daß dem ungeachtet dieses durch
Adoption möglich gemacht werden könne, lehrt Ulpian 34).

Ferner
33) Observat. iuris Rom. Lib. II. cap. 20. pag. 223.
34) L. 15. §. 1. D. h. t. Qui duos filios, et ex altero eorum
nepotem habet: si vult nepotem, quasi ex altero natum sic
adoptare: potest hoc efficere, si eum emancipaverit, et sic
adoptaverit, quasi ex altero natum, facit enim hoc quasi qui-
libet
, non quasi avus: et qua ratione quasi ex quolibet natum
potest adoptare, ita potest et quasi ex altero natum.
Durch
die in diesem Adoptionsfall erforderliche Emancipation wurde
der Enkel in Ansehung des Großvaters nach dem Civilrechte
wie ein extraneus betrachtet, und konnte nun wie jeder andrer
an Enkelsstatt angenommen werden. L. 55. in fin. D. de
Rit. nupt. L.
41. D. h. t.

1. Buch. 7. Tit. §. 150.
zu Tage die landesherrliche Beſtaͤttigung fuͤr noͤ-
thig haͤlt.

§. 150.
Folgen aus den zweyten und dritten Grundſatz. Genauere Be-
ſtimmung der Regel: adoptio imitatur naturam.

Auch der zweyte Grundſatz: die Adoption ah-
met die Natur nach
, iſt nicht minder fruchtbar an
Folgen. Es wird jedoch zuvoͤrderſt noͤthig ſeyn, den ei-
gentlichen Sinn dieſes Grundſatzes noch etwas genauer zu
beſtimmen, damit man ihn nicht weiter ausdehnt, als
die Abſicht der Geſetzgeber iſt. Schon Hermann Can-
negieter
33) bemerkte gegen Huber, daß gedachter Grund-
ſatz nicht uͤberall, ſondern nur hauptſaͤchlich in den von
Tribonian §. 4. und 5. J. h. t. beſtimmten Faͤllen ſeine
Anwendung finde, in uͤbrigen aber nichts ſo ungereimtes
und unnatuͤrliches gedacht werden koͤnne, was nicht durch
Adoptionen zu bewerkſtelligen ſey. So z. B. iſt es ein
der Natur nach unaufloͤsbares Raͤthſel, daß ein Großva-
ter einen Enkel haben koͤnne, der ihm von zwey Soͤhnen
iſt erzeugt worden, und daß dem ungeachtet dieſes durch
Adoption moͤglich gemacht werden koͤnne, lehrt Ulpian 34).

Ferner
33) Obſervat. iuris Rom. Lib. II. cap. 20. pag. 223.
34) L. 15. §. 1. D. h. t. Qui duos filios, et ex altero eorum
nepotem habet: ſi vult nepotem, quaſi ex altero natum ſic
adoptare: poteſt hoc efficere, ſi eum emancipaverit, et ſic
adoptaverit, quaſi ex altero natum, facit enim hoc quaſi qui-
libet
, non quaſi avus: et qua ratione quaſi ex quolibet natum
poteſt adoptare, ita poteſt et quaſi ex altero natum.
Durch
die in dieſem Adoptionsfall erforderliche Emancipation wurde
der Enkel in Anſehung des Großvaters nach dem Civilrechte
wie ein extraneus betrachtet, und konnte nun wie jeder andrer
an Enkelsſtatt angenommen werden. L. 55. in fin. D. de
Rit. nupt. L.
41. D. h. t.
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[300/0314] 1. Buch. 7. Tit. §. 150. zu Tage die landesherrliche Beſtaͤttigung fuͤr noͤ- thig haͤlt. §. 150. Folgen aus den zweyten und dritten Grundſatz. Genauere Be- ſtimmung der Regel: adoptio imitatur naturam. Auch der zweyte Grundſatz: die Adoption ah- met die Natur nach, iſt nicht minder fruchtbar an Folgen. Es wird jedoch zuvoͤrderſt noͤthig ſeyn, den ei- gentlichen Sinn dieſes Grundſatzes noch etwas genauer zu beſtimmen, damit man ihn nicht weiter ausdehnt, als die Abſicht der Geſetzgeber iſt. Schon Hermann Can- negieter 33) bemerkte gegen Huber, daß gedachter Grund- ſatz nicht uͤberall, ſondern nur hauptſaͤchlich in den von Tribonian §. 4. und 5. J. h. t. beſtimmten Faͤllen ſeine Anwendung finde, in uͤbrigen aber nichts ſo ungereimtes und unnatuͤrliches gedacht werden koͤnne, was nicht durch Adoptionen zu bewerkſtelligen ſey. So z. B. iſt es ein der Natur nach unaufloͤsbares Raͤthſel, daß ein Großva- ter einen Enkel haben koͤnne, der ihm von zwey Soͤhnen iſt erzeugt worden, und daß dem ungeachtet dieſes durch Adoption moͤglich gemacht werden koͤnne, lehrt Ulpian 34). Ferner 33) Obſervat. iuris Rom. Lib. II. cap. 20. pag. 223. 34) L. 15. §. 1. D. h. t. Qui duos filios, et ex altero eorum nepotem habet: ſi vult nepotem, quaſi ex altero natum ſic adoptare: poteſt hoc efficere, ſi eum emancipaverit, et ſic adoptaverit, quaſi ex altero natum, facit enim hoc quaſi qui- libet, non quaſi avus: et qua ratione quaſi ex quolibet natum poteſt adoptare, ita poteſt et quaſi ex altero natum. Durch die in dieſem Adoptionsfall erforderliche Emancipation wurde der Enkel in Anſehung des Großvaters nach dem Civilrechte wie ein extraneus betrachtet, und konnte nun wie jeder andrer an Enkelsſtatt angenommen werden. L. 55. in fin. D. de Rit. nupt. L. 41. D. h. t.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/314>, abgerufen am 20.04.2024.