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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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De adoptionibus, emancipationibus etc.
des emancipirten Sohnes väterliche Gewalt zurück 46).
Da nun der Verlust der Familienrechte capitis deminutio
minima
genennt wird, so war also auch diese eine Folge
der alten Emancipation. Ein emancipirtes Kind wurde
demnach nicht mehr als ein Mitglied der Familie, (S. 174.)
als ein Agnat angesehen, und beerbte daher weder sei-
nen Vater noch jemand aus der Familie nach dem civil
Recht 47). Auch die Obligationes stricti iuris, welche
aus einem feyerlichen Versprechen oder Formularcontract
entstanden, wurden durch die alte Emancipation zernich-
tet, daher die Gläubiger des Emancipirten die Wiederein-
setzung in den vorigen Stand beym Prätor suchen muß-
ten, wovon lib. IV. Tit. V. de capite minutis handelt.

§. 159.
Von der anastasianischen und iustinianeischen
Emancipation
.

Kaiser Anastasius schafte die alte Emancipation
nicht ab, sondern erfand daneben nur einen andern Weg
der Loslafsung. Der Vater konnte von nun an sich
an den Kaiser wenden, und von diesem durch ein Rescript
die Emancipation erlangen, welches Rescript dann bey der
competenten Obrigkeit insinuiret wurde. Aus der Consti-
tution dieses Kaisers, welche Justinian seinem Codex ein-
verleiben lassen 48), möchte man beynahe schliessen, daß

Ana-
46) Princ. I. quib. mod ius patr. pot. solv.
47) faber cit. loco Princip. X. Illat. 1--3.
48) L. 5. Cod. de emancipat. liberor. Die hierher gehörigen
Worte sind: Iubemus licere parentibus, id est, patri, avo pa-
terno, -- si liberos, quos habent in potestate propria, --
per emancipationem, vel absentes et peregre degentes, vel in
iisdem locis seu regionibus vel civitatibus commorantes, in

idi-
Glücks Erläut. d. Pand. 2. Th. Z

De adoptionibus, emancipationibus etc.
des emancipirten Sohnes vaͤterliche Gewalt zuruͤck 46).
Da nun der Verluſt der Familienrechte capitis deminutio
minima
genennt wird, ſo war alſo auch dieſe eine Folge
der alten Emancipation. Ein emancipirtes Kind wurde
demnach nicht mehr als ein Mitglied der Familie, (S. 174.)
als ein Agnat angeſehen, und beerbte daher weder ſei-
nen Vater noch jemand aus der Familie nach dem civil
Recht 47). Auch die Obligationes ſtricti iuris, welche
aus einem feyerlichen Verſprechen oder Formularcontract
entſtanden, wurden durch die alte Emancipation zernich-
tet, daher die Glaͤubiger des Emancipirten die Wiederein-
ſetzung in den vorigen Stand beym Praͤtor ſuchen muß-
ten, wovon lib. IV. Tit. V. de capite minutis handelt.

§. 159.
Von der anaſtaſianiſchen und iuſtinianeiſchen
Emancipation
.

Kaiſer Anaſtaſius ſchafte die alte Emancipation
nicht ab, ſondern erfand daneben nur einen andern Weg
der Loslafſung. Der Vater konnte von nun an ſich
an den Kaiſer wenden, und von dieſem durch ein Reſcript
die Emancipation erlangen, welches Reſcript dann bey der
competenten Obrigkeit inſinuiret wurde. Aus der Conſti-
tution dieſes Kaiſers, welche Juſtinian ſeinem Codex ein-
verleiben laſſen 48), moͤchte man beynahe ſchlieſſen, daß

Ana-
46) Princ. I. quib. mod ius patr. pot. ſolv.
47) faber cit. loco Princip. X. Illat. 1—3.
48) L. 5. Cod. de emancipat. liberor. Die hierher gehoͤrigen
Worte ſind: Iubemus licere parentibus, id eſt, patri, avo pa-
terno, — ſi liberos, quos habent in poteſtate propria, —
per emancipationem, vel abſentes et peregre degentes, vel in
iisdem locis ſeu regionibus vel civitatibus commorantes, in

idi-
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[353/0367] De adoptionibus, emancipationibus etc. des emancipirten Sohnes vaͤterliche Gewalt zuruͤck 46). Da nun der Verluſt der Familienrechte capitis deminutio minima genennt wird, ſo war alſo auch dieſe eine Folge der alten Emancipation. Ein emancipirtes Kind wurde demnach nicht mehr als ein Mitglied der Familie, (S. 174.) als ein Agnat angeſehen, und beerbte daher weder ſei- nen Vater noch jemand aus der Familie nach dem civil Recht 47). Auch die Obligationes ſtricti iuris, welche aus einem feyerlichen Verſprechen oder Formularcontract entſtanden, wurden durch die alte Emancipation zernich- tet, daher die Glaͤubiger des Emancipirten die Wiederein- ſetzung in den vorigen Stand beym Praͤtor ſuchen muß- ten, wovon lib. IV. Tit. V. de capite minutis handelt. §. 159. Von der anaſtaſianiſchen und iuſtinianeiſchen Emancipation. Kaiſer Anaſtaſius ſchafte die alte Emancipation nicht ab, ſondern erfand daneben nur einen andern Weg der Loslafſung. Der Vater konnte von nun an ſich an den Kaiſer wenden, und von dieſem durch ein Reſcript die Emancipation erlangen, welches Reſcript dann bey der competenten Obrigkeit inſinuiret wurde. Aus der Conſti- tution dieſes Kaiſers, welche Juſtinian ſeinem Codex ein- verleiben laſſen 48), moͤchte man beynahe ſchlieſſen, daß Ana- 46) Princ. I. quib. mod ius patr. pot. ſolv. 47) faber cit. loco Princip. X. Illat. 1—3. 48) L. 5. Cod. de emancipat. liberor. Die hierher gehoͤrigen Worte ſind: Iubemus licere parentibus, id eſt, patri, avo pa- terno, — ſi liberos, quos habent in poteſtate propria, — per emancipationem, vel abſentes et peregre degentes, vel in iisdem locis ſeu regionibus vel civitatibus commorantes, in idi- Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 2. Th. Z

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/367>, abgerufen am 23.04.2024.