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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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De divisione rerum et qualitate.
chen der letztern Art werden res universales oder universi-
tas rerum
genennt z. B. eine Erbschaft, eine Bibliothek,
ein Guts-Inventarium. Von diesen werde ich zuletzt
handeln. Zuerst also von den einzelnen Sachen
(res singulares). Diese werden in den Gesetzen 81) zwar
nur in körperliche und unkörperliche eingetheilt, mich
dünkt aber, daß sich noch eine dritte Classe von Sachen
annehmen liesse. Es giebt nämlich Sachen, welche in
verschiedener Rücksicht eben sowohl körperliche als unkör-
perliche seyn können, z. B. das Geld. Körperliche
Sachen
werden nun in unsern Gesetzen diejenigen ge-
nennt, welche sich fühlen und berühren lassen, (quae
tangi possunt
) oder wie sie Cheophilus 82), in seiner
Paraphrase der Institutionen erklärt, Sachen, die man
mit den Händen berühren, und mit den Augen sehen
kann. Unkörperliche Sachen hingegen werden dieje-
nigen genennt, welche von der Art nicht sind, daß sie

betastet
81) Vid. Tit. I. de rebus corporalibus et incorporalibus, et
L. 1. §. 1. D. de divis. rer.
Der Titel der Institutionen ist
ganz aus Cajus abgeschrieben, wie man aus schulting
Iurisprud. vet. Antejustin. pag.
73. folgg. erseben kann. Nur
darin findet sich eine Differenz, daß in den Fragmenten des
Cajus stehet, quae manu tangi possunt. Nun will man zwar
das Wort manu für einen Anianischen Zusatz halten, allein
da dieser Begriff mit der Erklärung des Theophilus in
seiner Paraphrase der Institutionen so genau übereinstimmt,
so bin ich geneigter zu glauben, daß Tribonian das Wort
manu weggelassen, als daß Anian, oder Goaricus, oder
wer sonst der Verfasser des Alaricianischen Handbuchs seyn
mag, solches eingeschaltet haben sollte. Consent. Eichmann
in den Erklärungen des bürgerl. Rechts IV. Th. S. 158.
82) Paraphr[.] graec. lib. II. Tit. 2. §. 1. Est autem corpo-
rale
(somatikon), quod et nomine cognoscitur, et tactui
ac visui subiacet.
(kai aphe kai thea upopiptei).
F f 5

De diviſione rerum et qualitate.
chen der letztern Art werden res univerſales oder univerſi-
tas rerum
genennt z. B. eine Erbſchaft, eine Bibliothek,
ein Guts-Inventarium. Von dieſen werde ich zuletzt
handeln. Zuerſt alſo von den einzelnen Sachen
(res ſingulares). Dieſe werden in den Geſetzen 81) zwar
nur in koͤrperliche und unkoͤrperliche eingetheilt, mich
duͤnkt aber, daß ſich noch eine dritte Claſſe von Sachen
annehmen lieſſe. Es giebt naͤmlich Sachen, welche in
verſchiedener Ruͤckſicht eben ſowohl koͤrperliche als unkoͤr-
perliche ſeyn koͤnnen, z. B. das Geld. Koͤrperliche
Sachen
werden nun in unſern Geſetzen diejenigen ge-
nennt, welche ſich fuͤhlen und beruͤhren laſſen, (quae
tangi poſſunt
) oder wie ſie Cheophilus 82), in ſeiner
Paraphraſe der Inſtitutionen erklaͤrt, Sachen, die man
mit den Haͤnden beruͤhren, und mit den Augen ſehen
kann. Unkoͤrperliche Sachen hingegen werden dieje-
nigen genennt, welche von der Art nicht ſind, daß ſie

