Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

negyrischen Dichter, Sanaji's, zur reli-
giösen Dichtung: aus dem Lobpreiser seines
Fürsten ward er ein nur für Gott und die
ewige Vollkommenheit begeisterter Sänger,
nachdem er die Idee des Erhabenen, die er
vorher im Leben aufzusuchen sich begnüg-
te, nun jenseits dieses Daseyns zu finden
gelernt hatte."


Nachtrag.

Diese Betrachtungen zweyer ernsten,
bedächtigen Männer werden das Urtheil
über persische Dichter und Enkomiasten
zur Milde bewegen, indem zugleich unsere
früheren Aeusserungen hiedurch bestätigt
sind: in gefährlicher Zeit nämlich komme
beym Regiment alles darauf an, dass der
Fürst nicht allein seine Unterthanen be-
schützen, sondern sie auch persönlich ge-
gen den Feind anführen könne. Zu dieser,
bis auf die neusten Tage, sich bestätigenden
Wahrheit lassen sich uralte Beyspiele fin-

negyrischen Dichter, Sanaji’s, zur reli-
giösen Dichtung: aus dem Lobpreiser seines
Fürsten ward er ein nur für Gott und die
ewige Vollkommenheit begeisterter Sänger,
nachdem er die Idee des Erhabenen, die er
vorher im Leben aufzusuchen sich begnüg-
te, nun jenseits dieses Daseyns zu finden
gelernt hatte.“


Nachtrag.

Diese Betrachtungen zweyer ernsten,
bedächtigen Männer werden das Urtheil
über persische Dichter und Enkomiasten
zur Milde bewegen, indem zugleich unsere
früheren Aeuſserungen hiedurch bestätigt
sind: in gefährlicher Zeit nämlich komme
beym Regiment alles darauf an, daſs der
Fürst nicht allein seine Unterthanen be-
schützen, sondern sie auch persönlich ge-
gen den Feind anführen könne. Zu dieser,
bis auf die neusten Tage, sich bestätigenden
Wahrheit lassen sich uralte Beyspiele fin-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0360" n="350"/>
negyrischen Dichter, <hi rendition="#g">Sanaji&#x2019;s</hi>, zur reli-<lb/>
giösen Dichtung: aus dem Lobpreiser seines<lb/>
Fürsten ward er ein nur für Gott und die<lb/>
ewige Vollkommenheit begeisterter Sänger,<lb/>
nachdem er die Idee des Erhabenen, die er<lb/>
vorher im Leben aufzusuchen sich begnüg-<lb/>
te, nun jenseits dieses Daseyns zu finden<lb/>
gelernt hatte.&#x201C;</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Nachtrag</hi></hi>.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Diese Betrachtungen zweyer ernsten,<lb/>
bedächtigen Männer werden das Urtheil<lb/>
über persische Dichter und Enkomiasten<lb/>
zur Milde bewegen, indem zugleich unsere<lb/>
früheren Aeu&#x017F;serungen hiedurch bestätigt<lb/>
sind: in gefährlicher Zeit nämlich komme<lb/>
beym Regiment alles darauf an, da&#x017F;s der<lb/>
Fürst nicht allein seine Unterthanen be-<lb/>
schützen, sondern sie auch persönlich ge-<lb/>
gen den Feind anführen könne. Zu dieser,<lb/>
bis auf die neusten Tage, sich bestätigenden<lb/>
Wahrheit lassen sich uralte Beyspiele fin-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[350/0360] negyrischen Dichter, Sanaji’s, zur reli- giösen Dichtung: aus dem Lobpreiser seines Fürsten ward er ein nur für Gott und die ewige Vollkommenheit begeisterter Sänger, nachdem er die Idee des Erhabenen, die er vorher im Leben aufzusuchen sich begnüg- te, nun jenseits dieses Daseyns zu finden gelernt hatte.“ Nachtrag. Diese Betrachtungen zweyer ernsten, bedächtigen Männer werden das Urtheil über persische Dichter und Enkomiasten zur Milde bewegen, indem zugleich unsere früheren Aeuſserungen hiedurch bestätigt sind: in gefährlicher Zeit nämlich komme beym Regiment alles darauf an, daſs der Fürst nicht allein seine Unterthanen be- schützen, sondern sie auch persönlich ge- gen den Feind anführen könne. Zu dieser, bis auf die neusten Tage, sich bestätigenden Wahrheit lassen sich uralte Beyspiele fin-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/360
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/360>, abgerufen am 25.04.2024.