Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

de Statu Hominum.
chen wenn die Geburt mehr oder weniger Glieder hat,
als sonst gewöhnlich ist 73). Wo nun auf solche Art bey
einer Geburt einzelne Theile von der gewöhnlichen Zahl,
Figur, Größe, Verhältniß, Verbindung, abweichen, der
Kopf übrigens menschlich ist, so kann derselben der Cha-
rakter der Menschheit nicht abgesprochen werden, welchen
auch selbst thierische Glieder nicht umstürzen können 74).
Solche fehlerhafte Geburten erlangen daher nicht nur alle
Rechte, welche Menschen zustehen, sondern bringen solche
auch, wenn sie sterben, wieder auf andere.

§. 115.
Eintheilung der gebornen in lebendig und todgeborne. Vita-
lität
, und davon abhangende Erbfähigkeit
eines Kindes.

Geborne Menschen sind in Ansehung der Geburt wie-
der auf verschiedene Art einzutheilen.

I) Können sie entweder lebendige oder todge-
borne
seyn. Erstere werden diejenigen genannt, welche,
nach ihrer gänzlichen Absonderung von Mutterleibe, Zei-
chen des Lebens von sich gegeben haben. Dahingegen ein
todgebohrnes Kind ein solches genennt wird, wel-
ches noch vor der völligen Absonderung von Mutterleibe,
es sey nun während der Geburt, oder schon vorher, das
Leben verlohren hat. Eine solche tode Geburt tritt in
keine bürgerliche Rechte, und heißet daher auch nicht mit

Recht
73) Genus ostentorum, quoties quid contra naturam nascitur.
tribus manibus forte aut pedibus:
sagt L. 38. cit.
74) L. 14. D. h. t. Verb. -- Partus autem, qui membrorum huma-
norum officia ampliavit, aliquatenus videtur effectus: et ideo inter
liberos connumerabitur
.
Ueber die L. 14. kann übrigens nach-
gesehen werden Barth. chesius in Interpretat. iuris lib. I.
c. 27. n. 10. in Iurispr. Rom. et Attica. Tom. II.
E 3

de Statu Hominum.
chen wenn die Geburt mehr oder weniger Glieder hat,
als ſonſt gewoͤhnlich iſt 73). Wo nun auf ſolche Art bey
einer Geburt einzelne Theile von der gewoͤhnlichen Zahl,
Figur, Groͤße, Verhaͤltniß, Verbindung, abweichen, der
Kopf uͤbrigens menſchlich iſt, ſo kann derſelben der Cha-
rakter der Menſchheit nicht abgeſprochen werden, welchen
auch ſelbſt thieriſche Glieder nicht umſtuͤrzen koͤnnen 74).
Solche fehlerhafte Geburten erlangen daher nicht nur alle
Rechte, welche Menſchen zuſtehen, ſondern bringen ſolche
auch, wenn ſie ſterben, wieder auf andere.

§. 115.
Eintheilung der gebornen in lebendig und todgeborne. Vita-
litaͤt
, und davon abhangende Erbfaͤhigkeit
eines Kindes.

Geborne Menſchen ſind in Anſehung der Geburt wie-
der auf verſchiedene Art einzutheilen.

I) Koͤnnen ſie entweder lebendige oder todge-
borne
ſeyn. Erſtere werden diejenigen genannt, welche,
nach ihrer gaͤnzlichen Abſonderung von Mutterleibe, Zei-
chen des Lebens von ſich gegeben haben. Dahingegen ein
todgebohrnes Kind ein ſolches genennt wird, wel-
ches noch vor der voͤlligen Abſonderung von Mutterleibe,
es ſey nun waͤhrend der Geburt, oder ſchon vorher, das
Leben verlohren hat. Eine ſolche tode Geburt tritt in
keine buͤrgerliche Rechte, und heißet daher auch nicht mit

