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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 4. Tit. §. 104.
mithin ist kein Privilegium im Zweifel ausschliessend zu
verstehen, 41) wenn nicht entweder der Landesherr sich
hierzu durch einen Vertrag ausdrücklich verbindlich ge-
macht, daß er sich seines Rechts, andern Einwohnern
desselbigen Orts ein ähnliches Privilegium zu ertheilen,
künftig nicht weiter bedienen wolle, oder das verliehene
Privilegium schon seiner Natur nach ausschliessend
und so beschaffen wäre, daß es durch ein anderes ähn-
liches Privilegium vereitelt werden würde. Denn durch
das Privilegium soll ja der Privilegirte weiter nichts er-
langen, als in gewisser Rücksicht nicht nach dem gemei-
nen Recht beurtheilt zu werden. Bleibt ihm dieser Vor-
theil ungekränkt, so hindert dem Landesherrn, einem
andern ein gleiches Privilegium zu ertheilen, sonst nichts,
als sein ausdrückliches Versprechen. Wie wenn ich aber
in einer Sache, die vorher jedem frey war, ein Privile-
gium bekomme, ist dieses nicht als ein exclusivum zu
zu betrachten? Nein, auch denn nicht, wenn gleich dem
Privilegium die Clausel ausdrücklich wäre einverleibt wor-
den, daß sonst niemand an demselbigen Ort
eines solchen Rechts
z. B. eines Gastungs und Her-
bergsrechts, sich anmaßen solle; indem diese Stelle
offenbar nur den Sinn hat, daß kein anderer, nicht eben
so privilegirter Einwohner des Orts sich eigenmächtig je-
nem Privilegium zuwider unterfangen solle, Gastwirth-
schaft zu treiben; keinesweges aber kann sie so ausgelegt
werden, daß der Privilegirte hierdurch ein privilegium
exclusivum
haben, und ausser ihm niemand ein ähnli-
ches Gasthofs-Privilegium bekommen solle. Es kommt

auch
aut iuribus regalibus nocere videtur, quantum fieri potest, re-
stringendum est Accedit, quod nemo privatus, nedum Prin-
ceps
, facultati sibi competenti renunciasse praesumatur.
41) S. Consil. ICtor. Halens. T. II. lib. II. Cons. 105. n. 4. 10.

1. Buch. 4. Tit. §. 104.
mithin iſt kein Privilegium im Zweifel ausſchlieſſend zu
verſtehen, 41) wenn nicht entweder der Landesherr ſich
hierzu durch einen Vertrag ausdruͤcklich verbindlich ge-
macht, daß er ſich ſeines Rechts, andern Einwohnern
deſſelbigen Orts ein aͤhnliches Privilegium zu ertheilen,
kuͤnftig nicht weiter bedienen wolle, oder das verliehene
Privilegium ſchon ſeiner Natur nach ausſchlieſſend
und ſo beſchaffen waͤre, daß es durch ein anderes aͤhn-
liches Privilegium vereitelt werden wuͤrde. Denn durch
das Privilegium ſoll ja der Privilegirte weiter nichts er-
langen, als in gewiſſer Ruͤckſicht nicht nach dem gemei-
nen Recht beurtheilt zu werden. Bleibt ihm dieſer Vor-
theil ungekraͤnkt, ſo hindert dem Landesherrn, einem
andern ein gleiches Privilegium zu ertheilen, ſonſt nichts,
als ſein ausdruͤckliches Verſprechen. Wie wenn ich aber
in einer Sache, die vorher jedem frey war, ein Privile-
gium bekomme, iſt dieſes nicht als ein excluſivum zu
zu betrachten? Nein, auch denn nicht, wenn gleich dem
Privilegium die Clauſel ausdruͤcklich waͤre einverleibt wor-
den, daß ſonſt niemand an demſelbigen Ort
eines ſolchen Rechts
z. B. eines Gaſtungs und Her-
bergsrechts, ſich anmaßen ſolle; indem dieſe Stelle
offenbar nur den Sinn hat, daß kein anderer, nicht eben
ſo privilegirter Einwohner des Orts ſich eigenmaͤchtig je-
nem Privilegium zuwider unterfangen ſolle, Gaſtwirth-
ſchaft zu treiben; keinesweges aber kann ſie ſo ausgelegt
werden, daß der Privilegirte hierdurch ein privilegium
excluſivum
haben, und auſſer ihm niemand ein aͤhnli-
ches Gaſthofs-Privilegium bekommen ſolle. Es kommt

auch
aut iuribus regalibus nocere videtur, quantum fieri poteſt, re-
ſtringendum eſt Accedit, quod nemo privatus, nedum Prin-
ceps
, facultati ſibi competenti renunciaſſe praeſumatur.
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[14/0028] 1. Buch. 4. Tit. §. 104. mithin iſt kein Privilegium im Zweifel ausſchlieſſend zu verſtehen, 41) wenn nicht entweder der Landesherr ſich hierzu durch einen Vertrag ausdruͤcklich verbindlich ge- macht, daß er ſich ſeines Rechts, andern Einwohnern deſſelbigen Orts ein aͤhnliches Privilegium zu ertheilen, kuͤnftig nicht weiter bedienen wolle, oder das verliehene Privilegium ſchon ſeiner Natur nach ausſchlieſſend und ſo beſchaffen waͤre, daß es durch ein anderes aͤhn- liches Privilegium vereitelt werden wuͤrde. Denn durch das Privilegium ſoll ja der Privilegirte weiter nichts er- langen, als in gewiſſer Ruͤckſicht nicht nach dem gemei- nen Recht beurtheilt zu werden. Bleibt ihm dieſer Vor- theil ungekraͤnkt, ſo hindert dem Landesherrn, einem andern ein gleiches Privilegium zu ertheilen, ſonſt nichts, als ſein ausdruͤckliches Verſprechen. Wie wenn ich aber in einer Sache, die vorher jedem frey war, ein Privile- gium bekomme, iſt dieſes nicht als ein excluſivum zu zu betrachten? Nein, auch denn nicht, wenn gleich dem Privilegium die Clauſel ausdruͤcklich waͤre einverleibt wor- den, daß ſonſt niemand an demſelbigen Ort eines ſolchen Rechts z. B. eines Gaſtungs und Her- bergsrechts, ſich anmaßen ſolle; indem dieſe Stelle offenbar nur den Sinn hat, daß kein anderer, nicht eben ſo privilegirter Einwohner des Orts ſich eigenmaͤchtig je- nem Privilegium zuwider unterfangen ſolle, Gaſtwirth- ſchaft zu treiben; keinesweges aber kann ſie ſo ausgelegt werden, daß der Privilegirte hierdurch ein privilegium excluſivum haben, und auſſer ihm niemand ein aͤhnli- ches Gaſthofs-Privilegium bekommen ſolle. Es kommt auch 40) 41) S. Conſil. ICtor. Halenſ. T. II. lib. II. Conſ. 105. n. 4. 10. 40) aut iuribus regalibus nocere videtur, quantum fieri poteſt, re- ſtringendum eſt Accedit, quod nemo privatus, nedum Prin- ceps, facultati ſibi competenti renunciaſſe praeſumatur.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/28>, abgerufen am 25.04.2024.