betaſtet
81) Vid. Tit. I. de rebus corporalibus et incorporalibus, et
L. 1. §. 1. D. de diviſ. rer.
Der Titel der Inſtitutionen iſt
ganz aus Cajus abgeſchrieben, wie man aus schulting
Iurisprud. vet. Antejuſtin. pag.
73. folgg. erſeben kann. Nur
darin findet ſich eine Differenz, daß in den Fragmenten des
Cajus ſtehet, quae manu tangi poſſunt. Nun will man zwar
das Wort manu fuͤr einen Anianiſchen Zuſatz halten, allein
da dieſer Begriff mit der Erklaͤrung des Theophilus in
ſeiner Paraphraſe der Inſtitutionen ſo genau uͤbereinſtimmt,
ſo bin ich geneigter zu glauben, daß Tribonian das Wort
manu weggelaſſen, als daß Anian, oder Goaricus, oder
wer ſonſt der Verfaſſer des Alaricianiſchen Handbuchs ſeyn
mag, ſolches eingeſchaltet haben ſollte. Conſent. Eichmann
in den Erklaͤrungen des buͤrgerl. Rechts IV. Th. S. 158.
82) Paraphr[.] graec. lib. II. Tit. 2. §. 1. Eſt autem corpo-
rale
(σωματικὸν), quod et nomine cognoſcitur, et tactui
ac viſui ſubiacet.
(καὶ ἀφῇ καὶ ϑέα ὑποπιπτει).
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[457/0471] De diviſione rerum et qualitate. chen der letztern Art werden res univerſales oder univerſi- tas rerum genennt z. B. eine Erbſchaft, eine Bibliothek, ein Guts-Inventarium. Von dieſen werde ich zuletzt handeln. Zuerſt alſo von den einzelnen Sachen (res ſingulares). Dieſe werden in den Geſetzen 81) zwar nur in koͤrperliche und unkoͤrperliche eingetheilt, mich duͤnkt aber, daß ſich noch eine dritte Claſſe von Sachen annehmen lieſſe. Es giebt naͤmlich Sachen, welche in verſchiedener Ruͤckſicht eben ſowohl koͤrperliche als unkoͤr- perliche ſeyn koͤnnen, z. B. das Geld. Koͤrperliche Sachen werden nun in unſern Geſetzen diejenigen ge- nennt, welche ſich fuͤhlen und beruͤhren laſſen, (quae tangi poſſunt) oder wie ſie Cheophilus 82), in ſeiner Paraphraſe der Inſtitutionen erklaͤrt, Sachen, die man mit den Haͤnden beruͤhren, und mit den Augen ſehen kann. Unkoͤrperliche Sachen hingegen werden dieje- nigen genennt, welche von der Art nicht ſind, daß ſie betaſtet 81) Vid. Tit. I. de rebus corporalibus et incorporalibus, et L. 1. §. 1. D. de diviſ. rer. Der Titel der Inſtitutionen iſt ganz aus Cajus abgeſchrieben, wie man aus schulting Iurisprud. vet. Antejuſtin. pag. 73. folgg. erſeben kann. Nur darin findet ſich eine Differenz, daß in den Fragmenten des Cajus ſtehet, quae manu tangi poſſunt. Nun will man zwar das Wort manu fuͤr einen Anianiſchen Zuſatz halten, allein da dieſer Begriff mit der Erklaͤrung des Theophilus in ſeiner Paraphraſe der Inſtitutionen ſo genau uͤbereinſtimmt, ſo bin ich geneigter zu glauben, daß Tribonian das Wort manu weggelaſſen, als daß Anian, oder Goaricus, oder wer ſonſt der Verfaſſer des Alaricianiſchen Handbuchs ſeyn mag, ſolches eingeſchaltet haben ſollte. Conſent. Eichmann in den Erklaͤrungen des buͤrgerl. Rechts IV. Th. S. 158. 82) Paraphr. graec. lib. II. Tit. 2. §. 1. Eſt autem corpo- rale (σωματικὸν), quod et nomine cognoſcitur, et tactui ac viſui ſubiacet. (καὶ ἀφῇ καὶ ϑέα ὑποπιπτει). F f 5

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/471>, abgerufen am 25.04.2024.