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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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De adoptionibus, emancipationibus etc.
minution zur Folge gehabt habe. Da indessen Justinian
durch die 118te Novelle den ehemaligen Familien- und
Agnations-Nexus bey der Intestat-Erbfolge gänzlich auf-
gehoben hat, so succediren die Emancipirten vermöge des
Rechts der Blutsfreundschaft, als welches durch keine
Emancipation zernichtet werden kann, so gut als die sui,
ohne daß erstere der Prätorischen Hülfe oder bonorum
possessio
weiter benöthiget sind 67).

§ 160.
Fälle einer unfreywilligen Emancipation. Verstossung
der Kinder. Erläuterung der L. 6. C. de patr. pot.

Die Emancipation erfordert der Regel nach die
Einwilligung des Vaters und der Kinder. Sie kann
also so wenig gegen den Willen des erstern, als der letz-
tern geschehen 68). Doch finden verschiedene Ausnahmen
statt. Denn

I) giebt es Fälle, wo der Vater gezwungen werden
kann, die Kinder zu emancipiren 69). Dahin gehört,

a) wenn er die Kinder grausam und barbarisch be-
handelt 70).

b) Wenn ihm jemand etwas vermacht, oder schenkt,
mit dem Beding, daß er ein Kind emancipire; und er
das Vermächtniß oder Geschenk annimmt 71).


c) Wenn
67) boehmer cit. Dissertat. §. X.
68) L 31. D. h. t. paulus Sentent Receptar. lib II. T. XXV.
§. 5. Nov. LXXXIX cap.
11.
69) Die verschiedenen Meinungen der Rechtsgelehrten über die
Zahl dieser Fälle erzählt Heimburg cit. Diss. §. 15--23.
70) L. ult. D. si a parente quis manumiss mercerius in Opi-
nion. lib. II. c.
22.
71) L. 1. § 3 D eodem. L 92 D. de condit. et demonst. Mar-
cian
glaubte zwar, daß ein Vater, wenn er von dem Erblasser
gebe-
Z 4

De adoptionibus, emancipationibus etc.
minution zur Folge gehabt habe. Da indeſſen Juſtinian
durch die 118te Novelle den ehemaligen Familien- und
Agnations-Nexus bey der Inteſtat-Erbfolge gaͤnzlich auf-
gehoben hat, ſo ſuccediren die Emancipirten vermoͤge des
Rechts der Blutsfreundſchaft, als welches durch keine
Emancipation zernichtet werden kann, ſo gut als die ſui,
ohne daß erſtere der Praͤtoriſchen Huͤlfe oder bonorum
poſſeſſio
weiter benoͤthiget ſind 67).

§ 160.
Faͤlle einer unfreywilligen Emancipation. Verſtoſſung
der Kinder. Erlaͤuterung der L. 6. C. de patr. pot.

Die Emancipation erfordert der Regel nach die
Einwilligung des Vaters und der Kinder. Sie kann
alſo ſo wenig gegen den Willen des erſtern, als der letz-
tern geſchehen 68). Doch finden verſchiedene Ausnahmen
ſtatt. Denn

I) giebt es Faͤlle, wo der Vater gezwungen werden
kann, die Kinder zu emancipiren 69). Dahin gehoͤrt,

a) wenn er die Kinder grauſam und barbariſch be-
handelt 70).

b) Wenn ihm jemand etwas vermacht, oder ſchenkt,
mit dem Beding, daß er ein Kind emancipire; und er
das Vermaͤchtniß oder Geſchenk annimmt 71).


c) Wenn
67) boehmer cit. Diſſertat. §. X.
68) L 31. D. h. t. paulus Sentent Receptar. lib II. T. XXV.
§. 5. Nov. LXXXIX cap.
11.
69) Die verſchiedenen Meinungen der Rechtsgelehrten uͤber die
Zahl dieſer Faͤlle erzaͤhlt Heimburg cit. Diſſ. §. 15—23.
70) L. ult. D. ſi a parente quis manumiſſ mercerius in Opi-
nion. lib. II. c.
22.
71) L. 1. § 3 D eodem. L 92 D. de condit. et demonſt. Mar-
cian
glaubte zwar, daß ein Vater, wenn er von dem Erblaſſer
gebe-
Z 4
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[359/0373] De adoptionibus, emancipationibus etc. minution zur Folge gehabt habe. Da indeſſen Juſtinian durch die 118te Novelle den ehemaligen Familien- und Agnations-Nexus bey der Inteſtat-Erbfolge gaͤnzlich auf- gehoben hat, ſo ſuccediren die Emancipirten vermoͤge des Rechts der Blutsfreundſchaft, als welches durch keine Emancipation zernichtet werden kann, ſo gut als die ſui, ohne daß erſtere der Praͤtoriſchen Huͤlfe oder bonorum poſſeſſio weiter benoͤthiget ſind 67). § 160. Faͤlle einer unfreywilligen Emancipation. Verſtoſſung der Kinder. Erlaͤuterung der L. 6. C. de patr. pot. Die Emancipation erfordert der Regel nach die Einwilligung des Vaters und der Kinder. Sie kann alſo ſo wenig gegen den Willen des erſtern, als der letz- tern geſchehen 68). Doch finden verſchiedene Ausnahmen ſtatt. Denn I) giebt es Faͤlle, wo der Vater gezwungen werden kann, die Kinder zu emancipiren 69). Dahin gehoͤrt, a) wenn er die Kinder grauſam und barbariſch be- handelt 70). b) Wenn ihm jemand etwas vermacht, oder ſchenkt, mit dem Beding, daß er ein Kind emancipire; und er das Vermaͤchtniß oder Geſchenk annimmt 71). c) Wenn 67) boehmer cit. Diſſertat. §. X. 68) L 31. D. h. t. paulus Sentent Receptar. lib II. T. XXV. §. 5. Nov. LXXXIX cap. 11. 69) Die verſchiedenen Meinungen der Rechtsgelehrten uͤber die Zahl dieſer Faͤlle erzaͤhlt Heimburg cit. Diſſ. §. 15—23. 70) L. ult. D. ſi a parente quis manumiſſ mercerius in Opi- nion. lib. II. c. 22. 71) L. 1. § 3 D eodem. L 92 D. de condit. et demonſt. Mar- cian glaubte zwar, daß ein Vater, wenn er von dem Erblaſſer gebe- Z 4

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/373>, abgerufen am 24.04.2024.