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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

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heroische Mittel, Gifte selten, und dann nur in
kleineren Dosen. Freilich ist auch mitunter man-
cherlei Unsinns darin, von dem man allerdings das
Buch reinigen sollte, obgleich keiner, der sehr gefähr-
lich werden könnte; Menschenkoth und Koth jeder Art,
spielt noch in der Materia medica seine Rolle; man-
cherlei Wunderliches läuft mitunter, z. B. die Sa-
chen, welche das Gesicht stärken, sind mancherlei:
als schöne grüne Wiesen und Gärten, grüne Gläser,
der Stein Saphir, grüne und blaue Vorhänge und
Teppiche, klare Wasser, ein Sack voll Ducaten, die
man oft ansieht und zählt; lieblich Frauenzimmer
weidet die Augen und stärket sie; Blumen, so blaue
Farbe haben, daraus man Kränze macht und in Zim-
mern aufhängt: als Borragen, Augentrost, Ritter-
sporn u. s. w. Aber es ist auch Manches darin ent-
halten, Arzneien und Handgriffe, die eine ernste Er-
wägung verdienen, und es dürfte sich eben gerade kein
Arzt schämen, einen Blick hineinzuwerfen, wäre es
auch nur um Manches, was er über den neuern Theorien
vergessen, sich wieder zurückzurufen, und manchen ge-
nialen Einfall, womit sich die neuere Heilmittelkrä-
merei brüstet, dort ganz einfältig und bescheiden unter
anderm Unscheinbaren wiederzufinden.


heroiſche Mittel, Gifte ſelten, und dann nur in
kleineren Doſen. Freilich iſt auch mitunter man-
cherlei Unſinns darin, von dem man allerdings das
Buch reinigen ſollte, obgleich keiner, der ſehr gefähr-
lich werden könnte; Menſchenkoth und Koth jeder Art,
ſpielt noch in der Materia medica ſeine Rolle; man-
cherlei Wunderliches läuft mitunter, z. B. die Sa-
chen, welche das Geſicht ſtärken, ſind mancherlei:
als ſchöne grüne Wieſen und Gärten, grüne Gläſer,
der Stein Saphir, grüne und blaue Vorhänge und
Teppiche, klare Waſſer, ein Sack voll Ducaten, die
man oft anſieht und zählt; lieblich Frauenzimmer
weidet die Augen und ſtärket ſie; Blumen, ſo blaue
Farbe haben, daraus man Kränze macht und in Zim-
mern aufhängt: als Borragen, Augentroſt, Ritter-
ſporn u. ſ. w. Aber es iſt auch Manches darin ent-
halten, Arzneien und Handgriffe, die eine ernſte Er-
wägung verdienen, und es dürfte ſich eben gerade kein
Arzt ſchämen, einen Blick hineinzuwerfen, wäre es
auch nur um Manches, was er über den neuern Theorien
vergeſſen, ſich wieder zurückzurufen, und manchen ge-
nialen Einfall, womit ſich die neuere Heilmittelkrä-
merei brüſtet, dort ganz einfältig und beſcheiden unter
anderm Unſcheinbaren wiederzufinden.


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[34/0052] heroiſche Mittel, Gifte ſelten, und dann nur in kleineren Doſen. Freilich iſt auch mitunter man- cherlei Unſinns darin, von dem man allerdings das Buch reinigen ſollte, obgleich keiner, der ſehr gefähr- lich werden könnte; Menſchenkoth und Koth jeder Art, ſpielt noch in der Materia medica ſeine Rolle; man- cherlei Wunderliches läuft mitunter, z. B. die Sa- chen, welche das Geſicht ſtärken, ſind mancherlei: als ſchöne grüne Wieſen und Gärten, grüne Gläſer, der Stein Saphir, grüne und blaue Vorhänge und Teppiche, klare Waſſer, ein Sack voll Ducaten, die man oft anſieht und zählt; lieblich Frauenzimmer weidet die Augen und ſtärket ſie; Blumen, ſo blaue Farbe haben, daraus man Kränze macht und in Zim- mern aufhängt: als Borragen, Augentroſt, Ritter- ſporn u. ſ. w. Aber es iſt auch Manches darin ent- halten, Arzneien und Handgriffe, die eine ernſte Er- wägung verdienen, und es dürfte ſich eben gerade kein Arzt ſchämen, einen Blick hineinzuwerfen, wäre es auch nur um Manches, was er über den neuern Theorien vergeſſen, ſich wieder zurückzurufen, und manchen ge- nialen Einfall, womit ſich die neuere Heilmittelkrä- merei brüſtet, dort ganz einfältig und beſcheiden unter anderm Unſcheinbaren wiederzufinden.

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Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/52>, abgerufen am 29.03.2024.