Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

mittheilt, kömmt denn auch Folgendes vor, das wahr-
scheinlich mit dem Octavianus in einigem Zusammen-
hange sieht: Fioravante nahm Dussolina, die Tochter
des Balunte, Königs von Scondia, zur Ehe, aus der
einerseits Octavianus vom Löwen und Giberto wilden
Angesichts (fier visaggio) gebohren wurden. Octa-
vianus vom Löwen folgte dem Balunte im Königreich
Scondia, vermählte sich mit Angaria, der Tochter des
Sultans von Babylon, und erzeugte mit ihr den Boveto.
Giberto aber nahm Sibilla, Königinn von Articano, zur
Ehe, aus der Michel gebohren wurde, von diesem
Constantin, dann Pipin, endlich Carolus magnus.
Wenn man die Willkühr in den Calcul bringt, mit der
alle Dichter dieser Zeit die Fabel zu ihren Zwecken
behandelten, dann mögte man wohl im Octavianus
vom Löwen den Lyon des Gedichtes, im Giberto aber
den Florenz desselben finden, wobei dann Sibilla die
Marcibilla des Romanes, und Michel der Wilhelm
wäre. Daß aber das Buch in die zweyte Periode, also
diesseits des zwölften Jahrhunders, fällt, beweis't sich,
wenn man auch den Ton des Ganzen nicht als Grund
gelten lassen wollte, durch die Erwähnung des Artus, da
wo Florens nämlich ausreitet, um den Riesen zu be-
kämpfen, da rufen einige mit spöttigen Worten: "Es
ist freylich Artus Gesellen einer, oder aus seiner

mittheilt, kömmt denn auch Folgendes vor, das wahr-
ſcheinlich mit dem Octavianus in einigem Zuſammen-
hange ſieht: Fioravante nahm Duſſolina, die Tochter
des Balunte, Königs von Scondia, zur Ehe, aus der
einerſeits Octavianus vom Löwen und Giberto wilden
Angeſichts (fier visaggio) gebohren wurden. Octa-
vianus vom Löwen folgte dem Balunte im Königreich
Scondia, vermählte ſich mit Angaria, der Tochter des
Sultans von Babylon, und erzeugte mit ihr den Boveto.
Giberto aber nahm Sibilla, Königinn von Articano, zur
Ehe, aus der Michel gebohren wurde, von dieſem
Conſtantin, dann Pipin, endlich Carolus magnus.
Wenn man die Willkühr in den Calcul bringt, mit der
alle Dichter dieſer Zeit die Fabel zu ihren Zwecken
behandelten, dann mögte man wohl im Octavianus
vom Löwen den Lyon des Gedichtes, im Giberto aber
den Florenz deſſelben finden, wobei dann Sibilla die
Marcibilla des Romanes, und Michel der Wilhelm
wäre. Daß aber das Buch in die zweyte Periode, alſo
dieſſeits des zwölften Jahrhunders, fällt, beweiſ’t ſich,
wenn man auch den Ton des Ganzen nicht als Grund
gelten laſſen wollte, durch die Erwähnung des Artus, da
wo Florens nämlich ausreitet, um den Rieſen zu be-
kämpfen, da rufen einige mit ſpöttigen Worten: „Es
iſt freylich Artus Geſellen einer, oder aus ſeiner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0153" n="135"/>
mittheilt, kömmt denn auch Folgendes vor, das wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlich mit dem Octavianus in einigem Zu&#x017F;ammen-<lb/>
hange &#x017F;ieht: Fioravante nahm Du&#x017F;&#x017F;olina, die Tochter<lb/>
des Balunte, Königs von Scondia, zur Ehe, aus der<lb/>
einer&#x017F;eits Octavianus vom Löwen und Giberto wilden<lb/>
Ange&#x017F;ichts <hi rendition="#aq">(fier visaggio)</hi> gebohren wurden. Octa-<lb/>
vianus vom Löwen folgte dem Balunte im Königreich<lb/>
Scondia, vermählte &#x017F;ich mit Angaria, der Tochter des<lb/>
Sultans von Babylon, und erzeugte mit ihr den Boveto.<lb/>
Giberto aber nahm Sibilla, Königinn von Articano, zur<lb/>
Ehe, aus der Michel gebohren wurde, von die&#x017F;em<lb/>
Con&#x017F;tantin, dann Pipin, endlich <hi rendition="#aq">Carolus magnus.</hi><lb/>
Wenn man die Willkühr in den Calcul bringt, mit der<lb/>
alle Dichter die&#x017F;er Zeit die Fabel zu ihren Zwecken<lb/>
behandelten, dann mögte man wohl im Octavianus<lb/>
vom Löwen den Lyon des Gedichtes, im Giberto aber<lb/>
den Florenz de&#x017F;&#x017F;elben finden, wobei dann Sibilla die<lb/>
Marcibilla des Romanes, und Michel der Wilhelm<lb/>
wäre. Daß aber das Buch in die zweyte Periode, al&#x017F;o<lb/>
die&#x017F;&#x017F;eits des zwölften Jahrhunders, fällt, bewei&#x017F;&#x2019;t &#x017F;ich,<lb/>
wenn man auch den Ton des Ganzen nicht als Grund<lb/>
gelten la&#x017F;&#x017F;en wollte, durch die Erwähnung des Artus, da<lb/>
wo Florens nämlich ausreitet, um den Rie&#x017F;en zu be-<lb/>
kämpfen, da rufen einige mit &#x017F;pöttigen Worten: &#x201E;Es<lb/>
i&#x017F;t freylich Artus Ge&#x017F;ellen einer, oder aus &#x017F;einer<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0153] mittheilt, kömmt denn auch Folgendes vor, das wahr- ſcheinlich mit dem Octavianus in einigem Zuſammen- hange ſieht: Fioravante nahm Duſſolina, die Tochter des Balunte, Königs von Scondia, zur Ehe, aus der einerſeits Octavianus vom Löwen und Giberto wilden Angeſichts (fier visaggio) gebohren wurden. Octa- vianus vom Löwen folgte dem Balunte im Königreich Scondia, vermählte ſich mit Angaria, der Tochter des Sultans von Babylon, und erzeugte mit ihr den Boveto. Giberto aber nahm Sibilla, Königinn von Articano, zur Ehe, aus der Michel gebohren wurde, von dieſem Conſtantin, dann Pipin, endlich Carolus magnus. Wenn man die Willkühr in den Calcul bringt, mit der alle Dichter dieſer Zeit die Fabel zu ihren Zwecken behandelten, dann mögte man wohl im Octavianus vom Löwen den Lyon des Gedichtes, im Giberto aber den Florenz deſſelben finden, wobei dann Sibilla die Marcibilla des Romanes, und Michel der Wilhelm wäre. Daß aber das Buch in die zweyte Periode, alſo dieſſeits des zwölften Jahrhunders, fällt, beweiſ’t ſich, wenn man auch den Ton des Ganzen nicht als Grund gelten laſſen wollte, durch die Erwähnung des Artus, da wo Florens nämlich ausreitet, um den Rieſen zu be- kämpfen, da rufen einige mit ſpöttigen Worten: „Es iſt freylich Artus Geſellen einer, oder aus ſeiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/153
Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/153>, abgerufen am 19.04.2024.