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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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de Statu Hominum.
doch nicht wenigstens die ganz unschuldige Frucht eines
zu frühen Beyschlafs Mitleiden, und muß nicht die Sa-
che schon aus dieser Ursach zu ihrem Besten entschieden
werden? O ja, Mitleiden verdienen allerdings Brautkin-
der; aber ist denn das auch ein rechtlicher Grund ihnen
was zuzusprechen, das ihnen von Rechtswegen nicht ge-
bührt?

Ich lasse es jedoch gelten, wenn in dem Fall, da der
Bräutigam verurtheilt gewesen, die verlobte und geschwän-
gerte Braut zu ehelichen, und darauf, ehe solches gesche-
hen, verstorben wäre, das Kind durch ein rechtliches Er-
kenntniß für ächt und succeßionsfähig rechtskräftig ist er-
kläret worden 99). Denn ein rechtskräftiger Urtheilsspruch
gilt auch in Sachen, die den Zustand der Person betref-
fen, für eine rechtliche Wahrheit 100).



§. 117.
consanguinit. Merkwürdig ist es ferner, daß dieses Ehever-
sprechen in einer Capelle geschehen, ohnfehlbar also in Gegen-
wart eines Geistlichen; mithin ist wohl kein Zweifel, daß das
Kind, über dessen eheliche Geburt nach dem Inhalt des Ca-
pitels gestritten wurde, ein aus rechtmäsiger Ehe gezeugtes
Kind gewesen. gonzalez tellez in Comment. ad cap. hoc
12. X. qui filii sint legitimi.
Noch weniger Zweifel ist bey
der L. 12. C. de nupt. vorhanden; wenn man die Worte mit
Aufmerksamkeit lieset, nullus existimat, ob id deesse recte alias
inito matrimonio
firmitatem, vel ex eo natis liberis iura posse
legitimorum auferri.
99) puffendorf in Observat. lur. universi Tom. IV. Obs. 245.
I. H. boehmer Iur. Eccl. Protest. Lib. IV. Tit.
3. §. 49.
100) L. 25. D. h. t.

de Statu Hominum.
doch nicht wenigſtens die ganz unſchuldige Frucht eines
zu fruͤhen Beyſchlafs Mitleiden, und muß nicht die Sa-
che ſchon aus dieſer Urſach zu ihrem Beſten entſchieden
werden? O ja, Mitleiden verdienen allerdings Brautkin-
der; aber iſt denn das auch ein rechtlicher Grund ihnen
was zuzuſprechen, das ihnen von Rechtswegen nicht ge-
buͤhrt?

Ich laſſe es jedoch gelten, wenn in dem Fall, da der
Braͤutigam verurtheilt geweſen, die verlobte und geſchwaͤn-
gerte Braut zu ehelichen, und darauf, ehe ſolches geſche-
hen, verſtorben waͤre, das Kind durch ein rechtliches Er-
kenntniß fuͤr aͤcht und ſucceßionsfaͤhig rechtskraͤftig iſt er-
klaͤret worden 99). Denn ein rechtskraͤftiger Urtheilsſpruch
gilt auch in Sachen, die den Zuſtand der Perſon betref-
fen, fuͤr eine rechtliche Wahrheit 100).



§. 117.
conſanguinit. Merkwuͤrdig iſt es ferner, daß dieſes Ehever-
ſprechen in einer Capelle geſchehen, ohnfehlbar alſo in Gegen-
wart eines Geiſtlichen; mithin iſt wohl kein Zweifel, daß das
Kind, uͤber deſſen eheliche Geburt nach dem Inhalt des Ca-
pitels geſtritten wurde, ein aus rechtmaͤſiger Ehe gezeugtes
Kind geweſen. gonzalez tellez in Comment. ad cap. hoc
12. X. qui filii ſint legitimi.
Noch weniger Zweifel iſt bey
der L. 12. C. de nupt. vorhanden; wenn man die Worte mit
Aufmerkſamkeit lieſet, nullus exiſtimat, ob id deeſſe recte alias
inito matrimonio
firmitatem, vel ex eo natis liberis iura poſſe
legitimorum auferri.
99) puffendorf in Obſervat. lur. univerſi Tom. IV. Obſ. 245.
I. H. boehmer Iur. Eccl. Proteſt. Lib. IV. Tit.
3. §. 49.
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[109/0123] de Statu Hominum. doch nicht wenigſtens die ganz unſchuldige Frucht eines zu fruͤhen Beyſchlafs Mitleiden, und muß nicht die Sa- che ſchon aus dieſer Urſach zu ihrem Beſten entſchieden werden? O ja, Mitleiden verdienen allerdings Brautkin- der; aber iſt denn das auch ein rechtlicher Grund ihnen was zuzuſprechen, das ihnen von Rechtswegen nicht ge- buͤhrt? Ich laſſe es jedoch gelten, wenn in dem Fall, da der Braͤutigam verurtheilt geweſen, die verlobte und geſchwaͤn- gerte Braut zu ehelichen, und darauf, ehe ſolches geſche- hen, verſtorben waͤre, das Kind durch ein rechtliches Er- kenntniß fuͤr aͤcht und ſucceßionsfaͤhig rechtskraͤftig iſt er- klaͤret worden 99). Denn ein rechtskraͤftiger Urtheilsſpruch gilt auch in Sachen, die den Zuſtand der Perſon betref- fen, fuͤr eine rechtliche Wahrheit 100). §. 117. 98) 99) puffendorf in Obſervat. lur. univerſi Tom. IV. Obſ. 245. I. H. boehmer Iur. Eccl. Proteſt. Lib. IV. Tit. 3. §. 49. 100) L. 25. D. h. t. 98) conſanguinit. Merkwuͤrdig iſt es ferner, daß dieſes Ehever- ſprechen in einer Capelle geſchehen, ohnfehlbar alſo in Gegen- wart eines Geiſtlichen; mithin iſt wohl kein Zweifel, daß das Kind, uͤber deſſen eheliche Geburt nach dem Inhalt des Ca- pitels geſtritten wurde, ein aus rechtmaͤſiger Ehe gezeugtes Kind geweſen. gonzalez tellez in Comment. ad cap. hoc 12. X. qui filii ſint legitimi. Noch weniger Zweifel iſt bey der L. 12. C. de nupt. vorhanden; wenn man die Worte mit Aufmerkſamkeit lieſet, nullus exiſtimat, ob id deeſſe recte alias inito matrimonio firmitatem, vel ex eo natis liberis iura poſſe legitimorum auferri.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/123>, abgerufen am 20.04.2024.