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Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.

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eine Krankheit zuzieht, ohne desfalls etwas an seinem Lohne zu
kürtzen 82). Nicht minder ist

5) die Herrschaft verbunden, den Schaden zu ersetzen, den
das Gesinde im Dienst an seinen Sachen erlitten hat 83). Sie
ist endlich auch

6) schuldig, das Gesinde solange, als die gewöhnliche oder
verabredete Dienstzeit dauert, zu behalten, wofern nicht recht-
mäßige Ursachen vorhanden sind, welche die Herrschaft berechti-
gen, den Vertrag vor Ablauf der bestimmten Zeit aufzuheben.
Setzt sie das Gesinde ohne erhebliche und rechtmäßige Ursache
zur Unzeit ausser Dienst, so muß sie ihm nicht nur den vollen
Lohn entrichten, sondern auch allen anderweitigen Schaden er-
setzen 84).

§. 122.
Zustand der heutigen Bauern in Teutschland. Begriff und Ein-
theilung derselben.

Einen Mittelstand zwischen vollkommen freyen Leuten und
Leibeigenen machen, wenigstens in der Regel, die heutigen ge-
meinen Bauern in Teutschland aus. Ein großer Theil dersel-
ben stammt zwar von den ehemals freygelassenen Leibeigenen
unserer Vorfahren her 85); deswegen aber läßt sich doch keines-
weges behaupten, daß unsere heutigen Bauern alle ehedem leib-
eigen gewesen sind, indem uns vielmehr die Geschichte der Teut-

schen
82) wernher select. Observat. for. Tom. II. P. IX. Obs. 107.
und Dorn §. 155. Man sehe auch das allgemeine Ge-
setzbuch für die Preuß. Staaten
, 2. Th. 5. Tit. §.
86. u. 87.
83) Fischers Lehrbegrif sämmtlicher Kameral- und Policey-
rechte 1. B. §. 1342. Dorn §. 161.
84) Dorn §. 162.
85) I. H. boehmer de imperfecta libertate rusticor. in Germ.
in Exercitat. ad Pand. T. I. pag. 845. sqq.
von Buri Erläu-
terung des in Teutschland üblichen Lehenrechts IV. Fortsetzung
S. 32. ff. Runde Grds. des allgemeinen teutschen Privat-
rechts. §. 484. u. 485.

eine Krankheit zuzieht, ohne desfalls etwas an ſeinem Lohne zu
kuͤrtzen 82). Nicht minder iſt

5) die Herrſchaft verbunden, den Schaden zu erſetzen, den
das Geſinde im Dienſt an ſeinen Sachen erlitten hat 83). Sie
iſt endlich auch

6) ſchuldig, das Geſinde ſolange, als die gewoͤhnliche oder
verabredete Dienſtzeit dauert, zu behalten, wofern nicht recht-
maͤßige Urſachen vorhanden ſind, welche die Herrſchaft berechti-
gen, den Vertrag vor Ablauf der beſtimmten Zeit aufzuheben.
Setzt ſie das Geſinde ohne erhebliche und rechtmaͤßige Urſache
zur Unzeit auſſer Dienſt, ſo muß ſie ihm nicht nur den vollen
Lohn entrichten, ſondern auch allen anderweitigen Schaden er-
ſetzen 84).

§. 122.
Zuſtand der heutigen Bauern in Teutſchland. Begriff und Ein-
theilung derſelben.

Einen Mittelſtand zwiſchen vollkommen freyen Leuten und
Leibeigenen machen, wenigſtens in der Regel, die heutigen ge-
meinen Bauern in Teutſchland aus. Ein großer Theil derſel-
ben ſtammt zwar von den ehemals freygelaſſenen Leibeigenen
unſerer Vorfahren her 85); deswegen aber laͤßt ſich doch keines-
weges behaupten, daß unſere heutigen Bauern alle ehedem leib-
eigen geweſen ſind, indem uns vielmehr die Geſchichte der Teut-

ſchen
82) wernher ſelect. Obſervat. for. Tom. II. P. IX. Obſ. 107.
und Dorn §. 155. Man ſehe auch das allgemeine Ge-
ſetzbuch fuͤr die Preuß. Staaten
, 2. Th. 5. Tit. §.
86. u. 87.
83) Fiſchers Lehrbegrif ſaͤmmtlicher Kameral- und Policey-
rechte 1. B. §. 1342. Dorn §. 161.
84) Dorn §. 162.
85) I. H. boehmer de imperfecta libertate ruſticor. in Germ.
in Exercitat. ad Pand. T. I. pag. 845. ſqq.
von Buri Erlaͤu-
terung des in Teutſchland uͤblichen Lehenrechts IV. Fortſetzung
S. 32. ff. Runde Grdſ. des allgemeinen teutſchen Privat-
rechts. §. 484. u. 485.
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[43/0049] eine Krankheit zuzieht, ohne desfalls etwas an ſeinem Lohne zu kuͤrtzen 82). Nicht minder iſt 5) die Herrſchaft verbunden, den Schaden zu erſetzen, den das Geſinde im Dienſt an ſeinen Sachen erlitten hat 83). Sie iſt endlich auch 6) ſchuldig, das Geſinde ſolange, als die gewoͤhnliche oder verabredete Dienſtzeit dauert, zu behalten, wofern nicht recht- maͤßige Urſachen vorhanden ſind, welche die Herrſchaft berechti- gen, den Vertrag vor Ablauf der beſtimmten Zeit aufzuheben. Setzt ſie das Geſinde ohne erhebliche und rechtmaͤßige Urſache zur Unzeit auſſer Dienſt, ſo muß ſie ihm nicht nur den vollen Lohn entrichten, ſondern auch allen anderweitigen Schaden er- ſetzen 84). §. 122. Zuſtand der heutigen Bauern in Teutſchland. Begriff und Ein- theilung derſelben. Einen Mittelſtand zwiſchen vollkommen freyen Leuten und Leibeigenen machen, wenigſtens in der Regel, die heutigen ge- meinen Bauern in Teutſchland aus. Ein großer Theil derſel- ben ſtammt zwar von den ehemals freygelaſſenen Leibeigenen unſerer Vorfahren her 85); deswegen aber laͤßt ſich doch keines- weges behaupten, daß unſere heutigen Bauern alle ehedem leib- eigen geweſen ſind, indem uns vielmehr die Geſchichte der Teut- ſchen 82) wernher ſelect. Obſervat. for. Tom. II. P. IX. Obſ. 107. und Dorn §. 155. Man ſehe auch das allgemeine Ge- ſetzbuch fuͤr die Preuß. Staaten, 2. Th. 5. Tit. §. 86. u. 87. 83) Fiſchers Lehrbegrif ſaͤmmtlicher Kameral- und Policey- rechte 1. B. §. 1342. Dorn §. 161. 84) Dorn §. 162. 85) I. H. boehmer de imperfecta libertate ruſticor. in Germ. in Exercitat. ad Pand. T. I. pag. 845. ſqq. von Buri Erlaͤu- terung des in Teutſchland uͤblichen Lehenrechts IV. Fortſetzung S. 32. ff. Runde Grdſ. des allgemeinen teutſchen Privat- rechts. §. 484. u. 485.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/49>, abgerufen am 29.03.2024.