Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite
Verwahrung.

Wenn jemand Wort und Ausdruck als
heilige Zeugnisse betrachtet und sie nicht
etwa, wie Scheidemünze oder Papiergeld,
nur zu schnellem augenblicklichen Verkehr
bringen, sondern im geistigen Handel und
Wandel als wahres Aequivalent ausgetauscht
wissen will; so kann man ihm nicht ver-
übeln dass er aufmerksam macht, wie her-
kömmliche Ausdrücke, woran niemand mehr
Arges hat, doch einen schädlichen Einfluss
verüben, Ansichten verdüstern, den Begriff
entstellen und ganzen Fächern eine falsche
Richtung geben.

Von der Art möchte wohl der einge-
führte Gebrauch seyn dass man den Titel:
schöne Redekünste, als allgemeine
Rubrik behandelt, unter welcher man Poe-
sie und Prosa begreifen und eine neben der
andern, ihren verschiedenen Theilen nach,
aufstellen will.

Verwahrung.

Wenn jemand Wort und Ausdruck als
heilige Zeugnisse betrachtet und sie nicht
etwa, wie Scheidemünze oder Papiergeld,
nur zu schnellem augenblicklichen Verkehr
bringen, sondern im geistigen Handel und
Wandel als wahres Aequivalent ausgetauscht
wissen will; so kann man ihm nicht ver-
übeln daſs er aufmerksam macht, wie her-
kömmliche Ausdrücke, woran niemand mehr
Arges hat, doch einen schädlichen Einfluſs
verüben, Ansichten verdüstern, den Begriff
entstellen und ganzen Fächern eine falsche
Richtung geben.

Von der Art möchte wohl der einge-
führte Gebrauch seyn daſs man den Titel:
schöne Redekünste, als allgemeine
Rubrik behandelt, unter welcher man Poe-
sie und Prosa begreifen und eine neben der
andern, ihren verschiedenen Theilen nach,
aufstellen will.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0387" n="377"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Verwahrung</hi></hi>.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Wenn jemand Wort und Ausdruck als<lb/>
heilige Zeugnisse betrachtet und sie nicht<lb/>
etwa, wie Scheidemünze oder Papiergeld,<lb/>
nur zu schnellem augenblicklichen Verkehr<lb/>
bringen, sondern im geistigen Handel und<lb/>
Wandel als wahres Aequivalent ausgetauscht<lb/>
wissen will; so kann man ihm nicht ver-<lb/>
übeln da&#x017F;s er aufmerksam macht, wie her-<lb/>
kömmliche Ausdrücke, woran niemand mehr<lb/>
Arges hat, doch einen schädlichen Einflu&#x017F;s<lb/>
verüben, Ansichten verdüstern, den Begriff<lb/>
entstellen und ganzen Fächern eine falsche<lb/>
Richtung geben.</p><lb/>
          <p>Von der Art möchte wohl der einge-<lb/>
führte Gebrauch seyn da&#x017F;s man den Titel:<lb/><hi rendition="#g">schöne Redekünste</hi>, als allgemeine<lb/>
Rubrik behandelt, unter welcher man Poe-<lb/>
sie und Prosa begreifen und eine neben der<lb/>
andern, ihren verschiedenen Theilen nach,<lb/>
aufstellen will.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[377/0387] Verwahrung. Wenn jemand Wort und Ausdruck als heilige Zeugnisse betrachtet und sie nicht etwa, wie Scheidemünze oder Papiergeld, nur zu schnellem augenblicklichen Verkehr bringen, sondern im geistigen Handel und Wandel als wahres Aequivalent ausgetauscht wissen will; so kann man ihm nicht ver- übeln daſs er aufmerksam macht, wie her- kömmliche Ausdrücke, woran niemand mehr Arges hat, doch einen schädlichen Einfluſs verüben, Ansichten verdüstern, den Begriff entstellen und ganzen Fächern eine falsche Richtung geben. Von der Art möchte wohl der einge- führte Gebrauch seyn daſs man den Titel: schöne Redekünste, als allgemeine Rubrik behandelt, unter welcher man Poe- sie und Prosa begreifen und eine neben der andern, ihren verschiedenen Theilen nach, aufstellen will.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/387
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/387>, abgerufen am 25.04.2024.