Recht
73) Genus oſtentorum, quoties quid contra naturam naſcitur.
tribus manibus forte aut pedibus:
ſagt L. 38. cit.
74) L. 14. D. h. t. Verb. — Partus autem, qui membrorum huma-
norum officia ampliavit, aliquatenus videtur effectus: et ideo inter
liberos connumerabitur
.
Ueber die L. 14. kann uͤbrigens nach-
geſehen werden Barth. chesius in Interpretat. iuris lib. I.
c. 27. n. 10. in Iurispr. Rom. et Attica. Tom. II.
E 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0083" n="69"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Statu Hominum.</hi></fw><lb/>
chen wenn die Geburt mehr oder weniger Glieder hat,<lb/>
als &#x017F;on&#x017F;t gewo&#x0364;hnlich i&#x017F;t <note place="foot" n="73)"><hi rendition="#aq">Genus o&#x017F;tentorum, quoties quid contra naturam na&#x017F;citur.<lb/><hi rendition="#i">tribus manibus forte</hi> aut <hi rendition="#i">pedibus:</hi></hi> &#x017F;agt <hi rendition="#aq">L. 38. cit.</hi></note>. Wo nun auf &#x017F;olche Art bey<lb/>
einer Geburt einzelne Theile von der gewo&#x0364;hnlichen Zahl,<lb/>
Figur, Gro&#x0364;ße, Verha&#x0364;ltniß, Verbindung, abweichen, der<lb/>
Kopf u&#x0364;brigens men&#x017F;chlich i&#x017F;t, &#x017F;o kann der&#x017F;elben der Cha-<lb/>
rakter der Men&#x017F;chheit nicht abge&#x017F;prochen werden, welchen<lb/>
auch &#x017F;elb&#x017F;t thieri&#x017F;che Glieder nicht um&#x017F;tu&#x0364;rzen ko&#x0364;nnen <note place="foot" n="74)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 14. <hi rendition="#i">D. h. t</hi>. Verb. &#x2014; Partus autem, qui membrorum huma-<lb/>
norum officia ampliavit, aliquatenus videtur effectus: <hi rendition="#i">et ideo inter<lb/>
liberos connumerabitur</hi>.</hi> Ueber die <hi rendition="#aq">L.</hi> 14. kann u&#x0364;brigens nach-<lb/>
ge&#x017F;ehen werden <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Barth</hi>. <hi rendition="#k">chesius</hi> in Interpretat. iuris lib. I.<lb/>
c. 27. n. 10. in Iurispr. Rom. et Attica. Tom. II.</hi></note>.<lb/>
Solche fehlerhafte Geburten erlangen daher nicht nur alle<lb/>
Rechte, welche Men&#x017F;chen zu&#x017F;tehen, &#x017F;ondern bringen &#x017F;olche<lb/>
auch, wenn &#x017F;ie &#x017F;terben, wieder auf andere.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 115.<lb/>
Eintheilung der gebornen in lebendig und todgeborne. <hi rendition="#g">Vita-<lb/>
lita&#x0364;t</hi>, und davon abhangende <hi rendition="#g">Erbfa&#x0364;higkeit</hi><lb/>
eines Kindes.</head><lb/>
          <p>Geborne Men&#x017F;chen &#x017F;ind in An&#x017F;ehung der Geburt wie-<lb/>
der auf ver&#x017F;chiedene Art einzutheilen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">I</hi>) Ko&#x0364;nnen &#x017F;ie entweder <hi rendition="#g">lebendige</hi> oder <hi rendition="#g">todge-<lb/>
borne</hi> &#x017F;eyn. Er&#x017F;tere werden diejenigen genannt, welche,<lb/>
nach ihrer ga&#x0364;nzlichen Ab&#x017F;onderung von Mutterleibe, Zei-<lb/>
chen des Lebens von &#x017F;ich gegeben haben. Dahingegen ein<lb/><hi rendition="#g">todgebohrnes Kind</hi> ein &#x017F;olches genennt wird, wel-<lb/>
ches noch vor der vo&#x0364;lligen Ab&#x017F;onderung von Mutterleibe,<lb/>
es &#x017F;ey nun wa&#x0364;hrend der Geburt, oder &#x017F;chon vorher, das<lb/>
Leben verlohren hat. Eine &#x017F;olche tode Geburt tritt in<lb/>
keine bu&#x0364;rgerliche Rechte, und heißet daher auch nicht mit<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Recht</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0083] de Statu Hominum. chen wenn die Geburt mehr oder weniger Glieder hat, als ſonſt gewoͤhnlich iſt 73). Wo nun auf ſolche Art bey einer Geburt einzelne Theile von der gewoͤhnlichen Zahl, Figur, Groͤße, Verhaͤltniß, Verbindung, abweichen, der Kopf uͤbrigens menſchlich iſt, ſo kann derſelben der Cha- rakter der Menſchheit nicht abgeſprochen werden, welchen auch ſelbſt thieriſche Glieder nicht umſtuͤrzen koͤnnen 74). Solche fehlerhafte Geburten erlangen daher nicht nur alle Rechte, welche Menſchen zuſtehen, ſondern bringen ſolche auch, wenn ſie ſterben, wieder auf andere. §. 115. Eintheilung der gebornen in lebendig und todgeborne. Vita- litaͤt, und davon abhangende Erbfaͤhigkeit eines Kindes. Geborne Menſchen ſind in Anſehung der Geburt wie- der auf verſchiedene Art einzutheilen. I) Koͤnnen ſie entweder lebendige oder todge- borne ſeyn. Erſtere werden diejenigen genannt, welche, nach ihrer gaͤnzlichen Abſonderung von Mutterleibe, Zei- chen des Lebens von ſich gegeben haben. Dahingegen ein todgebohrnes Kind ein ſolches genennt wird, wel- ches noch vor der voͤlligen Abſonderung von Mutterleibe, es ſey nun waͤhrend der Geburt, oder ſchon vorher, das Leben verlohren hat. Eine ſolche tode Geburt tritt in keine buͤrgerliche Rechte, und heißet daher auch nicht mit Recht 73) Genus oſtentorum, quoties quid contra naturam naſcitur. tribus manibus forte aut pedibus: ſagt L. 38. cit. 74) L. 14. D. h. t. Verb. — Partus autem, qui membrorum huma- norum officia ampliavit, aliquatenus videtur effectus: et ideo inter liberos connumerabitur. Ueber die L. 14. kann uͤbrigens nach- geſehen werden Barth. chesius in Interpretat. iuris lib. I. c. 27. n. 10. in Iurispr. Rom. et Attica. Tom. II. E 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/83
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/83>, abgerufen am 25.04.2024.